Caras Gabe
packte mein Gesicht mit seinen Knochenfingern und drückte schmerzhaft fest zu. Obwohl er mir nur bis zu Brust reichte, war er erstaunlich stark. „Du hast also deine Eitelkeit überwunden“, geiferte er und drehte meinen Kopf zur Seite. „Obwohl es eine Schande ist um das schöne Haar.“
Sein Gesicht war mir entschieden zu nahe. Ich befreite mich aus seinem Griff und trat einen Schritt zurück.
Ein bösartiges Lächeln breitete sich in seinen Zügen aus. „Ich habe dich schon seit einer gewissen Zeit im Auge.“ Er langte wieder nach mir, doch ich wich aus.
„Fass mich nicht an“, fauchte ich.
Sein Grinsen verfinsterte sich. „Du wirst schon noch lernen, was es bedeutet, gefügig zu sein.“ Seine Hände rieben aneinander. „Und es ist mir eine Freude, dein Lehrer zu sein.“
Ich schüttelte ungläubig den Kopf. Du wirst den Tag verfluchen, an dem du die weißen Gewänder angelegt hast, schwor ich. Und es war ein Schwur, den ich zu halten gedachte.
In dem Moment trat Kessandra vor. Ihre Augen waren misstrauische Schlitze in einem Gesicht, das schon lange zu verbittert war, um schön genannt zu werden. „Woher hast du gewusst, dass es keine Dämonen waren?“
Ich zuckte mit den Schultern, unwillig, ihnen auch nur eine Antwort zu geben.
„Rede!“ Die Stimme des Lichtträgers schnitt durch meinen Körper. Ich zog unwillkürlich den Kopf ein und wandte mich um.
Seine Gestalt füllte den Raum mit gleißend hellem Strahlen. Schatten stoben auseinander und versteckten sich in Nischen und Höhlungen. Der Lichtträger entfaltete seine Flügel. Klirrend und schabend fuhren sie auseinander, dass sich meine Nackenhaare aufstellten. Mit majestätischer Würde schritt er auf mich zu und ich wünschte mir, die Schatten hätten mich mit sich genommen und für immer in den Ritzen und staubigen Ecken der Kirche verborgen.
Ohne es zu wollen, wich ich bis vor die Tür zurück. Der Lichtträger verfolgte mich, sein Blick wie stechende Nadeln auf meiner Haut.
„Woher wusstest du, dass es keine Varuh waren, die euch angriffen?“
Ich schluckte. Nun war es an mir, Angst zu haben.
„Es war Tag“, sagte ich mit heiserer Stimme. „Die Dämonen kommen nur in der Nacht.“
Die Lichtgestalt schritt weiter auf mich zu und ich musste all meinen Mut zusammennehmen, um nicht schreiend zu fliehen.
Seine gläsernen Flügel blendeten die Welt aus. Sie glänzten so scharfkantig und hart wie Spiegelscherben und ich wusste, sie würden durch Knochen schneiden wie durch Fleisch. Seine Augen waren blank polierte Spiegel, bar jeden Mitgefühls, und sein Haar von einem so hellen Blond, dass es weiß wirkte.
„Weshalb hat die Elster dich nicht erschreckt?“, fragte er mit klirrender Stimme und beugte sich vor.
Mein innerer Widerstand wuchs. Ich mochte es nicht, dass dieses Wesen sich einbildete, es hätte ein Recht, mich zu verhören, egal wie mächtig es war. Und ich mochte es nicht, wenn man mir zu nahe kam.
Mit bewusster Anstrengung beugte ich mich dem strahlenden Lichtträger entgegen. „Ein einfacher Vogel schreckt mich nicht“, sagte ich so fest ich konnte.
Seine Flügel fächerten mit einem heftigen Schlag aus. Erschrocken zuckte ich zusammen und wich erneut zurück. Es hatte sich angehört wie kreischende Scharniere, nur tausendmal lauter. In meinen Ohren klirrte es noch immer.
Die Andeutung eines Lächelns zupfte wie Angelhaken an seinen Mundwinkeln, erreichte jedoch die spiegelglatten Augen nicht. „Warum hast du ihnen gesagt, dass sie sich erheben sollen?“
Eine leichte Missbilligung schwang in seiner Stimme mit und ich konnte mir denken warum. Die Priester wollten zwar jemanden zum Aufstieg erwählen, der kein Feigling war, doch sie brauchten auch niemanden, der den Menschen Mut einredete und sie am Ende vielleicht sogar gegen sie aufwiegelte.
Ich schaffte es, gelassen mit den Schultern zu zucken. „Der Boden war kalt“, krächzte ich und setzt eine Unschuldsmiene auf, von der ich wusste, dass sie ihn erzürnen musste.
Einer seiner Flügel schnellte vor und plötzlich steckten Federn seiner Schwingen, scharf wie Rasiermesser, nur wenige Zentimeter neben meinem Gesicht im Holz. Mit einer Mischung aus Faszination und Entsetzen starrte ich darauf. Diese Federn waren perfekt, so filigran und detailgetreu gearbeitet, dass ich beinahe erwartete sie im Lufthauch meines Atems flattern zu sehen.
„Nur eine kleine Warnung“, flüsterte der Lichtträger, wobei seine Stimme wie Glassplitter über meine
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