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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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weiß nicht, was ich erwartet hatte, doch als ich um die Ecke bog, blieb ich wie angewurzelt stehen. Da war nichts. Nichts außer Asche und Rauch. Die Scheune war so komplett abgerannt, dass nur noch ein verkohlter Fleck auf dem Boden von ihrer Existenz zeugte. Beinahe hätte ich Meuras Wäsche fallenlassen.
    Wie war das möglich? Mein Feuer war gut gewesen, aber nicht so gut und wenigstens Reste des Holzes hätten übrigbleiben müssen.
    Ich drehte mich um und marschierte davon, bevor mich jemand dabei erwischen konnte, wie ich auf den angeblich entweihten Boden starrte. Auf dem Rückweg durchströmte mich ein Gefühl, das ich schon lange vermisst hatte. Zufriedenheit. Es war gerecht gewesen, was letzte Nacht passiert war, und zum ersten Mal in der Geschichte dieses Dorfes hatten die Flammen etwas Gutes getan. Nur zu schade, dass Porka und Ogim entkommen waren.
    Zurück in unserem Haus versuchte ich meine Mutter erneut zum Essen zu bewegen, doch sie rührte nichts an. Weder gutes Zureden noch milde Drohungen oder Zwang halfen. Auch auf meine hartnäckigen Fragen, wer für ihren Zustand verantwortlich war, reagierte sie nicht. Ich gab es schließlich auf und verkroch mich in mein eigenes Zimmer.
    Sehnsüchtig schaute ich in die Nacht, die schnell wie Rabenschwingen über das Land kam. Wie gerne wäre ich in den Wald gelaufen und hätte Aruns Namen gerufen, doch ich war zu müde, so müde, dass ich es bis in die Knochen spürte.
    Bevor ich zu Bett ging, flocht ich mein Haar zu einem langen Zopf. Ich mochte es, wenn es am nächsten Morgen auskringelte wie wilde Weinranken. Kaum dass mein Gesicht das Kissen berührte, fiel die Welt von mir ab wie ein schwerer Mantel. Ich schlief.

    Schmerz riss an meiner Kopfhaut. Mit einem Schrei fuhr ich hoch. Ein Messer blitzte im Kerzenlicht. Ich schlug es beiseite und trat nach dem Angreifer. Mit einem dumpfen Schlag fiel er zu Boden. Ich griff nach der Kerze, im Begriff sie auf ihn niederzuschleudern.
    „Cara!“
    Es war die hysterische Stimme meiner Mutter. Fassungslos hielt ich inne. „Arane?“
    Sie keuchte und kam schwerfällig auf die Beine. Ihre Arme hatte sie um den Brustkorb geschlungen, ihr Gesicht war schmerzverzerrt. Ich musste sie hart getroffen haben.
    „Mutter, es tut mir leid, ich wollte nicht – “
    Sie wich vor mir zurück, schnappte sich das Messer vom Boden und hielt es vor sich, als müsse sie sich gegen mich verteidigen. Die Angst in ihren Augen bestürzte mich.
    „Mutter, was hast du? Was soll das?“ Ich machte einen Schritt auf sie zu und beugte mich vor.
    In dem Moment spürte ich, wie es an meiner Wange kitzelte. Eine vertraute Schwere fehlte.
    Ich fuhr herum. Dort, zwischen meinen aufgewühlten Laken lag etwas, das aussah wie eine dicke, tote Schlange mit ausgefransten Rändern. Ich fiel auf die Knie.
    „Nein.“
    Mit zitternden Fingern tastete ich nach meinem Hals, wo einst mein Haar gewesen war.
    „Nein.“ Es reichte kaum bis über meine Ohren. „Nein.“
    Die raue Stimme meiner Mutter schabte über meine Haut. „Es ist besser so.“
    Ich sprang auf. „Was hast du getan?“, schrie ich wie von Sinnen.
    Arane hob das Messer als erwarte sie einen Angriff. „Ich schütze meine Tochter.“
    „Du hast mich verstümmelt!“
    Sie starrte mich aus großen Augen an, ihre Stimme kaum mehr als ein heiseres Flüstern. „Ich schütze meine Tochter.“
    Alle Vernunft verließ mich. Blitzschnell sprang ich an meiner Mutter vorbei, polterte die Stufen hinunter, rannte durch die Haustür und stürmte in die Nacht.
    Als ich wieder zu mir kam, schlugen Tannenzweige gegen meine Arme, mein Gesicht. Ich wischte sie zur Seite und hastete weiter. Der wilde Geruch des Waldes hüllte mich ein wie ein tröstender Umhang. Mein Fuß verfing sich in einem Dornenstrauch, riss mir die Haut auf, doch ich beachtete es kaum. Ich rannte, bis ich nur noch das Trommeln meines Herzens hörte, das Rauschen des Windes in meinen Ohren und das dumpfe Geräusch meiner Füße auf dem Waldboden. Ich rannte, bis ich nicht mehr wusste, was ich dachte.
    Auf einer Lichtung brach ich schließlich zusammen. Ich riss und zerrte an meinen Haaren, dass es büschelweise zwischen meinen Finger hing. Der Schmerz war mir mehr als willkommen, doch ich weigerte mich zu weinen.
    „Cara, nicht.“ Starke Hände umfassten meine Handgelenkte, bogen sie zurück, zogen mich auf die Beine und in eine warme Umarmung.
    „Nein!“ Ich schrie und versuchte um mich zu schlagen. „Geh weg. Sieh mich nicht

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