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Cashkurs

Cashkurs

Titel: Cashkurs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dirk Mueller
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Marktgefühl zu diesem Berufsbild.
    In diesem Teil des Jobs ist der Makler nicht nur Vermittler, sondern auch gleichzeitig Spekulant.
    Kommen wir also zu dieser Teilnehmergruppe am Börsenmarkt, dem reinen Spekulanten. Der Spekulant ist eigentlich der Puffer im System. Ein sinnvoller Puffer, denn nehmen wir an, es gäbe nur Investoren. Die haben sich mal beim Börsengang für eine Aktie entschieden. Jetzt meldet das Unternehmen ganz gruselige Absatzzahlen. Die Investoren verlieren das Vertrauen und wollen ihre Aktien verkaufen. Gestern stand die Aktie noch bei 35 Euro, aber nach den schlechten Nachrichten wollen alle raus. Zur Not auch mit Verlust. Aber wer soll die Aktie kaufen? Andere Investoren finden das Unternehmen jetzt auch nicht gerade sexy. Die Verkäufer geben Gas … »33?« – »Nein, danke!« – »30?« »Och nö, lieber noch nicht«, sagen die anderen Investoren. Ich warte mal ab, vielleicht bekomme ich’s ja noch für 25.
    Und hier kommt der Spekulant ins Spiel. Der will sich nicht jahrelang an dem Unternehmen beteiligen. Doch er sagt sich: »Von 35 auf 30 Euro gefallen? Na, so schlimm ist die Meldung auch nicht gewesen. Die anderen Käufer wollen die Aktie nur billig absahnen. Ich kauf die jetzt mal mit 30, wird schon wieder steigen in den nächsten Stunden.« Er kauft die Aktie mit 30 Euro. Die anderen Investoren, die eigentlich kaufen wollten, aber einen sehr tiefen Kurs abgreifen wollten, sehen das und sagen: »Mist, wird wohl doch nicht ins Bodenlose fallen. Genau genommen ist 30 ja auch schon billig, das hat ein anderer offenkundig auch schon erkannt. Ich biete auch mal 30 Euro.« Und schon ist der Kurs stabilisiert. Der nächste Käufer sagt: »Scheibenkleister, nix mit 25. Da ist sogar schon einer, der bietet wieder 30. Ich will doch ein paar Aktien haben. Ich zahl 31!« Der Spekulant freut sich und verkauft seine mit 30 gekauften Aktien mit 31 Euro weiter. Der Kurs ist stabilisiert, die Verkäufer können zu fairen Preisen verkaufen, und der Spekulant hat auch etwas verdient. So läuft es idealerweise ab, und der Spekulant kommt seiner wichtigen Aufgabe als Puffer nach. Dennoch bestimmen die Käufe und Verkäufe der eigentlichen Investoren die Preisentwicklung.
    So sollte es sein, und so wäre die Börsenwelt in Ordnung, wenn es weiterhin mehr Investoren als Spekulanten geben würde. Doch leider hat sich die Welt in den letzten Jahren verändert. Die Spekulanten (Investmentbanken, Hedgefonds, Einzelpersonen, Zockerbuden etc.) bekommen so viel billigen Kredit zur Verfügung gestellt, dass sie das x-fache Volumen dessen handeln, was die eigentlichen Investoren investieren. Und somit bestimmen nicht mehr Investoren, ob eine Aktie steigt, sondern die Interessen der Spekulanten. Das führt zu zahllosen schädlichen Verwerfungen an den Finanzmärkten, bis hin zum möglichen Kollaps des gesamten Systems. Die Spekulation an sich ist nicht schädlich, sondern erfüllt sogar einen sinnvollen Zweck. Doch wie mit den meisten Dingen im Leben: »Die Dosis macht das Gift!«
    Ich habe Ihnen den Börsenhandel in der Form erläutert, in der er viele Jahre vonstattenging. Noch vor fünf Jahren war das die typische Form des Börsenhandels. Ein wildes Durcheinandergeschrei von Kauf- und Verkaufsangeboten. Das hektische Gerenne, das sich viele heute noch unter dem Börsenhandel vorstellen. Da gab es kauzige Typen, leise Gentlemen, lautstarke Marktschreier und jede Menge Spaß. Unvergessen Kollege K., der mehrmals täglich den Bohlen gab und quer übers Parkett brüllte: »Naddelllllll!!!!«, meist gefolgt von einem lautstarken: »Ich will hier raus!!!« Makler Staudacher wurde mindestens einmal täglich von allen Kollegen zur Kursfindung gerufen und zwar gleichzeitig, so dass ein Chor von tiefen und langgezogenen »Stauuuuuuudacher«-Rufen durch die heiligen Hallen dröhnte. Running Gags, Spinnereien, die aber auch für etwas anderes standen: eine Atmosphäre des unbedingten Vertrauens in die Kaufmannsehre. Wir haben Millionenbeträge auf Zuruf gehandelt, auf einen Wink hin. Ohne Notar, ohne Anwalt, ohne Unterschrift. Keiner wäre auf die Idee gekommen, nicht zu seinem Wort zu stehen. Egal, wie teuer einen eine Fehlentscheidung gekommen ist. Man hat sich blind darauf verlassen können, dass der andere sich an die Regeln hält, die oftmals nirgends festgeschrieben waren, sondern als »Usancen« wie ungeschriebene Gesetze galten. Einem Kollegen, der einen Fehler gemacht hat, dem hat man, wenn irgend möglich,

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