Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
jetzt keinen einzigen freien Nachmittag mehr zur Verfügung hat. Begleitet von einem Seufzen wirft sie Socken, Shirt, Turnhose und Schuhe in ihren Rucksack. Ein Handtuch und Duschgel legt sie obenauf.
„Kommt ihr?“, fragt sie Manu und Sofie.
Die drei springen aus ihrem Zimmer, die Schlosstreppe hinunter und laufen anschließend quer durch den Park. Die Sonne hat sich hinter einer Wolke verkrochen. Frischer Ostwind bläst über den See. Carlotta zieht fröstelnd die Schultern hoch. Der Gedanke, sich gleich sportlich betätigen zu müssen, bringt sie zum Gähnen. Sie ist so müde, seit Tagen schon. Ob sie vielleicht krank wird?
Dann müsste ich am Wochenende nicht nach Hause, überlegt sie. Ich könnte von Freitagmittag bis Montag früh im Bett bleiben und einfach nur schlafen. Zwischendurch würde ich lesen oder Löcher in die Luft starren. Und niemand könnte etwas dagegen sagen. Krank ist krank.
Mitten auf dem Weg bleibt sie stehen.
„Seh ich irgendwie anders aus?“, fragt sie Manu und Sofie. „Vielleicht blasser als sonst? Hab ich Punkte im Gesicht? Dunkle Ringe unter den Augen? Irgendwas in der Art?“
Manu und Sofie starren sie an.
Sofie schüttelt den Kopf.
„Nö“, meint Manu. „Alles wie immer.“
„Schade.“ Carlotta schluckt. Ist da nicht ein verdächtiges Kratzen in ihrem Hals? Nein, leider nicht. Alles im grünen Bereich. Keine Erkältung im Anmarsch.
„Geht es dir nicht gut?“ Sofie macht ein mitfühlendes Gesicht. „Sollen wir dich beim Sport entschuldigen?“
„Nee, geht schon.“ Carlotta trabt weiter und gähnt. „Ich bin einfach nur müde.“
„Kein Wunder, wenn du spätabends noch mit Niko im Fotolabor rumhängst. Ist das überhaupt erlaubt?“ Manu läuft grinsend neben ihr her.
Carlotta lacht. Nur weil sie gestern Abend mit Nikolas verabredet war, um ein paar technische Details zu besprechen, heißt das nicht, dass da irgendwas war. Und wennschon. Geht doch niemanden was an, oder?
„Wir hatten die Erlaubnis, außerhalb der AG an unserem Projekt zu arbeiten. Und wir waren nicht allein. Beruhigt dich das?“
„Nicht wirklich.“ Manu grinst weiter.
Carlotta gibt ihr einen Knuff.
Eigentlich schade, dass wir nicht allein waren, denkt sie und lächelt verträumt. Musste sich ausgerechnet gestern Abend eine Gruppe Oberstufenschüler im Fotolabor treffen, um eine Zeichentrickfilmsequenz zu drehen? Niko war darüber genauso überrascht wie sie, das hat sie genau gesehen. Trotzdem hat es Spaß gemacht. Niko hat ihr sein Tilt-Shift-Objektiv geliehen. Die Miniaturgummibärchen, die sie damit aufgenommen hat, sind der Hammer.
Bei dem Gedanken daran bessert sich ihre Laune sofort. Mit Niko zu fotografieren ist toll. Sie müssen nicht viel reden; sie verstehen sich auch ohne viele Worte, einfach nur mit Blicken. Und diese Blicke haben es ziemlich in sich. Wie kann ein Junge nur solche Augen haben? Dunkelbraun wie Nugat. Mit langen, dichten Wimpern und einem Ausdruck, der mal verträumt, mal traurig und dann wieder total frech ist. Unglaublich!
Sie schlüpft mit den anderen in die Sporthalle und zieht sich rasch um.
„Hopp, hopp, ihr Mädchen!“ Der Spargel klatscht in die Hände. „Sind wir vollzählig? Fein. Jeder nimmt sich einen Schläger und zwei Bälle und sucht sich einen Partner. Tennis spielt man zu zweit.“
„Tennis?“ Manu macht ein Gesicht, als hätte der Sportlehrer von Eishockey in Unterwäsche gesprochen.
Der Spargel nickt und erzählt etwas von Auge-Hand-Koordination, Kondition und Schnelligkeit. Seine Augen sprühen vor Begeisterung.
Manu winkt ab. „Schon gut, danke. So genau wollte ich’s gar nicht wissen.“
Carlotta nimmt sich einen Tennisschläger und zwei kanarienvogelgelbe Filzbälle aus einem Korb. Als sie sich umdreht, steht Brendan vor ihr.
„Wollen wir zusammen spielen?“, fragt er.
Carlotta zögert. Brendan ist eine echte Sportskanone. Der haut ihr garantiert die Bälle um die Ohren, bis sie Sternchen sieht!
„Hm, ich weiß nicht“, sagt sie und sucht fieberhaft nach einem stichhaltigen Gegenargument.
Brendan lacht. „Los, komm schon! Gib dir einen Ruck!“
„Ist doch perfekt!“ Manu nickt Carlotta zu. „Dann spiel ich mit Sofie.“
Sofie steht neben ihr und hat nur Augen für Julian, der etwas abseits auf einer Bank hockt. Er trägt weiße Schweißbänder an den Handgelenken und ein breites Stirnband aus Frottee.
„Will der sich etwa für Wimbledon qualifizieren?“, prustet Carlotta.
Sofie wirft ihr einen
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