Carlotta, Band 4: Carlotta - Internat und Prinzenball (German Edition)
tatsächlich einen Frack?“ Ihr Vater starrt ungläubig in Julians Richtung.
„Ja, das ist Julian.“ Carlotta kichert. „Er kommt aus England und ist ein bisschen anders als der Rest. Zuerst dachten wir, er wäre ein getarnter Prinz oder so was. Ist er aber nicht.“
„Sondern?“, fragt ihr Vater.
Carlotta überlegt kurz.
„Na ja, es hat ein bisschen Stress wegen seiner Herkunft gegeben, aber das waren Missverständnisse“, sagt sie schließlich. „Julian ist zwar sehr speziell, aber eigentlich ganz nett. Solange man von seinen komischen Klamotten absieht, jedenfalls. Wenn Manu ihn unter ihre Fittiche nimmt, kann vielleicht noch ein ganz passabler Typ aus ihm werden.“
Sie ist sich nicht wirklich sicher, ob die Wogen, die die Barbies und Julian verursacht haben, sich so schnell wieder glätten lassen, aber das ist nicht ihr Problem. Schon gar nicht heute Abend.
Herr Prinz lacht. „Dann lass uns mal ans Büfett gehen. Ich glaub, es geht los!“
Die Küchenchefin hat sich bemüht das Thema des Balls für das Büfett aufzunehmen, aber bei einigen Speisen ist es tatsächlich schwierig, sie in Schwarz-Weiß zu servieren, wie Carlotta feststellt. Zwar gibt es eindeutig weißen Fisch, schwarze Pumpernickel mit schneeweißem Ziegenkäse und halbierte Eier mit schwarzem Kaviar – sie schüttelt sich, als ihr Vater danach greift –, aber dazwischen tauchen immer wieder bunte Farbtupfer auf. Grüner Salat, rote Tomaten, gelbe Ananas, rosa gebratene Fleischstücke und verschiedene Käsesorten, die man nur mit sehr viel Wohlwollen als weiß bezeichnen könnte.
Bis auf den Kaviar sieht alles so lecker aus, dass Carlotta nicht weiß, wo sie anfangen soll. Sie entscheidet sich schließlich für einen Salat, zwei kleine Steaks und einen Käse-Weintrauben-Spieß und kehrt zu ihrem Tisch zurück, an dem in der Zwischenzeit schon Manu und Sofie mit ihren Tanzpartnern Platz genommen haben.
Wieder fällt Carlotta auf, wie gut Sofie und Brendan zueinanderpassen. Sie sitzen ziemlich eng nebeneinander. Gerade füttert Brendan Sofie mit einem Häppchen Lachs. Ob sich da ein wunderschönes, attraktives und hochintelligentes Traumpaar gefunden hat? Carlotta setzt sich ihnen gegenüber und lächelt. Sofie und Brendan nicken ihr kurz zu und widmen sich gleich darauf wieder ihrem Geturtel.
Ein Stückchen weiter unterhalten sich Manu und Julian mit Händen und Füßen. Carlotta ahnt, dass sie damit beschäftigt sind, weitere Ungerechtigkeiten und Schicksalsschläge zu vergleichen, die ihnen im Laufe ihres bisherigen Schülerlebens zugestoßen sind.
Nur von Niko fehlt jede Spur. Carlotta gesteht sich ein, dass sie ein bisschen enttäuscht ist. Gleichzeitig vermutet sie, dass er noch als Fotograf unterwegs ist. Immer auf der Suche nach verrückten Schnappschüssen. Hoffentlich taucht er bald auf! Sie würde nach dem Essen zu gerne noch mal mit ihm tanzen. Bis dahin muss sie sich wohl mit ihrem Vater begnügen.
Herr Prinz kehrt mit einem gut gefüllten Teller und zwei ehemaligen Mitschülern an seinen Platz zurück. Die drei Männer unterhalten sich über alte Zeiten und lachen laut. Carlotta runzelt die Stirn. Sie verdrückt ihr Essen und unterlegt es mit kleinen Seufzern. Da findet einmal in ihrem Leben ein Ball statt und sie kommt sich vor wie Aschenputtel. Niemand achtet auf sie. Das ist irgendwie nicht gerecht.
Irgendwann ist das Essen vorbei. Carlotta hat das Gefühl, als würde sie jeden Augenblick platzen. Am liebsten würde sie jetzt einen Spaziergang machen, aber in einem bodenlangen Kleid und hochhackigen Schuhen durch den Park zu wandern ist bestimmt keine gute Idee. Vielleicht genügen schon ein paar Schritte auf dem Vorplatz. Einfach nur, um ein wenig frische Luft zu schnappen.
„Ich bin gleich wieder da“, raunt sie ihrem Vater zu und steht auf.
Ihr Vater nickt beiläufig und widmet sich gleich wieder seinen Gesprächspartnern. Carlotta huscht mit langen Schritten aus dem Ballsaal.
Auf dem Vorplatz des Schlosses brennen Holzscheite in eisernen Feuerkörben. Entlang der Wege flackern die Fackeln, die Jonas und sein Vater dort aufgestellt haben. Ihr Schein spiegelt sich in den Pfützen und an der hellen Fassade des Schlosses wider. Es hat aufgehört zu regnen, die Luft ist kühl und erfrischend. Carlotta atmet tief ein und schaut hinauf in den sternenklaren Abendhimmel.
„Schön, nicht?“, sagt eine leise Stimme hinter ihr.
Carlotta schließt die Augen. Sie muss nicht hinsehen. Sie weiß auch so, wem die
Weitere Kostenlose Bücher