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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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Organisation kennt Fred Leiser. Sogar die Neuen. Mit der Beurteilung,
die Sie haben, kann man einfach nicht vergessen werden.« Er lächelte: »Sie
gehören einfach dazu, wie ein Möbelstück, Fred.«
    »Sagen Sie
mir noch was, John. Ich möchte ja kein Quertreiber sein, verstehen Sie, aber
sagen Sie mir...
    wäre ich
auch drinnen gut?«
    »Drinnen?«
    »Im Amt,
mit euch zusammen. Ich nehme an, man muß dazu geboren sein, wie der Captain.«
    »Ich
fürchte, ja, Fred.«
    »Was für
Autos benützt ihr dort eigentlich?«
    »Humbers.«
    »Hawk oder
Snipe?«
    »Hawk.«
    »Nur
Vierzylinder? Der Snipe ist viel besser, müssen Sie wissen.«
    »Ich spreche nur von normalen
Dienstfahrten, nicht von Einsätzen«, sagte Avery. »Dafür haben wir jede Menge
anderer Wagen.«
    »Wie den Lieferwagen?«
    »Genau.«
    »Wie lange vorher, wie lange
dauerte Ihre Schulung? Sie haben zum Beispiel gerade einen Einsatz hinter
sich. Wann hat man Sie vorher.«
    »Tut mir leid, Fred! Ich bin nicht
befugt, nicht mal Ihnen.«
    »Natürlich,
John. Macht ja nichts.« Sie gingen an einer Kirche vorüber, die über der Straße
auf einem Hügel lag, und kehrten am Rand eines frisch gepflügten Feldes entlang
zurück in die sie willkommen heißende Umarmung des Mayfly-Hauses und des über
die goldenen Rosenketten spielenden Gaslichtes. Sie waren müde, aber strahlend
vergnügt. Am Abend sahen sie Filme, um das optische Erinnerungsvermögen zu
schulen: sie fuhren in einem Auto über einen Truppenübungsplatz, in einem Zug
an einem Flugfeld vorüber oder sie machten einen Spaziergang durch eine
Stadt, und plötzlich merkten sie dann, daß sie ein Fahrzeug oder ein Gesicht,
das mehrmals auftauchte, nicht wiedererkannt hatten. Manchmal wurden Bilder
zusammenhangloser Gegenstände in schneller Folge auf die Leinwand projiziert,
wobei sich im Hintergrund Stimmen unterhielten, die denen auf dem Tonband
glichen, aber ihr Gespräch bezog sich nicht auf den Film, so daß der Schüler
Augen und Gehör gleichzeitig anstrengen mußte, um das auszuwählen, was von
beiden wertvoll schien.
    So endete
der erste Tag, der für alle folgenden den Rhythmus ihres Ablaufes festgelegt
hatte: für beide sorglose, erfüllte Tage voll Arbeit und vorsichtiger, aber
sich vertiefender Zuneigung, während sich die Fertigkeiten der Knabenzeit
erneut zu Waffen des Krieges wandelten.
    Für den
unbewaffneten Kampf hatten sie einen kleinen Turnsaal nahe Headington
gemietet, den sie im Krieg benutzt hatten. Per Bahn war ein Ausbilder gekommen.
Sie nannten ihn Sergeant. »Wird er überhaupt ein Messer in seiner Ausrüstung
haben?« fragte er und setzte höflich hinzu: »Ich will nicht neugierig sein.« Er
sprach mit walisischem Akzent.
    Haldane
zuckte die Achseln. »Wenn er es selbst will. Wir wollen ihn nicht zu sehr
behängen.«
    »Ein
Messer hat viel für sich, Sir.« Leiser war noch im Umkleideraum. »Wenn er damit
umgehen kann. Und die Jerries haben für so was nichts übrig, nicht das
geringste.« In einem Handkoffer hatte er mehrere Messer mitgebracht, die er
jetzt in der Art eines Handelsreisenden, der seine Muster vorlegt, auspackte.
»Sie haben kalten Stahl niemals vertragen können«, erklärte er. »Der Trick ist,
daß es nicht zu lange ist, Sir. Flach, mit zwei Schneiden.« Er wählte eines aus
und hielt es in die Höhe. »Es gibt tatsächlich kaum etwas Besseres als das.« Es
war ein breites flaches Messer wie ein Lorbeerblatt, mit unpolierter Klinge,
der Griff war geformt wie ein Stundenglas , kreuzweise schraffiert, damit er
fest in der Hand lag. Leiser kam auf sie zu, während er sich mit einem Kamm das
Haar glattstrich.
    »Schon mal
mit so was gearbeitet?« Leiser betrachtete das Messer eingehend und nickte. Der
Sergeant sah ihn genau an. »Ich kenne Sie, nicht wahr? Ich bin Sandy Löwe. Ein
verdammter Waliser.«
    »Sie haben
mich im Krieg ausgebildet.«
    »Himmelherrgott«,
sage Löwe leise, »natürlich. Sie haben sich nicht sehr verändert, oder?« Sie
grinsten sich scheu an und wußten nicht, ob sie sich die Hände schütteln
sollten. »Also, los, wollen mal sehen, was Sie noch können.« Sie gingen zu der
Kokosmatte in der Mitte des Saales, Löwe warf sein Messer Leiser vor die Füße,
der sich brummend danach bückte. Löwe trug eine abgeschabte, sehr alte
Tweedjacke. Er trat schnell ein paar Schritte zurück, während er sie auszog und
sie sich mit einer einzigen Bewegung um den linken Arm wickelte, wie ein Mann,
der sich anschickt, mit einem Hund zu kämpfen. Er

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