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Carre, John le

Carre, John le

Titel: Carre, John le Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Krieg im Spiegel (Smiley Bd 4)
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zehn Uhr vormittags bis acht Uhr abends dauern sollte. Sie verband optische
Beobachtungen in der Stadt, heimliches Fotografieren und das Abhören von
Tonbändern miteinander. Die von Leiser tagsüber gesammelten Informationen
waren dann in einen Bericht zusammenzufassen, der verschlüsselt und am Abend
per Funk an Johnson durchzugeben war. Am Morgen, während der Befehlsausgabe,
herrschte Ausgelassenheit. Johnson machte eine scherzhafte Bemerkung darüber,
daß man nicht aus Versehen die Polizei von Oxford fotografieren solle, worüber
Leiser herzhaft lachte. Selbst Haldane erlaubte sich ein schiefes Lächeln. Es
war Semesterschluß, die Jungen standen kurz vor der Heimfahrt.
    Die Übung
war ein großer Erfolg. Johnson war zufrieden, Avery begeistert, Leiser
deutlich entzückt. Sie hatten zwei Sendungen gemacht, die fehlerlos ausgefallen
waren, wie Johnson berichtete. Fred sei ruhig und sicher wie ein Felsen
gewesen. Als sie um acht Uhr zum Abendessen zusammenkamen, trugen sie ihre
besten Anzüge. Das Essen war besonders gut, und Haldane stellte den Rest seines
Burgunders zur Verfügung, mit dem sie Trinksprüche ausbrachten. Sie sprachen
von regelmäßigen Treffen, zu denen sie in künftigen Jahren zusammenkommen
wollten. Leiser sah sehr schneidig aus in seinem dunkelblauen Anzug mit der
silbernen Moirekrawatte. Johnson wurde ziemlich betrunken und ließ sich nicht
davon abhalten, Leisers Funkgerät herunterzuholen, dem er dann mehrmals als
der >Frau Hartbeck< zuprostete. Avery und Leiser saßen beisammen. Die
Entfremdung der letzten Woche war gewichen.
    Am
nächsten Tag, einem Samstag, kehrte Avery mit Haldane nach London zurück.
Leiser mußte mit Johnson bis zur Abreise der ganzen Gruppe nach Deutschland
in Oxford zurückbleiben. Die Abreise sollte Montag erfolgen. Am Sonntag würde
ein Lieferwagen der Luftwaffe kommen und Leisers Gerätekoffer abholen, der
unabhängig von ihnen zu Gorton nach Hamburg, und zusammen mit Johnsons
transportabler Funkstation zu dem Bauernhaus in der Nähe von Lübeck gebracht
werden sollte, von dem aus das Unternehmen Mayfly seinen Ausgang nehmen würde.
Ehe Avery das Haus verließ, machte er noch einen letzten Rundgang, teils aus
Sentimentalität, teils aus Sorge um die Einrichtung, da er den Mietvertrag
unterschrieben hatte.
    Während
der Reise nach London war Haldane sehr unruhig.
    Offenbar
wartete er noch immer auf irgendeine unvorhergesehene Krise Leisers.
     
    15. Kapitel
     
    Es war am selben Abend. Sarah war
schon im Bett. Ihre Mutter hatte sie nach London gebracht. »Wann immer du mich
brauchst«, sagte er, »komme ich zu dir, wo du auch bist.«
    »Du meinst, wenn ich im Sterben
liege.« Analysierend fügte sie hinzu: »Das gleiche tue ich für dich, John.
    Darf ich meine Frage jetzt
wiederholen?«
    »Montag. Es fährt eine Gruppe von
uns.« Wie Kinder spielten sie getrennt, jeder für sich.
    »Ich welchen Teil Deutschlands?«
    »Einfach Deutschland, Westdeutschland.
Zu einer Konferenz.«
    »Noch mehr Leichen?«
    »Himmelherrgott,
Sarah, glaubst du, ich will dir etwas verheimlichen?«
    »Ja, John, das glaube ich«, sagte
sie einfach. »Ich glaube, dir würde an dem Job gar nichts mehr liegen, wenn du
mir davon erzählen dürftest. Es gibt dir eine Freiheit, von der ich
ausgeschlossen bin.«
    »Ich kann dir nur sagen, daß es
eine große Sache ist... ein große Operation. Mit Agenten. Ich habe sie geschult.«
    »Wer ist
der Leiter?«
    »Haldane.«
    »Ist das nicht derselbe, der dir
Intimitäten über seine Frau erzählt? Ich finde ihn einfach widerlich.«
    »Nein, das ist Woodford. Haldane
ist ganz anders. Er ist seltsam. Pedantisch, zurückhaltend. Sehr fähig.«
    »Aber sie sind alle fähig, nicht
wahr? Auch Woodford ist fähig.«
    Ihre Mutter brachte den Tee
herein. »Wann kannst du aufstehen?« fragte er. »Wahrscheinlich Montag. Hängt
vom Doktor ab.«
    »Sie wird Ruhe brauchen«, sagte
ihre Mutter und ging hinaus.
    »Wenn du daran glaubst, tu es«,
sagte Sarah. »Aber mach nicht...« Sie brach ab und schüttelte den Kopf, jetzt
das kleine Mädchen.
    »Du bist eifersüchtig. Du bist
eifersüchtig auf meine Arbeit und die Schweigepflicht. Du willst nicht, daß
ich an meine Arbeit glaube!«
    »Mach weiter. Glaube an sie, wenn
du kannst.« Eine Zeitlang sahen sie einander nicht an. »Wenn es nicht wegen
Anthony wäre, würde ich dich wirklich verlassen«, sagte Sarah schließlich.
»Weshalb?« fragte Avery hoffnungslos. Dann bemerkte er die günstige
Gelegenheit: »Laß

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