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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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bewegte sich langsam um
Leiser herum, wobei er sein eigenes Messer zog und sein Gewicht leicht von
einem Fuß auf den anderen verlegte. Er stand gebeugt, hielt den angewinkelten
Arm mit ausgestreckten Fingern und der Handfläche nach unten locker vor seinen
Leib. So gedeckt, ließ er seine Klinge rastlos vor sich hin- und hertanzen,
während Leisers Augen auf ihn geheftet waren. Eine Zeitlang täuschten sie
einander mit Finten und Ausweichmanövern. Einmal, als Leiser ausbrach, ließ
Löwe es im Zurückweichen zu, daß Leisers Messer in den Stoff der um seinen Arm
gewickelten Jacke schnitt. Dann ließ sich Löwe auf die Knie fallen und tat so,
als wolle er das Messer hinter Leisers Deckung hinaufstoßen, und jetzt war es
an Leiser, zurückzuspringen, aber er war wohl zu langsam, denn Löwe schüttelte
den Kopf und rief »Halt!«, während er aufstand.
    »Erinnern
Sie sich?« Er zeigte auf Bauch und Oberschenkel, wobei er Arme und Ellbogen
andrückte, als wolle er sich schmaler machen. »Halten Sie die Angriffsfläche
klein.« Er ließ Leiser sein Messer weglegen und zeigte ihm Griffe. Er schlang
seinen linken Arm um Leisers Nacken und gab vor, ihn in die Nieren oder Magen
zu stechen. Dann bat er Avery, sich als Demonstrationsobjekt zur Verfügung zu
stellen, und sie gingen gelockert um ihn herum, wobei Löwe mit seinem Messer
auf die betreffenden Körperteile wies und Leiser zustimmend nickte. Hie und da,
wenn ihm ein besonderer Trick wieder einfiel, lächelte er. »Sie halten die
Klinge nicht genügend in Bewegung. Vergessen Sie nicht: Daumen oben, Klinge
parallel zum Boden, Unterarm steif, Gelenk locker. Der Gegner darf Sie nie
ruhig in den Blick bekommen, keinen einzigen Augenblick. Und die linke Hand zu
Ihrer eigenen Deckung, ob Sie ein Messer haben oder nicht. Seien Sie niemals
großzügig mit Ihrem eigenen Körper, das sage ich auch meiner Tochter immer.«
Alle außer Haldane lachten pflichtschuldig. Danach kam Avery an die Reihe.
Leiser schien darauf gewartet zu haben. Er nahm seine Brille ab und hielt das
Messer so, wie Löwe es ihm zeigte. Er war wachsam und zurückhaltend, während
Leiser breitbeinig wie eine Krabbe von einem Fuß auf den anderen trat, mal
näher kommend, mal zurückweichend, wobei ihm der Schweiß über das Gesicht lief
und seine kleinen Augen in Konzentration zusammengekniffen waren. Die ganze
Zeit über spürte Avery, wie sich die Rillen des Messergriffes in seine
Handfläche preßten, und seine Waden und Gesäßmuskeln begannen zu schmerzen, da
er sein ganzes Gewicht auf den Zehen hielt, und Leisers zornige Augen suchten
seinen Blick. Dann hatte sich Leisers Fuß hinter seine Ferse gehakt. Während er
das Gleichgewicht verlor, fühlte er, wie das Messer seiner Hand entwunden
wurde. Er fiel unter Leisers Gewicht nach hinten, wobei sich die Hand des
Angreifers an seinen Hemdkragen klammerte.
    Auch er
lachte mit, während sie ihm auf die Beine halfen. Leiser bürstete den Staub
von seinem Anzug. Die Messer wurden während der folgenden Turnübungen
weggelegt. Avery machte mit.
    Als sie damit zu Ende waren, sagte
Löwe: »Jetzt machen wir noch einen Augenblick Selbstverteidigung, und damit
ist Schluß für heute.« Haldane sah Leiser an. »War's zuviel für Sie?«
    »Keine Spur.«
    Löwe nahm
Avery beim Arm und führte ihn auf die Matte. Zu Leiser sagte er: »Sie setzen
sich auf die Bank, während ich Ihnen ein paar Dinge zeige.« Er legte Avery eine
Hand auf die Schulter. »Uns interessieren nur fünf Stellen, ob wir jetzt ein
Messer haben oder nicht. Welche sind das?«
    »Leisten,
Nieren, Bauch, Herz und Hals«, entgegnete Leiser müde.
    »Wie bricht man einem Mann den
Hals?«
    »Gar nicht. Man zerschlägt die
Luftröhre.«
    »Was ist mit einem Schlag in den
Nacken?«
    »Nicht mit der bloßen Hand. Nicht
ohne Waffe.« Er hatte das Gesicht in die Hände genommen. »Richtig.« Löwe
bewegte seine offene Hand mit langsamer Bewegung auf Averys Hals zu. »Hand
offen, Finger ausgestreckt, verstanden?«
    »Verstanden«, sagte Leiser. »Was
fällt Ihnen noch ein?«
    Pause. »Die
Tigerklaue. Angriff auf die Augen.«
    »Das nie«,
antwortete der Sergeant kurz. »Nicht als Angriff. Es läßt Sie völlig
ungeschützt. Jetzt zu den Würgegriffen. Immer von hinten, ist das klar? Biegen
Sie den Kopf zurück, so, die Hand auf die Kehle, so, und jetzt zupressen.« Löwe sah über die Schulter: »Schauen Sie hierher, bitte, ich mache das
nicht zu meinem eigenen Vergnügen... also kommen Sie her, wenn Sie

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