Cashkurs
sehr viele Parallelen zu entdecken. Der Bankverkäufer ist keineswegs der neutrale Notar, oder gar Ihr guter Freund, der nur Ihr Wohl und Ihre Rendite vor Augen hat.
Selbst wenn der arme Kerl im Privatleben tatsächlich ein guter Freund von Ihnen ist, wird er am Arbeitsplatz zwangsläufig seine Freizeitkappe ab- und den Geschäftshut aufsetzen müssen. Vorausgesetzt, er hängt an seinem Job und seiner Familie.
Warum das so ist, erkennen wir, wenn wir uns mit seinem Arbeitgeber, der Bank, beschäftigen. Welche Aufgabe hat diese private Bank? Ihre einzige Aufgabe besteht darin, Gewinn zu erwirtschaften. Gewinn für ihre Eigentümer und Aktionäre. Sie hat weder die Aufgabe, Gutes für die Gesellschaft zu tun, noch ist sie eine neutrale und staatlich finanzierte Beratungsgesellschaft für Leute, die keinen Plan von ihren Finanzen haben. In der Regel wird an der Schalterhalle auch keine warme Suppe an Obdachlose ausgegeben. Das ist keine Wohltätigkeitsinstitution, sondern ein knallhart auf Profit ausgerichtetes Wirtschaftsunternehmen. Jedes Wirtschaftsunternehmen (je größer und internationaler, desto mehr) versucht Gewinn zu erzielen, indem es mit seinen Geschäftspartnern Verträge aushandelt, die ihm möglichst große Vorteile bringen. Und dabei geht man an die absolute Schmerzgrenze. Natürlich nicht die eigene, sondern an die Schmerzgrenze des Geschäftspartners, dorthin, wo er gerade noch bereit ist, das Geschäft zu machen, ohne zur Konkurrenz zu wechseln.
Und jetzt raten Sie mal, wer dieser Geschäftspartner Ihrer Bank ist? Richtig! Sie! Und jetzt überlegen Sie einmal, wo Ihre Schmerzgrenze liegt, was Sie sich von Ihrer Bank alles gefallen lassen, bevor Sie die Konten auflösen. Aber viel wichtiger: Selbst wenn Sie gut informiert sind und eine niedrige Schmerzgrenze haben, glauben Sie, das trifft auf die meisten Bankkunden zu? Die allermeisten haben nicht den Hauch einer Ahnung von Geldgeschäften und lassen sich von ihrer Bank ALLES erzählen. Sind das nicht ideale Voraussetzungen für eine Bank? Die meisten Geschäftspartner haben so wenig Ahnung von der Materie, dass sie fast alles blind unterschreiben, was man ihnen vorlegt. Die Uninformiertheit der Kunden liegt im ureigensten Interesse der Bank. Je mehr Informationsvorsprung die Bank dem Kunden gegenüber hat, umso bessere Verträge kann sie für sich abschließen. Wundern Sie sich jetzt noch, warum Banken in riesigen Glaspalästen sitzen? Machen Sie dem einen Strich durch die dicke Rechnung. Machen Sie sich schlau, und werden Sie zu einem kritischen Geschäftspartner für Ihre Bank. Ich bin froh, wenn ich mit diesem Buch ein wenig dazu beitragen kann.
Kommen wir jetzt wieder zu unserem Bankverkäufer. Der arme Kerl sitzt am Schalter und bekommt von seinen Vorgesetzten ganz klare Ansagen: »Die Bank hat unseren Aktionären dieses Jahr 25 Prozent Eigenkapitalrendite versprochen. Der Vorstand erwartet von Ihnen, dass Sie gefälligst alles tun, um dieses Versprechen zu halten. Daher erwarten wir von Ihnen, dass Sie Ihre Kunden anrufen und ihnen die Produkte verkaufen, mit denen wir genug verdienen, um dieses Ziel zu erreichen. Und damit Sie wissen, was wir von Ihnen erwarten, habe ich hier eine Aufstellung für Sie: Sie werden jeden Monat X Lebensversicherungen, Y Bausparverträge und für Z Euro Fondsanteile oder Zertifikate verkaufen. Das schaffen Sie doch mit links, Sie sind doch ein Guter.«
So, jetzt ist der 27. des Monats, Sie kommen zu ebenjenem Bankverkäufer an den Schalter und wollen eine Erbschaft anlegen, Ihre Altersvorsorge endlich in Angriff nehmen oder einfach nur nach dem Weg zum Bahnhof fragen. Unglücklicherweise hat er in den letzten Monaten eben noch nicht X Versicherungen, Y Bausparverträge und Z Fondsanteile verkauft. Das ist ihm wegen der zickigen Kunden oder seiner gutmütigen Art in den letzten Monaten schon öfter passiert. Wenn seine Arbeitseinstellung nicht bald besser wird, sagt sein Chef, wird er bei der nächsten Kündigungswelle sicherlich besondere Wertschätzung erfahren.
Genau in diesem Moment stolpern Sie ahnungslos vor seinen Schreibtisch und wollen eine unabhängige, neutrale Beratung von Ihrem Freund, dem Bankberater, die ausschließlich Ihre Rendite und Risikovorstellung berücksichtigt.
Glauben Sie mir, dass die absolute Mehrheit der Bankverkäufer liebend gerne Ihre Interessen vertreten möchte. Wenn sie dürften, würden sie vermutlich sogar auf die Gebühren verzichten, Ihr Konto spesenfrei führen, Ihren
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