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Caras Gabe

Caras Gabe

Titel: Caras Gabe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Maya Trélov
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Korbstühle und hob etwas auf, das darüber gelegen hatte.
    „Mach dich nützlich, Dämon“, rief sie und warf ihm ein Gebilde zu, das aussah wie ein kleines Fischernetz.
    „Und nun“, sagte Sowanje und ließ sich in den Korbstuhl vor dem Feuer nieder, „warten wir.“ Sie faltete die Hände in ihrem Schoß und schloss die Augen.
    Arun hatte sich vor dem Feuer auf dem Boden niedergelassen und beugte sich über das filigrane Netz in seinen Händen. Fasziniert von seinem konzentrierten Gesichtsausdruck ließ ich mich neben ihm nieder und betrachtete ihn im Feuerschein. Er war so schön in diesem Moment, dass ich am liebsten eine Hand ausgestreckt und ihn berührt hätte, doch ich wollte den Zauber nicht stören und so hielt ich mich zurück und begnügte mich damit, ihn zu betrachten.
    Nach einer Weile sah er auf. „Netze, die von Dämonen geknüpft wurden, kann niemand abwerfen.“
    Verblüfft nickte ich.
    Arun senkte den Kopf und tauchte zurück in seine Arbeit. Er ließ die Knoten durch seine Finger tanzen, verwob sie miteinander und ich sah ihm dabei zu.
    Das Feuer war zur Hälfte heruntergebrannt, da schlug Sowanje plötzlich die Augen auf und erhob sich. Ein Lächeln voll Sehnsucht und freudiger Erwartung legte sich über ihr faltiges Gesicht. Sie humpelte zur Tür, zog sie auf und blickte in die Nacht, als käme ihr ein Gott entgegen.
    Gespannt schaute ich zur Tür, doch die alte Frau, die schließlich in ihrem Rahmen auftauchte, hatte nichts Göttliches an sich. Sie war wie Sowanje in weiße Gewänder gehüllt, trug Schwanenfedern im ergrauten Haar und hatte einen Korb unter dem Arm, in dem verschiedene Kräuter, Wurzeln und Pilze lagen.
    Ihr Lächeln war scheu, doch von einer Tiefe, wie man es selten sieht. Sie reichte Sowanje den Korb, betrat die Hütte und sah zu uns hinüber, als habe sie nichts anderes erwartet als zwei Fremde, die es sich vor ihrem Feuer gemütlich gemacht hatten.
    „Ich bin Ghalla“, sagte sie mit einer Stimme, die so sanft klang, dass ich mir augenblicklich wünschte, sie erneut sprechen zu hören.
    „Ich …“, setzte ich an, doch die Frauen schenkten mir längst keine Beachtung mehr. Sowanje hatte begonnen Ghallas Mitbringsel auf dem Tisch auszubreiten, während diese sich am Ofen zu schaffen machte.
    Es dauerte eine Weile, bis mir klar wurde, dass sie kochten. Während sie arbeiteten, berührten sie sich beiläufig, doch immer zärtlich und respektvoll, als wären diese Bewegungen ein uralter Tanz, den sie schon seit langer Zeit teilten.
    „Vielleicht sind sie Schwestern“, flüsterte ich Arun zu.
    Er sah nur kurz von seiner Arbeit auf. „Nein, ich denke nicht“, meinte er und grinste.
    „Was ist?“, flüsterte ich zurück, ohne den Blick von den beiden Frauen abzuwenden. „Warum nicht?“
    Da beugte Sowanje sich vor, legte ihre Hand an Ghallas Wange und küsste sie auf den Mund. Die Frauen schlossen die Augen, umarmten sich innig und gaben sich ganz dem Kuss hin. Der Schein der Feuerstelle leuchtete auf ihrem Haar wie Funkenregen auf wildem Schnee und Schieferstein.
    Meine Augen wurden riesengroß.
    „Vielleicht doch keine Schwestern“, feixte Arun neben mir.
    Ich war leider nicht geistesgegenwärtig genug, ihn in die Rippen zu knuffen. „Ach so“, sagte ich lahm.
    Arun gluckste.
    Später brachte Ghalla uns zwei Schüsseln mit einer dampfenden Brühe, die besser schmeckte als alles, das ich bis dahin gekostet hatte. Die beiden Frauen aßen in trauter Zweisamkeit am Tisch, und Arun und ich blieben beim Feuer. Nach einer Weile wünschte Ghalla uns eine gute Nacht und sie zogen sich hinter einen der Vorhänge zurück.
    Ich legte die Arme um meine Knie, schaute zurück in die Flammen und fragte mich, in was für eine seltsame Welt ich diesmal gestolpert war. Gegen meinen Willen wanderten meine Gedanken zurück zu der brennenden Stadt Gibbons Tal, den Schreien der Menschen, der Zerstörungswut der Lichtträger und schließlich zu dem Tag, an dem mein Vater von Flammen verzehrt worden war.
    Mir war, als könnte ich seine schwelende Haut riechen und die verzweifelten Schmerzensschreie, die er nicht mehr hatte unterdrücken können, im Wind hören. Er hatte tapfer sein wollen, für meine Mutter und seine kleine Tochter, doch schließlich hatten das Feuer auch ihm alle Kraft und Würde geraubt.
    Als habe er meine düsteren Gedanken gespürt, legte Arun das Netz beiseite, erhob sich und zog mich mit sich auf die Beine. Er führte mich zum anderen der verhangenen Betten im

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