Carre, John le
dich durch Anthony nicht abhalten.«
»Du redest nie mit mir: genausowenig
wie du mit Anthony redest. Er kennt dich kaum.«
»Worüber kann man schon reden?«
»Ach Gott!«
»Du weißt,
daß ich nicht über meine Arbeit sprechen kann. Ich erzähle dir sowieso mehr,
als ich dürfte: das ist der Grund, warum du immer über die Organisation
spottest, nicht wahr? Du kannst sie nicht verstehen und willst es auch nicht.
Es paßt dir nicht, daß sie geheim ist, aber du verachtest mich, wenn ich gegen
diese Regel verstoße.«
»Fang
nicht wieder damit an.«
»Ich tue
es auch nicht«, sagte Avery. »Ich habe mich entschieden.«
»Aber
vergiß diesmal wenigstens das Geschenk für Anthony nicht.«
»Ich habe
ihm doch diesen Milchwagen gekauft.« Wieder schwiegen sie.
»Du
solltest Leclerc kennenlernen«, sagte Avery. »Ich glaube, du solltest mit ihm
sprechen. Er schlägt es immer wieder vor. Ein Abendessen. er würde dich
vielleicht überzeugen.«
»Wovon?«
Sie hatte
entdeckt, daß vom Saum ihres Bettjäckchens ein Faden herunterhing. Seufzend
nahm sie aus der Lade des Nachttisches eine Nagelschere und schnitt ihn ab.
»Du hättest ihn vernähen sollen.
So machst du nur deine Kleider kaputt«, sagte Avery. »Wie sind sie?« fragte
sie, »diese Agenten. Warum tun sie es?«
»Zum Teil
aus Loyalität, zum Teil für Geld, nehme ich an.«
»Du willst sagen, du bestichst
sie?«
»Halt den Mund!«
»Sind es Engländer?«
»Einer von ihnen. Stell mir keine
Fragen mehr, Sarah; ich kann es dir nicht sagen.« Sein Kopf näherte sich dem
ihren. »Frag mich nicht, Liebes.« Er griff nach ihrer Hand. Sie zog sie nicht
zurück. »Und es sind alles Männer?«
»Ja.«
Plötzlich
sagte sie schnell und mit völlig veränderter Stimme, ohne Tränen zwar, aber
sehr bewegt, als sei die Zeit der Gespräche vorbei und dies ihr Entschluß:
»John, ich möchte es wissen. Ich muß es wissen, jetzt, bevor du gehst. Es ist
eine schrecklich unenglische Frage, aber seit du dort arbeitest, hast du mir
immer wieder gesagt, daß Menschen nicht zählten, ich nicht, Anthony nicht, und
nicht die Agenten. Du hast mir gesagt, du hättest eine Berufung gefunden. Was ruft
dich, das möchte ich wissen. Was ist das für eine Art Berufung? Das ist die
Frage, auf die du mir nie eine Antwort gegeben hast und derentwegen du dich vor
mir versteckst. Bist du ein Märtyrer, John? Sollte ich dich für deine Taten
bewundern? Bringst du Opfer?«
Avery
sagte kurz, wobei er es vermied, sie anzusehen: »Es ist nichts von alledem.
Ich mache eine Arbeit. Ich bin ein Techniker, ein Rädchen im Apparat. Du
willst mich zu dem Geständnis bringen, daß ich auf zwei verschiedenen Ebenen
denke. Du willst mir den Widerspruch beweisen.«
»Nein. Du
hast schon gesagt, was ich hören wollte: daß ihr euer Leben abschirmen müßtet
und diese Abschirmung nicht durchbrechen dürftet. Das ist nicht auf zwei
Ebenen gedacht, sondern überhaupt nicht. Es ist so demütig gehandelt. Hältst du
dich wirklich für so klein?«
»Du hast
mich klein gemacht. Verhöhne mich nicht. Jetzt machst du mich klein.«
»John, ich
schwöre dir, daß ich das nicht will. Als du gestern abend nach Hause kamst,
hast du wie frisch verliebt ausgesehen. Auf eine Art verliebt, bei der man
zufrieden und glücklich ist. Du wirktest befreit und gelockert. Einen
Augenblick dachte ich, du hättest eine Frau gefunden. Das war der Grund, warum
ich gefragt habe, ob es nur Männer gebe. Ich dachte, du wärest verliebt. Jetzt
sagst du mir, du seist eine Null, und scheinst auch noch stolz darauf zu sein.«
Er wartete, dann sagte er mit dem gleichen Lächeln, das er auch Leiser zu
schenken pflegte: »Du hast mir schrecklich gefehlt, Sarah. Ich bin in Oxford zu
dem Haus gegangen, dem Haus in der Chandos Road, erinnerst du dich? Es ist für
uns schön dort gewesen, nicht wahr?« Er drückte ihre Hand. »Sehr schön. Ich
dachte daran, an unsere Heirat, an dich. Und an Anthony. Ich liebe dich,
Sarah. Ich liebe dich wirklich. Für alles. wie du unseren Sohn erziehst.« Er
lachte leise. »Ihr seid beide so verletzbar, daß ich euch manchmal kaum
auseinanderhalten kann.« Sie antwortete nicht, also fuhr er fort: »Ich dachte,
wir könnten vielleicht aufs Land ziehen, ein Haus kaufen. Ich bin jetzt fest
drin: Leclerc würde uns sicher helfen, einen Kredit zu bekommen. Dann könnte Anthony
im Garten spielen. Man braucht sich nicht mit allem abzufinden. Wir könnten ins
Theater gehen, wie in Oxford.«
Sie sagte
abwesend:
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