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Carpe Somnium (German Edition)

Carpe Somnium (German Edition)

Titel: Carpe Somnium (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andy Marino
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Workspace? Regeln Sie ihn herunter mit dem Stimmungsdimmer. 100 % Spaß, 0 % Ablenkung.
    Und er empfing sein erstes Gedanken-Stream-Update, das sich anfühlte, als würden zarte Finger ihn sanft hinter den Augen streicheln:
    Takashi Nakamura denkt, dass Adam Trevor der beste Geburtstag seines Lebens bevorsteht.
    »Ähm …«, sagte Ambrose. »Eigentlich hab ich überhaupt nichts Besonderes vor.«
    »Jetzt schon«, erwiderte Takashi. »Gehen wir.« Er bedeutete Ambrose, ihm durch die Menge der Geisterwesen zu folgen. Ambrose zögerte.
    »Ich warte hier auf jemanden.«
    »Netter Versuch. Ich bin dein einziger Freund, schon vergessen?« Takashis Stimmungsschatten verschränkte die Arme vor der Brust. Ambrose musste genau dort auf Mistletoe warten, wo er eingeflimmert war. Ivor hatte versprochen, dass er sie reinbringen würde, sobald sie aufgewacht wäre, und im Auge behalten könnte er sie erst dann, wenn sie Freunde wären.
    Wo er auch hinsah, Unison veränderte sich ständig.
    Der Atmoscraper links von ihm leuchtete jetzt in Grün – Adam Trevors Lieblingsfarbe. Die imposante Lobby aus weißem Marmor wurde durch einen chaotischen Old-School-Laden mit altmodischen Platten und Klamotten ersetzt, und die riesigen verspiegelten Glastüren waren mit einem Mal übersät mit zerfetzten Plakaten von Bands, von denen Ambrose noch nie gehört hatte. Ein dünner Schmutzfilm legte sich über die Straßen, hier und da sammelten sich kleine Müllhaufen im Rinnstein. Adam Trevor bevorzugte offenbar eine etwas erdigere städtische Umgebung. Innerlich schauderte Ambrose. Aus welchem Grund sollte irgendjemand ein
verdrecktes
Unison-Erlebnis wollen? Na, wenigstens zeigte ihm das Ganze, dass Ivors Implantate funktionierten. Bis jetzt reagierten die UniCorp-Scans nur auf die vermeintlichen Verhaltensweisen und Wünsche von Adam Trevor.
    »Hey, Popstar«, sagte Takashi ungeduldig. Sein Stimmungsschatten boxte in die Luft. »Kommst du jetzt oder was?«
    Ein Stück weiter die Straße hinauf erschien eine Open-Air-Spielhalle. Uralte Konsolenspiele erwachten reihenweise zum Leben mit perfekter und störungsfreier Grafik.
    »Echt, ich glaub, ich kann nicht. Wie gesagt, ich –«
    »Du wartest auf ’nen geheimnisvollen Freund. Schon kapiert.« Der Stimmungsschatten ließ den Kopf hängen.
    Ambrose gab sein Bestes, um reumütig auszusehen. »Tut mit leid – vielleicht ein andermal?«
    Takashi Nakamura denkt, sein neuer Freund hasst wohl Spaß oder so ähnlich.
    Ambrose schaute hinunter auf seine glänzenden, karierten Schuhe. Er spürte die Niedergeschlagenheit seines neuen Freundes wie seine eigene: eine jähe, schmerzhafte Enttäuschung, mit einem überraschend starken Beigeschmack von Traurigkeit.
Takashi ist einsam
, wurde ihm klar. Und mit diesem Klarwerden kam auch die Erkenntnis, dass Takashi wusste, dass Ambrose wusste, dass er einsam war. Ihre Gedanken-Streams hatten sich miteinander verbunden. Ambrose hoffte, dass Ivors neue Implantate gut genug waren, um seinen eigenen oberflächlich und wenig informativ zu halten. Sein Feed meldete:
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    Er dachte kurz, dass es nicht schaden könne, sich zu entspannen und ein bisschen Spaß zu haben. Die letzten vierundzwanzig Stunden waren aufreibend gewesen, und wenn er sich voll und ganz auf die Adam-Trevor- ID einließe, würde Unison sich um all seine Entscheidungen kümmern, und er könnte sich gemächlich von einer Ablenkung zur nächsten treiben lassen.
    Als Antwort auf diesen ermunternden Gedankengang hob Takashis Stimmungsschatten den Kopf. Ambrose fühlte sein Herz leicht werden, fühlte sich erfüllt von sorgloser Großzügigkeit. Er fühlte sich, als würde er Takashi seit Ewigkeiten kennen. Der Adrenalinkick der Erster-Freund-Verbindung war etwas, das er seit sehr langer Zeit nicht erlebt hatte. Wenn er sich einfach gehen ließ und Takashi folgte, könnte er den Rausch aufrechterhalten und sich mit jedem neuen Freund auf ihren kollektiven Gedanken-Stream stützen.
    Inzwischen allerdings, rief er sich in Erinnerung, hatte er ein Ziel im Leben – eine Mission –, und zwar eins, das nicht auf einer Lüge basierte. Und es gab Menschen, die auf ihn zählten. Es brauchte nicht viel, um sich an einem Ort wie diesem ablenken zu lassen.
    Konzentrier dich, Ambrose.
    Vermutlich musste jeder Detektiv seine Ermittlungen mit den richtigen Fragen beginnen. Und ohne sein Admin-Deck

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