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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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hätte, doch diese ungezügelte Angst ließ mich nicht unberührt. Mein Blick fiel auf Jenine und Mikas, beide kaum älter als zehn Winter. Ihre Gesichter waren tränenüberströmt und sie klammerten sich an die Röcke ihrer Mutter, die jedoch viel zu sehr von ihrer eigenen Furcht eingenommen war, um ihnen Beachtung, geschweige denn Trost zu bieten. So etwas konnte ich nicht mitansehen.
    Die Dunkelheit in den Wolken senkte sich auf das Dach der Kirche hinab, so dass die Menschen, die dort hatten Schutz suchen wollen, blindlings die Stufen hinabflohen.
    „Beruhigt euch!“, schrie ich in den Lärm. Niemand gewährte mir einen Funken Aufmerksamkeit.
    „Beruhigt euch, verdammt! Kommt zu euch. Ruhe! Hört auf zu kreischen!“ Ich musste eine ganze Zeit brüllen, bis sie mir Beachtung schenkten, doch schließlich ebbten die Hilferufe und das angstvolle Stöhnen ab und ihre Gesichter wandten sich mir zu.
    Die, die noch standen, nahmen meine Rufe auf und nach einer Weile war es tatsächlich wieder still auf dem Dorfplatz. Doch nun schauten sie mich an. Von allen Seiten. Angst stritt mit Hoffnung auf ihren Gesichtern und diese Hoffnung war auf mich gerichtet. Ich wollte sie allesamt verfluchen! Ich ballte die Hände zu Fäusten und drängte den Impuls zurück.
    „Das sind keine Dämonen“, rief ich ihnen entgegen und deutete auf die finsteren Wolken. „Habt Mut und hört auf zu heulen. Sie können euch nichts tun, wenn ihr keine Angst vor ihnen habt.“
    Ich redete Unsinn und das Erschreckende war, dass sie mir glaubten. Sie glaubten mir wahrhaftig. Ich sah, wie ihre Angst zu Trotz wurde und dieser Trotz sich in etwas wie Mut verwandelte. Die meisten waren noch wacklig auf den Beinen, dennoch standen sie auf. Mit ihren Blicken hielten sie sich an mir fest wie an einer Rettungsleine.
    „Sehr gut“, flüsterte ich. „Steht auf.“ Und wie sehr ich mich auch dagegen wehrte, erfüllte ihr Vertrauen mich mit Stolz. Es tat gut, sie nicht mehr im Schnee kauern zu sehen. Verdammt, diese Menschen hatten meinen Vater verbrannt, ich wollte mich nicht für sie verantwortlich fühlen.
    Sie schauten mich, als erwarteten sie etwas von mir. Was wollten sie denn jetzt noch?
    Zu meiner Erleichterung rettete mich der Himmel. Die Dunkelheit verzog sich, wie sie gekommen war, sickerte zurück in die Wolken, bis sie wieder weiß und grau leuchteten. Ein allgemeines Aufatmen ging durch die Menschen.
    Die Türen der Kirche schlugen auf. In ihrem Rahmen erschienen Bardorack, Kessandra und Walum, ein dritter Priester. Klein und fett war er und stank ständig nach saurem Schweiß.
    „Erhebt euch aus dem Schmutz“, wetterte Bardorack, obwohl niemand mehr am Boden war. „Wie wollt ihr den Dämonen entgegentreten, wenn bereits der Ruf ihrer Handlanger euch in Angst und Schrecken versetzt?“
    Beschämtes Schweigen dehnte sich aus.
    „Wie wollt ihr sie in der Nacht bekämpfen, wenn Dunkelheit euch zittern lässt?“
    Niemand antwortete.
    „Cara!“
    Ich schloss die Augen. Nein, flüsterte ich in meinem Kopf, bitte nicht.
    „Tritt vor.“
    Ich rührte mich nicht.
    „Dein Aufstieg erwartet dich!“
    Zuerst geschah nichts. Dann erhob sich scheuer Jubel, die Menschen waren noch zu betäubt von ihrem Schrecken, um wahre Freude zu empfinden. Dennoch war ihre Zustimmung offensichtlich. Was hatte ich getan!
    Ich stand fest wie eine Salzsäule, unfähig mich zu bewegen, auch wenn ich es gewollt hätte. Auf den Gesichtern der Priester rührte sich Ungeduld. Bardorack winkte nach Kessandra. Sie starrte ihn finster an, doch dann setzte sie sich wiederwillig in Bewegung. Die Gemeinde wich vor ihr zurück. Ihre Schritte führten sie zu mir.
    Ich wollte mich herumwerfen und in den Wald fliehen, doch meine Füße gehorchten mir nicht. Kessandra packte mich am Arm und schleifte mich mit sich.
    „Tu, was ich sage“, zischte sie mir zu. „Oder ich reiße dir ein Ohr ab.“
    „Als Priester müsst ihr furchtlos sein und jederzeit zum Kampf bereit“, brüllte Bardorack von den Stufen der Kirche. „Lasst euch das eine Lehre sein. Der Lichtträger hat über euch geurteilt.“
    Kessandra stieß mich vor sich die Stufen hinauf und durch den Eingang.
    Die Tür schlug hinter mir zu und mir war, als habe jemand ein unwiderrufliches Urteil über mich gesprochen. Ich fuhr zu den drei Menschen herum, mit denen ich mich niemals allein in einem Raum hatte finden wollen. Sie ließen mir kaum Zeit, meine Fassung wiederzugewinnen.
    Bardorack marschierte auf mich zu,

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