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Caras Schatten

Caras Schatten

Titel: Caras Schatten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Elizabeth Woods
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konzentrierte sich auf das feine Netz von Fältchen, das die Augen ihrer Mutter umgab. Ihre Eltern waren deutlich älter als die der anderen Schüler – sechzig und zweiundsechzig. Als die beiden endlich bereit waren, Kinder zu bekommen, hatten sie nur noch Zeit für eins, sagte ihre Mutter meist lachend.
    »Vielleicht wird dir das mit der Leichtathletik zu viel.« Mom runzelte die Stirn. »Du weißt doch, Papa und ich möchten, dass du es dieses Jahr ruhig angehen lässt …«
    »Mir geht’s gut«, fuhr Cara sie an. Ihre Stimme klang lauter als beabsichtigt. Sie riss sich zusammen und atmete tief ein. »Mir geht’s gut«, wiederholte sie ruhiger. »Wirklich. Leichtathletik ist nicht zu hart. Es macht mir Spaß.«
    »Ah.« Ihre Mutter ließ die Hand sinken. Sie sah aus, als wollte sie noch etwas sagen, doch stattdessen ging sie zum Crock-Pot und spähte unter den Deckel. »Na, jedenfalls bin ich froh, dass ich den Eintopf hier gemacht habe. Du kannst sicher ein ordentliches Abendessen vertragen.«
    »Der ist noch roh.« Cara kippte das süße Getränk hinunter. »Du hast vergessen, ihn anzuschalten.« Sie wusste, dass sie sich abscheulich benahm, aber sie hatte gerade keinen Nerv auf dieses Supermami-Getue.
    »Oh!« Ihre Mutter hob den Deckel, um in den Topf zu schauen. »Na ja …« Sie blickte sich um. »Wie wär’s mit Eiern auf Toast?«
    Die alte Standardnummer. Cara griff in den Küchenschrank und reichte ihrer Mutter das Brot.
    Die Haustür öffnete sich erneut. Im nächsten Moment erschien die schlanke Gestalt ihres Vaters im Türrahmen. Seine obligatorische Fliege hing schief, und wie immer redete er leise mit sich selbst.
    »Hallo, Dad.«
    Seine düstere Miene hellte sich ein wenig auf, als er Cara neben dem Herd erblickte. »Oh. Hallo, mein Schatz.« Er ging zum Kühlschrank. »Bist du heute früher vom Gericht weggekommen, Marge?« Er nahm eine Flasche Bier aus dem Kühlschrank.
    Mom riss einen Plastikbeutel mit gemischtem Salat auf und schüttete den Inhalt in eine Schüssel, die sie auf den Küchentisch stellte. »Ja. Ich habe Cara gerade erzählt, dass der Klient …« Sie redete weiter, und Dad hörte aufmerksam zu und nickte.
    Die Toastscheiben sprangen hoch. Mom fischte sie mit einer Gabel heraus und legte sie auf einen Teller. »Ist das nicht herrlich?«, sagte sie. »Endlich essen wir mal wieder zusammen. Das machen wir viel zu selten.«
    Cara seufzte. Sie setzte sich auf ihren Platz und ließ ein Spiegelei vom Teller auf ihren Toast rutschen. Mühsam zerteilte sie das verbrutzelte Eigelb mit ihrer Gabel.
    Sie kauten. Stille breitete sich im Raum aus, nur unterbrochen vom knuspernden Geräusch des Toasts. Der Blick ihres Vaters war starr auf die Wand gegenüber gerichtet. Seine Lippen bewegten sich leicht, und Cara hörte die gemurmelten Worte: »Antrag auf Klageabweisung«. Ihr Vater war schon immer tief in seiner Juristenwelt versunken gewesen, aber seit ihrem Umzug hatte sich die Wolke obskurer Gerichtsfälle um ihn herum nur noch mehr verdichtet.
    »Wie war dein Tag, Liebling?«, setzte ihre Mutter erneut an.
    Cara zwang sich zu einem Lächeln. »Ganz gut.« Sie schob ein paar verkohlte Toastkrümel auf ihrem Teller hin und her. Ganz gut . Der einzige Ausdruck, den man in einem Gespräch mit seinen Eltern wirklich brauchte.
    »Das ist aber nicht gerade aussagekräftig.« Mom lachte ein wenig. Dad stocherte in seinem Salat herum, auf der Jagd nach Oliven.
    Cara behielt ihr freundliches Lächeln bei. Der Geschmack von Erbrochenem lag ihr immer noch schwer auf der Zunge. »Es lief echt gut, Mom. Wir lesen in Englisch gerade Der Fänger im Roggen .«
    »Das Buch habe ich geliebt. Dein Vater auch, oder, Don?«
    Dad blickte auf. »Oh. Ja, fantastisches Buch.« Er wandte sich wieder seinem Salat zu. Mom lehnte sich müde auf ihrem Stuhl zurück. Das Ticken der Küchenuhr war ohrenbetäubend.
    Nachdem Cara einen weiteren Bissen in sich hineingezwungen hatte, legte sie ihre Gabel sorgsam beiseite. »Danke fürs Essen, Mom. Ich habe extrem viele Hausaufgaben auf. Ich muss jetzt echt anfangen.« Sie legte ihre Serviette neben den Teller und stand auf.
    »Dad und ich wollen noch weg. Zu einem Dessertempfang unten am Fluss. Wir sind so gegen elf wieder zurück.«
    Cara nickte und nahm einen Becher Eis aus dem Gefrierfach. Sie nahm den Deckel ab, warf eine halbe Packung Rosinen und ein paar Cheerios hinein und kippte einen Schuss Milch darüber. Dann schnappte sie sich einen Löffel und steuerte auf

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