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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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Autodieb, den ich einmal
verhaftet hatte, mir freundlicherweise hinterließ, ein Mann, der nur zu gern
unter Beweis stellte, daß er den durchschnittlichen Autoknackern haushoch
überlegen war. Wenn er dem Dope nicht so verfallen gewesen wäre — und sich
nicht für den unwiderstehlichsten Herzensbrecher der Welt gehalten hätte — ,
bezweifle ich, daß er seine Diebesausrüstung mit solchem Besitzerstolz
vorgeführt hätte. Er sitzt jetzt fünf Jährchen in der Concord-Besserungsanstalt
ab, was sein Verlangen, Mädchen zu beeindrucken, sehr dämpfen dürfte.
    In Sean Boyles Taxe
einzubrechen war gar nicht so ohne. Der Parkplatz war hell erleuchtet, und die
Harvard Street besitzt große Anziehungskraft und wird dauernd von
Polizeistreifen abgefahren. Da ich die gestrige Zusammmenkunft der gälischen
Brüderschaft nicht hatte beobachten können, hatte ich keine Ahnung, wie lange
das heutige Treffen dauern mochte. Ein Adrenalinstoß trieb mich schneller zu
der Taxe, als ich eigentlich wollte.
    Sean Boyle hatte sich nicht die
Mühe gemacht, das Taxi abzuschließen, und damit offen Glorias wiederholte
Warnungen in den Wind geschlagen. Er war immerhin nicht so dumm gewesen, auch
noch den Schlüssel im Zündschloß stecken zu lassen, was wirklich schade war,
denn das Taxi in aller Ruhe «stehlen» und durchsuchen zu können wäre eine feine
Sache gewesen. Ich stieg ein und zog leise die Tür hinter mir zu. Nicht nötig,
sich durch die automatische Innenbeleuchtung zu verraten.
    Ich langte unter den Vordersitz
und stieß auf eine Handvoll schmutziges Laub, ließ mich unbeholfen auf alle
viere nieder und spähte unter den Sitz. Der rauhe Bodenbelag kratzte mich an
der Wange. Es roch nach abgestandener Zigarrenasche und angetrocknetem Schlamm.
Ich fuhr mit der Hand in die Polsterfalten und fand eine Kollektion
verschiedener Münzen, die ich einsteckte. Das Handschuhfach war abgeschlossen.
Ich schließe nie das Handschuhfach in meiner Taxe ab.
    Ich kann im Grunde fast jedes
Schloß öffnen. Geben Sie mir Zeit und anständiges Licht, und ich schaffe es. In
kleinen Fingertüfteleien wie etwa dem Gitarregreifen bin ich gut. Die Zeit war
das Problem. Mir schien, als sei ich schon so lange im Taxi 863, daß Boyle
schon längst randvoll mit Guinness sein mußte. Meine Hände schwitzten.
    Ich holte tief Luft, hievte
mich auf den Fahrersitz und stopfte meine Handtasche zwischen meine Beine. Ich
fischte meine Taschenlampe auf Anhieb heraus, wühlte jedoch eine Ewigkeit
herum, bis ich endlich mein Lederfutteral mit dem Metallkrimskrams gefunden
hatte. Ich klemmte die Taschenlampe unter meinen rechten Schenkel und zielte
mit dem schmalen Lichtkegel, so genau ich konnte, auf das Schloß.
    Die Adrenalinausschüttung lief
auf Hochtouren. Immer langsam und mit der Ruhe, redete ich mir zu. Ein Schloß
läßt sich nicht zwingen. Es muß so lange gekitzelt werden, bis es fix und
fertig ist. Mooney pflegte immer spitze Bemerkungen zu machen über meine
Geschicklichkeit im Schloßknacken, aber jetzt wünschte ich, er könnte mich mit
diesem Schloß erleben. Wenn ich es als Privatdetektivin nicht schaffe, kann ich
immer noch einbrechen.
    Ich fuhr zusammen, als
plötzlich das Licht im Handschuhfach anging. Es konnte kaum mehr als 5 Watt
stark sein, wirkte jedoch auf mich wie ein Scheinwerfer. Beim Anblick des
Päckchens beruhigte sich mein wild klopfendes Herz.
    Es war eine 10 mal 15 mal 5 cm
große, in braunes Packpapier eingewickelte Schachtel. Ohne Adresse. Statt mit
Kordel oder Klebeband war sie mit grünen Schmucksiegeln gesichert, in die die Initialen
GBA eingeprägt waren. Ich wog sie in der Hand. Leicht. Ich schüttelte sie.
Nichts. Ich roch daran. Kein Hinweis. Ich rechnete mir aus, daß eine
Sporttasche etwa 30 solche Schachteln fassen konnte.
    Ich konnte die Schachtel wegen
der verdammten Siegel, eins an jeder Schmalseite und zwei an der Hauptkante des
braunen Papiers, nicht öffnen. Ich konnte es klauen, aber das würde Boyle mit
Sicherheit merken. Und nicht nur das, ich hörte auch schon förmlich, wie ich
Mooney erklären mußte, wie ich an das verdammte Ding gekommen war und er mir
daraufhin die Regeln der Beweissicherung vorkaute. Widerstrebend legte ich es
in das Handschuhfach zurück, machte Aufnahmen und hoffte nur, daß mein Film für
das wenige Licht empfindlich genug war.
    Beim Fotografieren fiel mir ein
anderes Teil im Handschuhfach auf, ein weißliches Rechteck, das halb unter
einem Stadtplan von Boston hervorlugte. Es

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