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Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte

Titel: Carvalho und das Mädchen, das Emmanuelle sein sollte Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manuel Vázquez Montalbán
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Zeichensystem des katalanischen Jugendstils charakterisiert. Haben Sie den Mut, sich gemeinsam mit mir hinzulegen?«
    Â»Man könnte uns verhaften.«
    Â»Wenn uns die Polizei verhaftet, verhaften wir uns selbst, schließlich sind wir uns im Klaren, dass wir Polizisten sind. Oder etwa nicht?«
    Â»Doch, absolut.«
    Sie legten den Rest des Weges zum Polizeipräsidium zurück, und nachdem sich Lifante von seinem Assistenten getrennt hatte, machte er sich zu den oberen Büroräumen auf, wo ihn eine Besprechung unter dem Vorsitz des Beauftragten der katalanischen Regierung erwartete. Sie plauderten in aller Ruhe über Fußball und konzentrierten sich erst dann ein wenig, als ihn der Polizeipräsident über den Grund des Treffens informierte.
    Â»Wir haben eine vertrauliche Mitteilung erhalten. In der Metro-Station Urquinaona ist eine ermordete Obdachlose gefunden worden.«
    Â»Von da komme ich gerade.«
    Â»Laut Mitteilung soll es sich um kein gewöhnliches Verbrechen handeln. Sagen wir so, es könnte eine politische Überdimensionierung entstehen.«
    Â»Eine politische Neusituierung des Falles«, verbesserte ihn der Regierungsbeauftragte.
    Â»Ich sehe es eher als eine Überdimensionierung.«
    Der Polizeipräsident beharrte auf seiner Meinung, und Lifante glaubte, eingreifen zu müssen.
    Â»Lassen Sie uns doch darauf einigen, dass der Fall auf politische Verstrickungen hindeutet.«
    Der Polizeipräsident und der Regierungsbeauftragte sahen sich an, um den Konsens zu besiegeln.
    Â»Richtig.«
    Â»Welche Einstellung? Damit die Botschaft vollständig ist, muss man wissen, welche politische Einstellung hinter den Verstrickungen steckt. Auf diese Weise erfährt man etwas über den Zweck der vertraulichen Mitteilung und kann entscheiden, ob sie glaubwürdig ist oder ob es sich lediglich um das handelt, was wir in der Kommunikationstheorie als mediales Rauschen bezeichnen.«
    Der Regierungsbeauftragte wurde nervös, der Polizeipräsident kategorisch.
    Â»Ãœberprüfen Sie das Rauschen, Lifante. Unser Vertrauter meint, ein gewisser Dieste, ein Spinner, der sich dem experimentellen Theater verschrieben hat, könne uns vielleicht weiterhelfen. Wir wissen, wo er sich aufhält. Die Obdachlose hieß offenbar Helga Singer, Palita für ihresgleichen. Was den Fall angeht, äußerste Diskretion, denn unser Informant hat den Geheimdienst eines anderen Landes in die Angelegenheit hineingezogen, Argentinien, um genau zu sein.«
    Â»Gibt es irgendeine Garantie für die Vertraulichkeit der Mitteilung?«
    Â»Er hat einen Code genannt, der laut Inspektor Contreras, den wir angerufen haben, aus der Zeit stammt, als Teile des Geheimdienstes des ehemaligen spanischen Regimes mit denen aus Lateinamerika kooperiert haben.«
    Lifante stieg in den Wagen und konnte gerade noch verhindern, dass der Fahrer das Blaulicht auf das Dach setzte. Sie brauchten bloß der Vía Layetana zu folgen und nach der Villa Olímpica Ausschau zu halten.
    Â»Hier kenne ich mich überhaupt nicht aus. Kommt mir vor wie eine andere Stadt, und das krampfhafte Bemühen, den Straßen diese dämlichen katalanischen Namen zu verpassen, verwirrt mich noch mehr.«
    Schließlich fanden sie die richtige Hausnummer in der Avenida Icaria. Als sie schon aussteigen wollten, sah Lifante, wie Carvalho mit einer Frau an seiner Seite auf dasselbe Gebäude zusteuerte. Er hielt Celso zurück und presste sich tief in seinen Sitz, um nicht gesehen zu werden.
    Â»Kennst du den Typ da, Cifuentes?«
    Â»Sagt mir irgendwas.«
    Â»Er war so was wie ein rotes Tuch für Contreras. Sie haben sich abgrundtief gehasst. Hatte mit ihrer Vergangenheit zu tun. Contreras hatte Francos Brigada Político-Social angehört, und Carvalho war eher ein Roter gewesen. Andere Zeiten. Vorgeschichte. Absolute Vorgeschichte.«

4 Das Paradox über den Schauspieler
    Jedes Mal, wenn Carvalho einen Fuß in die sogenannte Villa Olímpica setzte, hatte er das Gefühl, eine Welt aus Papphäusern zu betreten, die von den Mitgliedern des Internationalen Olympischen Komitees ausgeschnitten und aufgestellt worden waren. Und doch zog ihn das neue Viertel an, es war ein Schauplatz, der mit Leben und menschlichen Marotten gefüllt werden konnte, der aber nach wie vor viel zu sehr von dem einen großartigen, absoluten Bezugspunkt abhängig war, dem Meer. Das Atelier, in dem

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