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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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verfluchte ich meinen rechten Arm, der mittlerweile taub geworden war. Ob vor Schmerz oder Kälte, konnte ich nicht sagen.
    Wenig später hockte ich da und sah dabei zu, wie sich die Stofffetzen um Aruns Brust wieder schwarz verfärbten. Ich war selbst schwach vor Hunger, Schlafmangel und Blutverlust, dennoch überlegte ich ob ich losziehen und Evajas Teich suchen sollte. Aber ich traute mich nicht Arun allein zu lassen. Oder setzte ich sein Leben aufs Spiel, wenn ich die Mondgöttin nicht fand? Würde sie am Tag überhaupt zu finden sein?
    Ich beugte mich über ihn und lauschte auf seinen Atem. Aruns Haut war heiß und aschfahl, er atmete nur noch sehr flach. Selbst sein Haar wirkte schroff und spröde und seine Lippen waren rissig. Ich schaffte es nicht mehr, ihn aufzuwecken. Der Verzweiflung nahe tat ich das Einzige, das mir noch einfiel. Ich fütterte ihn mit Schnee, damit er wenigstens etwas Flüssigkeit zu sich nahm. Ob das bei einem Varuh sinnvoll war, wusste ich nicht. Doch er sah so menschlich aus, so sterblich in diesem Moment, dass ich nicht anders konnte, als ihn so zu behandeln.
    Der Nachmittag kam und die Schatten wurden länger, doch sie brachten keine Besserung. Wassertropfen fielen durch die Tannenzweige auf mich hinab, tropften in meinen Nacken und in meine Augen. Schon bald war meine Kleidung klamm und ich bibberte vor Kälte.
    Die Zeit kroch dahin. Ich biss mir die Lippe wund und wartete darauf, dass jeder Atemzug Aruns letzter sein würde. Irgendwann war ich sogar zu erschöpft, um Angst oder Schmerz zu empfinden, und so konnte ich unmöglich sagen, ob sich die Dunkelheit nur über mich senkte oder ob es tatsächlich Nacht wurde. Meine Haut spannte an allen Stellen, sie fühlte sich rissig und trocken an, alles verschwamm vor und hinter meinen Augen. Ein Gedanke waberte durch meinen Kopf. Vielleicht hatte ich Fieber. Doch der Schnee war so weit weg und ich war nicht sicher, ob ich ihn überhaupt erreichen konnte.
    Ein Rascheln hinter und neben mir schreckte mich auf. Schwerfällig drehte ich den Kopf zur Seite und spähte in die Finsternis zwischen den Zweigen am Boden. Nach den Geräuschen zu urteilen, die es verursachte, konnte es kein besonders großes Tier sein. Ich hockte vollkommen still da. Egal was es war, ich würde es fangen und aufessen, vorausgesetzt, ich brachte es fertig, mich zu bewegen. Die pochenden Schmerzen in meinem Kopf und das lähmende Gefühl in meinen Gliedern sprachen dagegen. Ich schluckte mühsam.
    Etwas flitzte über meine Hand, unter mir hindurch und auf Arun zu. Zuerst hielt ich es für herangewehten Schmutz oder eine Art Käfer. Vor Überraschung wurden meine Augen weit. Drei kleine schwarze Spinnen hockten auf Aruns Brust und trappelten umher, als suchten sie etwas.
    Es raschelte erneut hinter mir und einen Herzschlag später spülte eine wahre Schar der kleinen Viecher zwischen meinen Beinen hindurch, über mich hinweg und an mir vorbei auf den Dämon zu. Mein Blick fiel auf meine linke Hand. Die feinen Spinnenweben hielten noch immer.
    Mittlerweile hatte sich ein ganzer Schwarm auf dem Dämon versammelt. Dumpf schaute ich zu, wie sie Arun von Kopf bis Fuß in ihr Netz einspannen. Mein eigener Kopf rollte immer wieder zur Seite und meine Augen fielen zu, doch ich biss mir auf die Zunge, entschlossen, bis zum Schluss über den Dämon zu wachen. Es dauerte nicht lange, da kauerte ich vor einem grau glänzenden, seidigen Kokon, von dem ich wusste, dass ein Varuh darunter schlief. Die Nacht hatte ihre Boten geschickt, um ihren Dämon zu retten.
    Zaghaft hob ich eine Hand und tastete über den Kokon. Er fühlte sich seidig an und kalt. Meine letzte Kraft rauschte aus mir heraus und ich kippte neben Arun auf den kalten Boden. Tannennadeln stachen in meine Wange. Mein gesamter Körper zitterte und ich weinte still vor mich hin, bis die Schwärze mich endlich umfing.

Kapitel 8
    Es war der Duft von frischem Heu und das Stechen grober Halme in meinem Nacken, das mich aufweckte. Mir war wohlig warm und ich fühlte mich so entspannt und ausgeruht wie lange nicht mehr. Das letzte, woran ich mich erinnerte, waren Schmerzen und Hitze und Angst. Aruns geschundener Körper in Spinnenfasern eingewebt, unter umgestürzten Tannen im Schnee.
    Ich drängte die Bilder beiseite und konzentrierte mich auf die Wärme, die meinen Körper umfing. Da waren keine Schmerzen mehr, ich fühlte auf eine wohltuende Art schwer und schläfrig. Auf keinen Fall wollte ich die Augen öffnen, sondern

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