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Cash Out (German Edition)

Cash Out (German Edition)

Titel: Cash Out (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Greg Bardsley
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meine Familie unversehrt bleibt. Ich weiß nur einfach nicht, wo ich anfangen soll.
     
    Ich öffne die Haustür einen Spaltbreit und werfe einen vorsichtigen Blick hinein. Die ersten Strahlen des beginnenden Tages haben sich durch die Jalousien hereingeschlichen, die Farben sind noch gedeckt. In der Ecke, auf meinem Ledersessel, entdecke ich Rods Silhouette, sehe seine markante Stirn deutlich im Profil, seine Haltung ist aufrecht, aber entspannt, seine Beine stehen fest auf dem Boden.
    «Hey.» Ich öffne die Tür ein wenig mehr. «Ich bin’s.»
    «Welch Überraschung.» Er rührt sich nicht. «Hab dein Auto schon zwei Blocks entfernt gehört.»
    Ich muss zugeben, es ist ein gutes Gefühl, Rod in meinem Wohnzimmer zu sehen. Rod hat nie vor irgendwas Angst, und dieses Selbstvertrauen, diese Stärke und diesen Mut in der Nähe zu wissen ist beruhigend. Diese Arschlöcher, wer immer sie sind, werden ganz schön doof gucken, wenn Rod auf der Matte steht.
    Er deutet mit dem Kopf auf den hinteren Teil des Hauses. «Geh schon.» Seine Stimme ist kühl wie Granit. «Ich schenk dir was ein.» Er steht auf und geht in großen Schritten zur Küche. «Kaffee oder was Kaltes?»
    Ich humple durchs Wohnzimmer. In der Tür auf den Flur trete ich beinahe auf ein Spielzeugmotorrad. Mein Haus ist ein verfluchtes Minenfeld voller Jungenspielzeug. Kaffee klingt verdammt gut, aber nach allem, was passiert ist, nach allem, was mir durch den Kopf schwirrt, weiß ich, was ich wirklich haben will.
    «Was Kaltes», flüstere ich.
    Im Zimmer der Jungs bleibe ich zwischen ihren Betten stehen und sehe zu ihnen hinunter. Ben liegt ausgestreckt auf der Seite, verdrehte Laken schlängeln sich zwischen seinen Beinen, sein Rücken dramatisch durchgedrückt, sein Bauch frei, das Kinn gereckt – genau wie er als Neugeborener geschlafen hat. Ich gehe in die Hocke, beiße gegen den Schmerz auf meine Unterlippe und streichle mit dem Handrücken über seine Wange – glatt, warm und perfekt. Er hat einen kleinen Laster mit ins Bett genommen, einen Plastiklöwen und ein gerahmtes Foto von mir aus dem Wohnzimmer. Ich gebe ihm einen sanften Kuss auf die Schläfe.
    Benny, mein Junge.
    Ich drehe mich um und sehe Harry an – seine blonden Haare, die helle Haut seiner Mom – und bekomme feuchte Augen. Um ein Haar hätte ich ihm eine tiefe Wunde zugefügt.
Daddy hat im Sandkasten einen netten Mann angegriffen.
Bei dem Gedanken dreht sich mir der Magen um.
    Ich sammle mich im Flur, hole tief Luft. Ich höre, wie Rod Bierflaschen öffnet, die Kronkorken auf die Arbeitsplatte fliegen. Ich hole noch einmal tief Luft, atme langsam aus. Ich humple weiter den Flur hinunter zu unserem Schlafzimmer, trete versehentlich einen Monstertruck den Flur hinunter, wo er gegen die Sockelleiste knallt. Kate schläft, umgeben von extra Kissen, das Telefon zwanzig, dreißig Zentimeter neben ihrem Gesicht.
    Die treue Kate. Ich ziehe mich zurück, ganz leise, um sie nicht zu wecken.
    Als ich in die Küche komme, sitzt Rod am Tisch, ein Modelo in den Händen. Als er meine Augen sieht, kommt er zu mir, packt meine Schultern und schüttelt mich. Zuneigung à la Rod Stone. «Das wird schon wieder, Danny.» Er schüttelt mich fester und zieht mich zu einer Umarmung an sich – eine unbeholfene Männer-Umarmung, mit rausgestreckter Brust, um die Nähe zu begrenzen, kräftige, energische Klapse auf den Rücken. «Was auch immer es ist, wir werden das regeln.»
    Wir setzen uns mit unserem Bier, lassen das Licht aus. Ein Sonnenstrahl fällt durch die Jalousien in der Küche auf sein Gesicht, beleuchtet ein graues Auge und die Narbe auf seiner linken Wange. Wieder atme ich tief ein und versuche, mich wieder zu fangen. Er trinkt einen Schluck und betrachtet mich mit zusammengekniffenen Augen, hat dabei Hals und Kopf angespannt, als wolle er sagen:
Wer hat meinem Kumpel das angetan?
     
    Von den vielen Malen, die ich Rod habe kämpfen sehen, war das Mal auf der Highschool, vor mehr als dreizehn Jahren, eine der wenigen Gelegenheiten, bei denen er Gefühle zeigte. Eigentlich war es einer meiner Kämpfe.
    Ich bin ein kleiner Neuntklässler, der sich auf der Suche nach seinem Schließfach immer noch verläuft. Zwei Elftklässler schleichen sich von hinten an mich heran, heben mich an den Beinen hoch und lachen. Ein Langhaariger mit getönten Brillengläsern brüllt immer wieder, «Frischling … Frischling», als würde er mich mit der ganze Schule bekannt machen wollen. Sie lachen, ich lache,

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