Caras Gabe
damals schon. Du warst so wütend und so … wunderschön.“ Er lachte auf und hob eine Hand an meine Wange. „Du bist es noch. Aber wenn du jetzt umkehrst, wird alles umsonst gewesen sein. Und Cara, glaub mir, du wirst niemals wirklich frei sein, wenn du nicht …“ Er stöhnte auf und krümmte sich zusammen.
„Arun, nein!“ Mein Blick verschwamm. Träne um Träne tropfe auf seine Wunden. Ich wollte ihm unbedingt helfen, doch ich wusste nicht wie. Ich konnte ihn nicht einmal anfassen, ohne ihm weitere Schmerzen zu verursachen. Hilflos krallte ich meine Hände in den Umhang auf seinen Schultern. „Warum heilt die Nacht dich nicht“, schluchzte ich. „Arun, warum nicht?“
Er lächelte traurig. „Nicht hier … ich muss … der Wald ...“ Er verdrehte die Augen, sein Kopf rollte zur Seite.
„Hey!“ Ich schlug ihm ins Gesicht.
Mit einem Ruck kam er wieder zu Bewusstsein. Er suchte meinen Blick und hielt ihn mit schierer Willenskraft. „Cara, geh. Vertrau mir. Ich kann … auf mich aufpassen … das weißt du doch.“ Er bemühte sich zuversichtlich zu lächeln, doch ich sah den Schmerz und die Angst hinter diesem dünnen Schleier. Er hatte kaum die Kraft zu lügen, wie sollte er es da alleine aus dem Berg schaffen?
Zitternd beugte ich mich zu ihm hinab und küsste ihn auf die blutigen Lippen. Es schmeckte nicht salzig, wie Blut, sondern nach feuchter Erde und Harz. Er war so vollkommen anders.
„Es tut mir so leid.“ Ich weinte, denn ich wusste, dass er Recht hatte.
Wenn ich meinen Kampf mit Marmon nicht bekam, würde ich es mir niemals verzeihen können. Unendlich vorsichtig, um ihm keine weiteren Schmerzen zu bereiten, schob ich sein feuchtes Haar beiseite und küsste seine Stirn. „Ich verspreche es dir“, flüsterte ich. „Ich komme zu dir zurück.“
Arun schloss die Augen und nickte. „Geh.“ Eine Träne rann über seine Wange. „Verzeih mir“, flüsterte er kaum hörbar.
Ich atmete zitternd ein und richtete mich auf. Mein Körper schien unendlich schwer, als müsste ich gegen eine immense Anziehungskraft ankämpfen, die mich an Arun band.
Lurian erhob sich ebenfalls. Er legte eine Hand auf meine Schulter und sah mir eindringlich in die Augen. „Wir können nicht länger warten.“ Seine Schwingen entfalteten sich klirrend und er hielt mir auffordernd die Hand entgegen.
„Warte!“ Ich riss mir praktisch das Gewand auf, suchte und tastete mit blutigen Fingern. Natürlich hatte ich sie bei mir, seit Ghalla sie mir zum Geschenk gemacht hatte, trug ich sie immer unter meiner Tunika bei mir.
Endlich spürte ich die kühle Festigkeit der Schwanenfeder unter meinem Gürtel. Mit einem Ruck zog ich sie hervor und hielt sie Arun hin.
„Nimm sie, bitte. Ich weiß nicht wie, aber Ghalla sagte, sie besitzt große Heilkräfte.“
Aruns Augen wurden groß. Schwarzes Blut sickerte über seine Braue und er musste blinzeln. Ich drückte ihm die weiße Feder an die Brust. „Arun“, rief ich schrill, „bitte sag mir, dass du weißt, wie du dich damit heilen kannst.“
Der Dämon legte seine blutverschmierte Hand über meine und die Feder. Er sah aus wie jemand, dessen Gebet entgegen all seine Zweifel erhört worden war.
„Ändere die Prophezeiung, Cara. Spring!“ Seine Stimme klang heiser, drängend. Der Blick seiner grauen Augen bohrte sich in meinen. „Niemand sonst könnte es.“
Mir war, als fiele der Boden unter mir weg. „Ihr Götter, Arun, was meinst du? Was – warte!“
Starke Hände zogen mich auf die Beine und von Arun weg. Ich streckte eine Hand nach ihm aus, doch er schüttelte den Kopf. Lurian drückte mir das Schwert in die Hand und ich griff reflexartig zu. Er hob mich hoch und stieß sich in die Luft. Schlag um Flügelschlag trug er mich von Arun weg, über den brennenden See und höher in den Berg hinein, doch ich hielt den Blick des Dämons, bis die Dunkelheit ihn verschluckte.
Ich hatte schreckliche Angst, dass ich ihn zum letzten Mal sah, und ich fühlte mich wie eine Verräterin.
Kapitel 20
Mein Kopf schwamm und meine Haut fühlte sich fiebrig an. Aruns letzte Worte jagten durch meine Gedanken wie ein Rudel hungriger Wölfe. Was hatte er mir sagen wollten? Weshalb sollte ich die Prophezeiung ändern?
„Kannst du sie hören?“
Ich presste mich an den kühlen Stein in meinem Rücken und nickte.
„Hinter dieser Tür“, erklärte Lurian eindringlich, „befindet sich ein großer Saal. Er wird von unzähligen Lichtern beleuchtete. Es wird taghell dort
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