Caroline
Buch gekommen ist, ist mir ein Rätsel, aber das erste stammt von Caroline Romein, und die hat sie dafür ermordet.«
Nijman fiel es schwer zu glauben, dass sein ungelöster Mordfall in einem Zusammenhang mit der Plagiat-Affäre stehen sollte, die seit Tagen das Hauptthema in allen Medien war. Ich gab sämtliche Informationen an ihn weiter, die ich auch hätte sammeln können, ohne bei der Larue einzubrechen: die Zeugin beim Mirabel Verlag, wo Caroline mit einem Manuskript unter dem Arm angekommen war, die Putzfrau, die sie in Eemnes bei der Larue im Auto hatte sitzen sehen, das Motorboot Ophelia, das ganz in der Nähe lag.
»Es passt genau zu deiner Theorie«, schmeichelte ich ihm. »Sie hat sie betäubt. Bei einer Haussuchung würdet ihr vielleicht den Tranquilizer finden. Dann hat sie sie in eine Segeltuchplane eingewickelt und mit ihrem kleinen Jeep in den nur ein paar hundert Meter entfernten Hafen gebracht. Ich habe mich dort mal umgeschaut, da liegen überall lose Bodenplatten herum, die sie hätte benutzen können, um die Leiche zu beschweren. Nachts ist dort kein Mensch weit und breit. Mit ein bisschen Glück findest du sogar Carolines Computer, sie besaß so ein iBook und das ist weg. Aber ihre Mutter hat eine Diskette mit ihrem Buchmanuskript gefunden, davon habe ich Kopien gemacht. Valerie Romein kennt die Arbeit ihrer Tochter und sie kennt sogar ihre Freundin Tilly, nach der Caroline ihre Hauptfigur benannt hat.«
Wir saßen in Nijmans Zimmer. Draußen trocknete die Wintersonne den Schneematsch weg, bevor er über Nacht gefrieren und Massenkarambolagen verursachen konnte. Nijman saß mit ungläubigem Gesicht an seinem Schreibtisch; der Kaffee in seiner weißen Bürotasse war schon längst kalt geworden.
»Was haben wir sonst noch?«, fragte ich. »Autoren und Mitarbeiter des Verlages zum Beispiel, denen zufolge die Larue nicht das geringste Schreibtalent besitzt und die es für ein unfassbares Gotteswunder hielten, als sie plötzlich ein Buch aus dem Hut zauberte.«
»Jetzt mach aber mal halblang«, sagte Nijman. »Tu mir den Gefallen. Schon weil man sie bei ihrem zweiten Buch erwischt hat, könnte man sich zu Recht fragen, wie koscher das erste ist.« Er tippte auf die Diskette, die ich ihm gegeben hatte. »Aber selbst wenn sie das erste auch geklaut hat, ist das noch kein Beweis für einen Mord. Alles, was du hast, sind verdächtige Hinweise.«
»Ist ihr Haus durchsucht worden?«
Er zuckte mit den Achseln. »Die Zeitungen behaupten es, aber natürlich hat man dabei nicht nach Indizien für einen Mord gesucht. Ihr Computer und alle möglichen Papiere wurden beschlagnahmt.« Wieder schüttelte er den Kopf. »Es ist zu wenig, damit kann ich mich kaum an den Staatsanwalt wenden.« Er nahm den Telefonhörer ab und wählte eine Nummer. »Ist Inspecteur Bergman da?«
Er wartete und schaute mich an. »Hallo, Wilfred«, sagte er dann in den Hörer. »Kees Nijman. Ihr habt Hedwige Larue im Zusammenhang mit dem Plagiatfall verhaftet? Ja, aus Zeeland, ich weiß. Sitzt sie noch in Untersuchungshaft?«
Er hörte eine Weile zu und legte dann auf. »Sie haben sie nach der Vernehmung bis zur Gerichtsverhandlung gehen lassen. Sie darf allerdings die Niederlande nicht verlassen, na ja, du weißt ja, wie das ist.«
»Hat sie gestanden?«
»Inspecteur Bergman hat erzählt, dass sie in einen seltsam trotzigen Trancezustand verfallen ist. Es sei ihr Buch, sie sei die Autorin. Ihre Arbeit sei ihre Arbeit. Ansonsten verschlossen wie eine Auster. Die Jungs halten sie für einfach nur hysterisch und glauben, sie würde umkippen, wenn man sie sich mal etwas länger vorknöpfen könnte, aber sie hat einen guten Rechtsanwalt und mehr als vierundzwanzig Stunden konnte man sie nicht festhalten, schließlich sind wir hier ja nicht in Südamerika. Außerdem ist Plagiat kein Kapitalverbrechen, dafür geht man erst nach einer Verurteilung in den Knast. Und das höchstens für sechs Monate.« Nijman schüttelte den Kopf. »Für CD-und Software-Piraterie gibt es anderswo eine Mafia, und wie das mit Büchern ist, weiß ich nicht. Aber in diesem Fall fragt sich doch jeder, wie ein Mensch so dämlich sein kann, die illegale Kopie eines Romans herauszugeben, der eine Woche später auch als legale Version auf den Markt kommt. Ich weiß, was die bei der Staatsanwaltschaft über sie denken. Entweder gehört die Frau in die Psychiatrie oder da steckt noch eine ganz andere Geschichte dahinter.«
»Was sollte denn dahinter stecken?«,
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