Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
man mit einem ziemlich süßen Typen in Smoking und Mafiaschuhen tanzt?
Nach ein paar Minuten wechselt die Polonaise in einen langsamen Wiener Walzer und Carlotta hat endgültig das Gefühl zu schweben. Am liebsten würde sie weitertanzen und nie wieder aufhören, doch dann ruft Frau Berger das Kommando „Alles Walzer!“ in den Saal und gibt damit wie bei dem berühmten Wiener Opernball die Tanzfläche für alle frei.
Die Gäste mischen sich unter die Tanzenden. Es wird richtig eng und Carlotta muss aufpassen, wohin sie ihre Füße setzt. Aus dem Augenwinkel sieht sie, dass ihr Vater mit Frau Müller-Stürzelbach tanzt, der Schulsekretärin, die in eine edle, dunkelgraue Robe gehüllt und kaum wiederzuerkennen ist. Im selben Moment wird sie unsanft angerempelt.
„Sorry!“, ruft Manu ihr zu und hüpft lachend an ihr vorbei, während Julian huldvoll nickt.
„Er hat tatsächlich einen Frack an!“, sagt Carlotta zu Niko und schaut dem wirbelnden Paar hinterher. „Sieht er damit nicht ein bisschen wie ein Pinguin aus?“
„Eher wie ein Oberkellner“, lacht Niko und hält sie noch ein bisschen fester. „Ich war schon froh, dass mir mein Bruder seinen Smoking geliehen hat.“
„Steht dir gut“, lächelt Carlotta.
„Danke schön.“
„Bitte sehr.“
Nach dem Wiener Walzer tanzt Carlotta einen Foxtrott mit ihrem Vater, der plötzlich neben ihr und Niko aufgetaucht ist. Carlotta findet es zuerst sehr merkwürdig, mit ihrem Vater zu tanzen. Er ist einen Kopf größer als Niko und bewegt sich irgendwie steifer, aber dann gewöhnt sie sich daran und entspannt sich.
„Wie geht’s dir?“, fragt Herr Prinz.
„Super“, antwortet Carlotta. „Und dir?“
Sie sieht die feinen Linien und Fältchen im Gesicht ihres Vaters und fragt sich, ob die immer schon da waren oder ob sie ihr bisher nur nicht aufgefallen sind. Und sind das da an der Schläfe etwa graue Haare?
„Och, ganz gut“, sagt ihr Vater.
Hm, ganz gut also … Carlotta beißt sich auf die Unterlippe. Das klingt nicht wirklich toll. Und schon gar nicht, als wäre er glücklich bis über beide Ohren verliebt. Ob sie ihn nach Tessa fragen soll oder lieber nicht? Wann ist der richtige Zeitpunkt, seinen eigenen Vater nach seinem Liebesleben zu fragen? Und zwar am besten möglichst unverfänglich und neutral. Und vor allem, ohne allzu neugierig oder kritisch zu wirken.
Sie kommt leicht aus dem Takt, während sie darüber nachdenkt. Geht es sie überhaupt etwas an? Oder ist es nicht ganz und gar Paps Privatsache? Katie hat gestern in einer Mail geschrieben, eine gesunde Vater-Tochter-Beziehung muss ein offenes Gespräch über Intimitäten jederzeit aushalten können. Aber was weiß Katie schon! Ihre Eltern sind seit zig Jahren glücklich miteinander verheiratet und ihr Vater hat keine Freundin. Jedenfalls keine, von der Carlotta wüsste.
Diese beiden Fälle kann man nun wirklich nicht miteinander vergleichen, denkt sie und seufzt.
Ihr Vater hebt eine Augenbraue, sagt aber nichts.
Carlotta ist froh, als der Tanz zu Ende ist. Gleich wird das Büfett eröffnet. Vielleicht hilft es beim Nachdenken, wenn sie etwas isst. Und vielleicht redet es sich danach etwas leichter.
Aufatmend lässt sie sich auf einen freien Stuhl an einem der langen Tische fallen. Ihr Vater setzt sich neben sie.
„Netter Junge, mit dem du vorhin getanzt hast“, sagt er beiläufig.
Carlotta nickt. „Er heißt Nikolas. Wir sind zusammen in der Foto-AG.“
„Aha“, sagt Herr Prinz. Mehr nicht.
Den offiziellen Begrüßungsreden hört Carlotta nur mit halbem Ohr zu. Zuerst spricht Dr. Brönne, danach der Vorsitzende der Internatsstiftung. Carlotta unterdrückt ein Gähnen und spendet höflich Beifall, ohne wirklich etwas mitbekommen zu haben. Sie schaut sich im Saal um und fragt sich, wo Niko abgeblieben ist. Eigentlich hatte sie gehofft, dass er sich zu ihr und Paps setzen würde. Und wo stecken Manu und Sofie?
Sie wendet den Kopf und entdeckt ihre Freundinnen zusammen mit Julian und Brendan in der Nähe des Büfetts, als könnten sie es kaum erwarten, sich endlich auf das Essen zu stürzen. Und da ist auch Niko. Er hält sich eine Kamera vors Gesicht und macht pausenlos Fotos.
Carlotta lächelt. Das ist mal wieder typisch! Niko ohne Fotoapparat, das wäre ja wie … wie … Ihr will kein passender Vergleich einfallen. Auf jeden Fall ist Niko ein noch verrückterer und leidenschaftlicherer Fotograf als sie. So viel steht fest.
„Trägt dieser Junge dahinten
Weitere Kostenlose Bücher