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Cashkurs

Cashkurs

Titel: Cashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Mueller
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war mein großer – damals vollkommen unrealistischer – Jugendtraum, irgendwann einmal Börsenhändler auf dem Frankfurter Börsenparkett zu sein. Durch viele unglaubliche Zufälle, Begegnungen und den unbedingten Willen, dieses Ziel zu erreichen, habe ich es dann tatsächlich 1992 geschafft. Ich betrat zum ersten Arbeitstag das Parkett der Frankfurter Börse. So schwulstig es klingen mag, aber während ich diese Zeilen schreibe, habe ich die gleiche Gänsehaut wie an diesem Tag vor immerhin fast 20 Jahren. Bud Fox aus dem Film »Wallstreet« sagte: »Das Leben entscheidet sich in wenigen Augenblicken, und dies ist einer davon!«
    Die Börse hat in all den Jahren ihres Bestehens nichts an Faszination eingebüßt. Vieles hat sich verändert – zum Guten wie zum Schlechten –, aber genauso viel ist auch seit Jahrhunderten unverändert geblieben. Der Begriff »Börse« stammt vermutlich aus dem 16. Jahrhundert, als sich vor dem Hause der niederländischen Patrizierfamilie »van der Beurse« die Händler für ihre Geschäfte trafen. Seit vielen Jahrhunderten bewegen diese Geschäfte und die Aussicht auf Gewinn die Händler und Investoren. Für die sogenannte »Realwirtschaft«, also beispielsweise Fabriken oder Computerschmieden, ist eigentlich nur ein Teil wirklich von Bedeutung, nämlich die Möglichkeit, dort Geld aufzunehmen, um die eigenen Ideen zu verwirklichen. Das geschieht in der Regel beim sogenannten »Börsengang« oder Neudeutsch IPO (Initial Public Offering – erstmaliges Angebot an die Öffentlichkeit).
    Ein Firmengründer geht mit Hilfe einer Bank also an die Öffentlichkeit, stellt seine mehr oder weniger geniale Geschäftsidee der Anlegergemeinde vor und wünscht sich, viele Menschen davon zu überzeugen, in der Hoffnung, dass diese sagen: »Innenbeleuchtete Vergasersysteme. Waaahhnsinn, dass ich da nicht selbst drauf gekommen bin! Das ist eine tolle Idee, mit der wird das Unternehmen Phantastilliarden verdienen, da will ich dabei sein!« Und schon kaufen die Investoren dem Firmengründer Anteile seines Unternehmens ab. Sie leihen ihm nicht nur einfach das Geld, sondern Ihnen gehört tatsächlich von da an ein kleiner Teil des Unternehmens. Mit allen Rechten und Pflichten. Sie dürfen beispielsweise in die Geschäftsführung mit reinreden. Man sollte hierfür allerdings eine gewisse Anzahl Aktien vorweisen können. Fühlen Sie sich bitte nicht berufen, eine Daimler-Aktie zu erwerben und sich anschließend bei Herrn Zetsche zum Kaffee anzumelden, um ihm mal die Grundstrukturen nachhaltiger Unternehmensführung erklären zu wollen …
    Andererseits müssen Sie weder bei Schneefall das Werksgelände mit Ihrem Besen räumen noch persönlich an Aufsichtsratssitzungen teilnehmen. Ihre Pflichten beschränken sich darauf, den Kaufpreis zu entrichten und gegebenenfalls diesem hinterherzuweinen, wenn das Unternehmen doch nicht so klasse war wie gedacht. Damit hat es sich aber schon. Eine Nachschusspflicht gibt es Gott sei Dank nicht, und mehr als den Kaufpreis können Sie nicht verlieren. Ist ja aber auch schon genug.
    Mit dem Börsengang ist es für das emittierende Unternehmen erst einmal getan. Jetzt beginnt die Zeit der Händler und Zocker. Eigentlich stellt sich hier die Frage: Für was braucht man diese Bande von Tagedieben überhaupt?
    Der Investor stellt dem Unternehmen sein Geld zur Verfügung, der Unternehmer seine Ideen und seine Arbeitskraft. Aber der Spekulant? Er sät nicht, er erntet nicht, und die Wirtschaft ernährt ihn doch. So zumindest der erste Eindruck. Aber die Börsenhändler und auch die Spekulanten haben eine wichtige Funktion in dem ganzen Spiel. Der Investor würde sich sicherlich sehr schwertun, wenn man ihm sagen würde: Du kannst dich an der Pfefferminzia- AG mit ihrem umwerfenden neuen Produkt des nach Pfefferminz schmeckenden Motoröls beteiligen, aber du musst auf ewig mit diesem Unternehmen verbunden bleiben. Da würde mancher sagen: Ewig!? Das ist aber ganz schön lange! Was ist, wenn doch keiner das Motoröl haben will, weil Erdbeergeschmack in Mode kommt?
    Wenn man einem Investor aber die Möglichkeit gibt, sich jeden Tag neu zu entscheiden und jederzeit zu einem fairen Preis seine Beteiligung zurückgeben zu können oder vielleicht das Geld in eine viel schlauere Idee zu investieren, dann fällt es ihm gleich viel leichter, auch mal auf Pfefferminz zu bauen.
    Einen Teil dieser Funktion übernimmt der Börsenmakler. Wenn ich an der Frankfurter Börse

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