Caras Schatten
die Tür zu.
Mom schob ihren Stuhl zurück. »Ich bin froh, dass wir mal wieder Gelegenheit hatten zu reden, Liebling!«, rief sie ihr hinterher.
Ihre Eltern fingen an, das dreckige Geschirr in die Spüle zu räumen, während Cara bereits die Treppe hinaufstieg. Sie machte sich nicht die Mühe, das Licht im Flur anzuschalten. Sie brauchte jetzt dringend eine heiße Dusche. Ihre Sporthose schien ihr geradezu am Hintern festzukleben, und trotz Ei und Toast schmeckte ihr Mund immer noch nach Kotze.
Auf dem langen Flur im ersten Stock nahm sie einen großen Löffel ihrer speziellen Eismischung und stellte den Becher auf einem kleinen Tisch ab. Dann schaltete sie das Licht im Gästebad ein. Statt des tropfenden Brausekopfs in ihrem eigenen Bad hatte sie sich heute die exklusive Regendusche hier verdient. Ein fröhliches gelbes Licht durchflutete den kleinen Raum wie ein Gegengift zu den dichten Schatten im restlichen Haus. Unten hörte sie das Klappern von Schlüsseln und die Stimmen ihrer Eltern. Dann fiel die Haustür zu, und im Haus wurde es still.
Cara zog die Badezimmertür fest hinter sich zu und drehte die Dusche auf heiß. Mit einem tiefen Seufzer schälte sie sich aus ihren verschwitzten Klamotten und trat unter das prasselnde Nass. Sie genoss das Gefühl, wie ihr das heiße Wasser über den Kopf und den Rücken lief. Der zitronige Duft des Duschgels schien ihr die Kopfschmerzen geradewegs aus dem Schädel zu saugen.
Cara schäumte sich von Kopf bis Fuß gründlich ein und wusch sich gleich zweimal die Haare. Als sie sie zum zweiten Mal ausspülte, hörte sie auf dem Flur ein Geräusch. Sie blickte erschrocken auf. Sämtliche Horrorfilme, die sie in ihrem Leben gesehen hatte, schossen ihr plötzlich durch den Kopf. Sekundenlang stand sie wie erstarrt da, den Schwamm fest umklammert, und lauschte auf weitere Geräusche. Nichts.
Sie hielt den Kopf unter die Brause. Plötzlich hörte sie es wieder – ein leises Rascheln und ein dumpfes Klopfen, direkt vor der Tür. Das Herz schlug ihr bis zum Hals. Sie griff hinter sich, um das Wasser abzustellen. Ihre Hand zitterte, als sie das Handtuch von der Stange zog, um es sich um ihren tropfenden Körper zu schlingen.
Das Geräusch wiederholte sich. Raschel, klonk .
Mit weit aufgerissenen Augen starrte Cara die Tür an, die noch immer fest verschlossen war. Plötzlich trat sie mit einem riesigen Schritt aus der Dusche und riss schwungvoll die Tür auf.
Samson hockte auf dem Tisch und hatte den Kopf tief in ihrem Eisbecher vergraben. Er schleckte, was das Zeug hielt. Während der Becher hin und her wackelte, klopfte der Löffel gegen die Wand. Raschel, klonk .
Cara sackte matt gegen die Wand. Ihre Knie schmerzten von dem aufgestauten Adrenalin in ihrem Körper. Samson blickte zu ihr auf. »Mach, dass du wegkommst.« Sie versetzte ihm einen Schubs, und er sprang geschmeidig vom Tisch, um sich ins Schlafzimmer ihrer Eltern zu flüchten. Cara schüttelte den Kopf, um wieder klar denken zu können. Sie musste sich echt zusammenreißen.
Während sie das Handtuch über der Brust feststeckte, tapste sie zu ihrem Zimmer am Ende des Flurs. Die Wände waren in tiefe Schatten gehüllt. Sie stolperte über ein paar Schuhe, die vor ihrem Zimmer herumlagen, und öffnete die Tür.
»Hallo, Cara.«
Sie kreischte und betätigte den Lichtschalter.
Zoe saß auf ihrem Bett. Ihre violetten Augen leuchteten.
Kapitel 4
C ara starrte ihre alte Freundin entgeistert an. Sie kam sich vor wie in einem Traum, unfähig zu reden oder sich zu bewegen. Als wäre sie am Boden festgewachsen.
Zoe saß reglos auf Caras gestreifter Bettdecke, die nackten Füße am Boden. Sie trug ein verdrecktes dunkelblaues T-Shirt und zerrissene Jeans. Ihr langes schwarzes Haar fiel ihr glatt wie Seide über den Rücken. Die Hände hatte sie ordentlich im Schoß gefaltet. Sie starrte Cara mit funkelnden Augen an, die Lippen leicht gespitzt, als wollte sie sich ein Grinsen verkneifen.
»Was machst du denn hier?«, brachte Cara schließlich flüsternd hervor. Ihr Gesicht fühlte sich taub an.
»Freut mich auch, dich zu sehen!« Zoe erhob sich mit einer außergewöhnlichen Anmut, die Cara noch aus ihrer Kindheit kannte. Sie war größer und schlanker als vor sieben Jahren. Ihre Wangenknochen traten elegant hervor. Sie kam näher, und Cara bemerkte einen Hauch von Zimt in ihrem Atem. »Ich dachte, du wärst froh, mich zu sehen.« Sie strich Cara sanft über die Wange. »Ich hab dich so vermisst.«
Die
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