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Carpe Somnium (German Edition)

Carpe Somnium (German Edition)

Titel: Carpe Somnium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Marino
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anders als sonst. Allerdings hatte er bisher noch keinen Blick auf die Konstruktionspläne seiner Erschaffung werfen können. Es war schwer genug zu begreifen, dass er tatsächlich nicht voll und ganz menschlich war; er brauchte nicht auch noch die spinnenartige Nanotechnologie in seiner Zellstruktur kalt vor sich ausgebreitet zu sehen. Für solche verwirrenden und schmerzhaften Dinge würde später noch mehr als genug Zeit sein.
    Zunächst einmal hatte er das Angebot der Brüder angenommen, die dabei helfen wollten, die Quelle der Instruktionen zu seiner Erschaffung ausfindig zu machen und festzunageln. Nicht dass er den Brüdern und ihren Anti-UniCorp-Freunden vorbehaltlos vertraute, doch Magnus hatte eine unwiderstehliche Frage gestellt:
Wie vielen Menschen in dieser Welt ist es schon vergönnt, sich höchstpersönlich daranzumachen, das Rätsel ihres eigenen Daseins zu lösen?
    Nicht sehr vielen, hatte Ambrose zugegeben. Womöglich war er der Einzige.
    Abermals sein Feed:
    UniCorp präsentiert: Maximieren Sie Ihr Glück! Verlängern Sie Ihren Aufenthalt in BetterLife, erweitern Sie Ihren Freundeskreis und erreichen Sie Ihre Ziele durch eine revolutionär neue ambulante Prozedur. Fragen Sie uns, wie!
    Bei jeder Kleinigkeit, die er in sich aufnahm, wurde seine unmittelbare Reaktion als
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registriert und aufgezeichnet. Eines von UniCorps Process-Flow-Teams hatte eine Mustervorlage für Adam Trevors Persönlichkeit erstellt und überschlug sich nun förmlich, mithilfe aller neu verfügbaren Informationen die darin noch verbliebenen Leerstellen zu füllen. Normalerweise war es angenehm, in einer Welt zu sein, in der die Dinge einfach so an ihren Platz fielen, doch sich in Adam Trevors Unison-Account zu bewegen war ein wenig verstörend. Das behagliche Gefühl von Geborgenheit, an dem er jahrelang hart gearbeitet hatte, um es zu verbessern, wirkte irgendwie aus der Balance geraten, so als wäre er im Traum von jemand anderem aufgewacht.
    Ein Junge tauchte vor Ambrose auf dem Gehsteig auf. Anders als die übrigen Geistergestalten schien er Substanz zu haben. Sein glänzendes schwarzes Haar fiel ihm über die Augen, und er betrachtete Ambrose mit einer Mischung aus Interesse und Vergnügen. Der Junge streckte die Hand aus. Ambrose lächelte und ergriff sie. Als ihre Handflächen sich berührten, strömte eine Flut von Profil-Informationen in seinen Feed.
    Er war seinem Ersten Freund zugewiesen worden.
    Takashi Nakamura war sechzehn. Er teilte Adam Trevors Vorliebe für Musik des einundzwanzigsten Jahrhunderts. Außerdem waren sie beide selbstbewusst, wenn auch ziemliche Pechvögel, litten an Schimmelallergie und gerieten furchtbar ins Schwitzen, wann immer sie ein paar Worte mit Mädchen wechselten.
    Es war durchaus denkbar, das Takashis Profil von vorn bis hinten ein Fake war, gerade so wie sein eigenes. Nach allem, was Ambrose wusste, könnte Takashi auch ein milliardenschwerer Treuhandfonds-Mogul vom Nordpol sein.
    Oder ein UniCorp-Mitarbeiter.
    »Hey«, sagte Takashi und ließ mit einem knappen Nicken die Hand sinken. »Willkommen in BetterLife.«
    Ambrose erfuhr, dass Takashi 42578 Freunde hatte und den größten Teil seiner Zeit in Unison damit zubrachte, im Massen-Intensiv-Entertainment-Zentrum rumzuhängen.
    »Wie war dein erstes Flimmern?«, fragte Takashi und grinste.
    »Ziemlich schräg«, antwortete Ambrose in seiner Rolle als neuer User. »Ekliger Geschmack im Mund.«
    »Dafür gibt’s eben BetterMints, Twitterhirn. Also, wieso hat das so lang gedauert? Wollten deine Eltern dich nicht auf die Party lassen? Bist du religiös oder so was?«
    »Wir haben grad erst das Geld für ’ne Log-in- ID zusammen. Mein Dad hat jetzt ’nen neuen Job. Davor wohnten wir –« Beinahe hätte er
subsphärisch
gesagt, doch er hielt noch rechtzeitig inne. »Egal, ist jedenfalls mein Geburtstaggeschenk.«
    »Alles Gute, Popstar. Da haben wir ja ’ne Menge zu feiern!«
    »Ach ja?«
    »Ich bin noch nie vorher Erster Freund gewesen!« Takashi war völlig aus dem Häuschen. Sein Stimmungsschatten, eine der beliebteren Unison-Apps, begann, auf dem Boden unter seinen Füßen zu tanzen. Ambrose lachte. Indem er an dem Stimmungsschatten Gefallen signalisierte, lud er sich weitere App-Angebote in seinen Feed:
    Zu viele Einladungen zu Veranstaltungen? Fühlen Sie sich überfordert? Faken Sie die Löschung Ihres Accounts mit UniGone!
    Ein Stimmungsschatten ist klasse, aber eignet er sich auch für den

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