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Carlotta steigt ein

Carlotta steigt ein

Titel: Carlotta steigt ein Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Linda Barnes
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gefüllt. Kokain. Er verkauft es an Kinder.»
    «Na und?» Die Stimme kam aus
dem Hintergrund. Ich sah zu Sean Boyle hinüber. Sein rotes Gesicht blieb
ausdruckslos. Er hatte den Leibwächter seines Fahrgastes nicht wiedererkannt.
    «Ich will euch erst noch ein
paar Dias zeigen», sagte ich und führte sie nacheinander vor. Zuerst wieder das
Polizei-Verbrecherfoto, dann die Aufnahme vom Dealen, dann ein gutes Bild von
dem elegant gekleideten Mann mit Anzug und Schlips, wie er in Begleitung seiner
muskelbewehrten Leibwächter von der Haustür zur Straße ging.
    Ich benutzte meinen Bleistift
als Hinweispfeil. «Kommt euch dieser Typ bekannt vor?» fragte ich und deutete
auf Zipfelbart. Boyle reckte den Hals, um besser sehen zu können.
    «Nun schaut mal genau hin»,
sagte ich und zeigte die Dias von dem gutgekleideten Mann, wie er gerade in
Boyles Taxi stieg, sowie von Horace und dem neben ihm stehenden Schläger mit
der Sporttasche. Der Schlägertyp gab die Sporttasche dem Fahrgast. Auf einigen
Aufnahmen war ein Stück von Marias Schenkel zu sehen, sonst waren sie im großen
und ganzen recht gut.
    «Ein Mann hat doch das Recht,
ein Taxi zu nehmen», sagte Boyle langsam, «auch wenn er in schlechter
Gesellschaft ist.» Ihm war anzumerken, daß er angestrengt nachdachte. «Bist du
sicher, daß es sich beide Male um denselben Mann handelt?»
    Ich warf beide Bilder von
Horace Harold noch einmal an die Wand, so daß er selbst entscheiden konnte.
«Ich bin ihm bis zu dem Haus auf den Fersen geblieben. Er hatte eine Aktenmappe
dabei. Möglicherweise ist deren Inhalt in die Sporttasche gewandert. Ich nehme
an, daß dein Fahrgast wie immer eine Sporttasche in deiner Taxe gelassen hat,
die du dann in irgendeine Bar, zum Beispiel ins Rebellion, mitgenommen,
auf Schachteln verteilt und dann ausgeliefert hast —»
    «Moment mal», sagte da Joe
Fergus und richtete sich zu seiner vollen Höhe von fünf Fuß sechs Zoll auf.
«Wir sollten den Mund halten. Jackie —»
    «Ihr seid wirklich Narren»,
brach es aus Margaret hervor. Sie konnte die Worte einfach nicht zurückhalten,
und ihre kalte Wut erstickte Fergus’ Stimme. «Tolle Sache, daß Taxifahrer der
IRA aushelfen. Damit kann man doch so schön in den Kneipen prahlen. Und dabei
handelt ihr die ganze Zeit in der Stadt mit Kokain und Heroin und Gott weiß was
für Giften, dumme Ganoven, die ihr seid.»
    «Was hat sie da gesagt?»
    «Kokain?»
    «Rauschgift? Keiner von uns
würde doch —»
    Geschrei, Dementis,
Beschuldigungen, allgemeiner Aufruhr.
    «Weiter», rief ich laut, «guckt
euch endlich die verdammten Fotos an.» Ich übersprang ein paar Bilder im
Rundlaufmagazin des Projektors, denn es kam alles viel schneller ins Rollen,
als ich gedacht hatte. Ich haute auf den Knopf, und John Flahertys grinsende
Visage erschien auf der Wand.
    «Verbessert mich, falls ich
etwas Falsches sage», bemerkte ich trocken. «Ich habe aus zuverlässiger Quelle
gehört, daß ihr eine Zeitlang die IRA unterstützt habt, nicht gerade im großen
Stil, aber immerhin. Ihr habt mit Büchsen Kleingeld in den Kneipen gesammelt,
es gewechselt und an jemanden eine Stufe höher weitergeleitet, richtig?»
    «Sagt keinen Ton», befahl Boyle
seiner Truppe, was mir ganz recht war.
    «Dann kam dieser Mann
anspaziert. John Flaherty nennt er sich. Jackie.»
    «Jackie würde sich nie mit
Drogen abgeben —»
    «Halt die Schnauze, Corcoran»,
sagte Boyle. «Ich für mein Teil glaube kein Wort von alledem. Wir kennen
Flaherty. Wir sollen nur ausgetrickst werden, damit wir zugeben, daß wir den
Provos helfen. Jackie würde sich nie auf Drogengeschäfte einlassen. Kokain,
Heroin, woher sollte er das denn eigentlich kriegen, he?»
    «Hat Jackie euch je erzählt, wo
er vorher gearbeitet hat?» fragte ich.
    «In der Republik», erwiderte
Boyle stolz. «Im Süden der Insel. Und dann im Norden. Belfast. Derry. Im
Untergrund.»
    «Ist er irischer Staatsbürger?»
    «Ist das ein Verbrechen?»
    «Hat jemand seinen Paß
gesehen?»
    Schweigen.
    «Den werden sie im Büro
überprüft haben», warf jemand ein. «Als er eingestellt wurde. Das ist bei
Ausländern Vorschrift.»
    Roz hatte in ihrer notdürftig
zusammengeschusterten Dunkelkammer im Keller Wunder gewirkt und tolle Dias aus
vergrößerten Schwarzweißnegativen von Flahertys Personalbogen gemacht. Die
Bilder, im Eilverfahren von einem professionellen Labor mit 6-Stunden-Service
entwickelt, waren zwar körnig, aber lesbar. Jede Spalte war leer, nur beim
Namen stand der

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