Cashkurs
Je nach Risikoneigung steht dabei die ganze Palette von Bundesschatzbriefen bis zu Aktienfonds zur Verfügung. Dieser Spielraum schwindet jedoch im Lauf der Zeit, weil Jahr für Jahr die Mietkosten größer werden.
Schon kleine Änderungen bei den Annahmen zu Zinsen und Mietsteigerung können das Ergebnis gewaltig verändern: Bei 2 Prozent jährlicher Mieterhöhung und 5 Prozent Anlagezins beträgt das Gesamtguthaben nach 20 Jahren 265000 Euro, und das Eigenheim ist die bessere Variante. Bei 1 Prozent Mietsteigerung und 6 Prozent Zins besitzt der Mieter am Ende hingegen 363000 Euro und ist somit finanziell bessergestellt als der Eigenheimbesitzer.
Aber bedenken Sie: Der Geldmarkt unterliegt wie der Mietmarkt Schwankungen, die sich schlecht berechnen lassen. Auch kann ein Mieter jederzeit über sein angespartes Geld verfügen und einen Teil im Fall eines finanziellen Engpasses oder für eine Anschaffung verwenden. Der Hausbesitzer hingegen kann nicht mal eben drei Fenster verkaufen, wenn es eng für ihn wird.
Nicht nur die Rechengrößen wie Wertsteigerung, Anlagezinsen und Mietpreisentwicklung liegen auf lange Sicht im Dunkeln. Auch über die Frage, wie Immobilien- oder Kapitalanlagegewinne in 15 oder 20 Jahren besteuert werden, lässt sich allenfalls spekulieren. Mögliche künftige Zwangsvorgaben seitens der Politik sind erst recht völlig unkalkulierbar. Nehmen Sie zum Beispiel die aktuellen Gesetze, mit denen Hausbesitzer zu zusätzlichen Wärmedämmmaßnahmen gedrängt werden. Wer weiß, was noch kommt. Rußfilteranlagen für Heizungen und Kamine, eigene Klärbecken, um die städtischen Anlagen zu entlasten, man weiß es nicht …
Das Ergebnis unseres Vergleichs von Eigenheimerwerb versus Mieterdasein ist beim tiefen Blick in die Kristallkugel ernüchternd: Sicher ist nur, dass die Wahrscheinlichkeit von langfristig gleichbleibenden Rahmenbedingungen gegen null tendiert.
Warum jedoch zeigen Studien immer wieder, dass Eigenheimbesitzer im Alter mehr Vermögen vorweisen können als Mieter? Der Grund dürfte weniger in der Rendite des Wohneigentums, als vielmehr in einem weitverbreiteten Verhaltensmuster zu suchen sein: Wer als Mieter ein gewisses Vermögen angespart hat und keinen Wohnungskauf plant, investiert das Geld womöglich lieber in ein schickes Auto als in die private Altersvorsorge. Der mit Schulden belastete Eigenheimbesitzer hat dagegen zum braven Abstottern seiner Raten keine Alternative – ihn zwingen die Schulden praktisch indirekt zum Vermögensaufbau.
Dass der Erwerb des Eigenheims in Deutschland teilweise schon fast religiöse Züge trägt, liegt sicher nicht allein an der Mentalität vor allem im Süden der Republik, wo »schaffen, sparen, Häusle bauen« ein traditionelles Lebensziel ist. Weil bei Banken, Bausparkassen und Immobilienmaklern der Traum von den eigenen vier Wänden die Provisionskassen klingeln lässt, läuft die Marketingmaschine auf Hochtouren und hält das Thema schön am Köcheln. Und vielleicht erinnert sich beim leidenschaftlichen Plädoyer für das Wohneigentum so mancher Politiker an den alten Adenauer, der einmal gesagt hat: »Hausbesitzer zetteln keine Revolution an.« Liebe Mieter, ihr wisst nun, was ihr seid – nämlich potenzielle Umstürzler!
Viele angehende Hausbesitzer argumentieren heute mit der Angst vor Inflation oder gar einer Währungsreform. »Ha, wenn eine Inflation kommt, werden meine Schulden immer weniger und mein Haus immer mehr wert.« Auch hier meine Warnung vor zu großen Hoffnungen: Bei der großen Inflation 1923 haben sich die Hausbesitzer auch zu früh gefreut. Der Staat führte eine Hauszinssteuer (genauer »Gesetz über den Geldentwertungsausgleich bei bebauten Grundstücken«) ein. Damit sollte der Ungerechtigkeit begegnet werden, dass Sparer ihr Geld verloren und Hausbesitzer die dicken Gewinner gewesen wären. Die vermeintlichen Gewinne der Hausbesitzer wurden somit eingezogen und zumindest anfangs für den staatlichen Wohnungsbau verwendet. Diese Hauszinssteuer gab es übrigens von 1924 bis 1943 …
Aber auch bei der Währungsreform 1948 war die Freude der Eigenheimbesitzer nur von kurzer Dauer. 1952 trat das »Lastenausgleichsgesetz« in Kraft, nach dem insbesondere schuldenfreie Hausbesitzer die Hälfte ihres Immobilienvermögens über 30 Jahre verteilt an den Staat überweisen mussten. Meine eigene Oma war davon betroffen und saß unzählige Nächte an der Nähmaschine, um das ehemals schuldenfreie Häuschen für sich und
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