Caravan
der Hölle brutzeln. Und ich sagte, wenn ich schon wegen der
Fleischerlust brutzeln muss, soll ich das Bonbon nicht ohne Papier kosten?
Aber diese guten Mzungus zeigten mir den Gebrauch des Frevels so geschicklich mit einer Banane, dass die Banane brutzeln würde
und nicht meine eigene unsterbliche Seele. Sie nahmen die Banane und kleideten sie in den Frevel, und Andree sagte, nun, Emanuel,
wenn du mit einer Frau zusammen
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bist, machst du es nicht über eine Banane, sondern über deine eigene Männlichkeit. Ich musste lächeln, und dann entkleidete
Andree die Banane und aß sie auf, denn er ist Ukrainer und hegt deshalb eine große Vorliebe für Bananen. Da man also die Banane
nahm, statt meiner eigenen aufrechten Männlichkeit, wird die Banane im lodernden Höllenfeuer brutzeln, und ich werde verschont.
Denn das Leben der Seele überdauert das Leben des Körpers, der nur eine kurze Blüte genießt und dann vergeht wie Gras im Ofen,
sagte Pater Augustinus, der ein lieber Mann ist mit einem großen Bauch und schiefen Zähnen und sehr kurzsichtig. Dann legte
er mir den Arm um die Schultern und sagte, keine Sorge, Junge, deine Eltern waren keine bösen Menschen, sondern sie litten
nur unter der Schwachheit unseres sündigen Menschendaseins. Und als er den fragenden Ausdruck in meinem Gesicht sah, seufzte
er und sagte, lieber Junge, es gibt Geheimnisse in den Wegen des Herrn, die wir nicht verstehen können, aber manche von uns
glauben, dass nichts Böses ohne Grund geschieht, und wir glauben, Er lässt das Böse zu als Prüfung unserer Tugendhaftigkeit.
Doch ich reibe immer noch Fragen in meinem Kopf, bis sie zu rauchen und zu brennen beginnen wie Zündhölzer, und ich bete fieberhaft
um Seine Hilfe, wenn ich über der Entscheidung brüte, die ich zu treffen habe. Denn falls ich die irdischen Freuden und die
Fleischerlust wähle, werde ich die himmlischen Freuden nie kennenlernen und nie im Chor der Engel singen.
|247| Bendery
In der Nacht hatte es geregnet. Das wusste ich, weil die Luft am Morgen anders roch. Ich war früh aufgewacht in meiner blauweißen
Dachstube, voller Aufregung und Vorfreude, denn nun würde ich endlich London erleben, die Stadt meiner Träume, und was noch
besser war, ich würde London mit
ihm
erleben.
Zuerst war es seltsam, als nur wir beide im Landrover saßen, er am Steuer, ich auf dem Beifahrersitz, zu meinen Füßen der
Hund. Worüber sollten wir reden? Ich wollte mich mit ihm unterhalten.
London ist eine sehr schöne Stadt. Englische Männer tragen Melonen.
Nein, nicht solchen Blödsinn. Ich wollte über uns sprechen, über ihn und mich.
Erzähl mir, wer du bist, Andrij Palenko. Liebst du mich? Bist du der Richtige?
Aber so etwas kann man natürlich nicht sagen. Also schwiegen wir, während wir uns durch den dichten Verkehr kämpften.
Nach dem Stadtplan, den Maria mir gegeben hatte, befanden wir uns auf der South Circular Road. Andrij hatte diesen starren
Blick, weil er sich auf das Fahren konzentrieren musste. Ich weiß, das klingt vielleicht komisch, aber obwohl er ein Bergarbeiter
aus dem Donbass war, fiel mir in diesem Moment zum ersten Mal auf, dass er im Profil eine gewisse Ähnlichkeit mit Mr. Brown hatte. Dann sagte er, |248| immer noch mit diesem Blick, als würde er mit sich selbst sprechen: »Ich frage mich, wo die ganzen Karotten hingekommen sind.«
»Welche Karotten?«
»Aus dem Wohnwagen. Hast du es nicht gesehen? Zwei ganze Tüten sind verschwunden. Nur noch sechs kleine Karotten sind übrig.«
»Zwei ganze Tüten? Vielleicht hat
sie
sie gestohlen.«
»Um ihren Mann zu füttern.«
Da mussten wir beide lachen, und das löste die Spannung zwischen uns, und wir lachten immer mehr, bis wir Seitenstechen bekamen.
Eine Weile fuhren wir schweigend weiter, aber jetzt war es eine andere Art von Schweigen.
Plötzlich trat Andrij auf die Bremse. »Himmel, Arsch und Zwirn! Hast du das gesehen?« Der Landrover schleuderte quer über
die Straße, und der Wohnwagen sprang fast aus der Anhängerkupplung. »Englische Autofahrer! Banditen!«
Ich konnte nicht anders. Ich prustete los. »Sagt ihr so was im Donbass?«
»Was?«
»Himmel, Arsch und Zwirn!« Ich lachte.
Er aber sah mich böse an. »Du meinst wohl, im Donbass sind wir alle ungehobelte Neandertaler, oder?«
»Nein, so habe ich es doch nicht gemeint. Es klingt nur lustig.«
»Und was hast du damals gedacht, als du die ganzen ungehobelten Bergarbeiter gesehen hast, die
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