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Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Titel: Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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Natürlich kommt sie vom Paarungsbankett. Zu keinem anderen Anlass trägt man ein Kleid wie dieses. Ihres ist gelb, so wie das meiner Freundin Em, die damals einen Monat nach mir gepaart wurde.
    Das Mädchen schaut mich unsicher an und senkt dann den Blick auf ihre Hände, als läge dort die Antwort. Tatsächlich tut sie das, irgendwie, in Form eines silbernen Etuis. »Ja«, sagt sie, und ihre Augen leuchten auf. »Natürlich.«
    »Das Bankett konnte nicht in der Stadthalle stattfinden«, sage ich, und zugleich kommt eine andere Erinnerung zurück. »Weil sie renoviert wird.«
    »Stimmt«, sagt das Mädchen, und ihr Vater dreht sich mit besorgtem Gesichtsausdruck in meine Richtung.
    »Wo hat es denn stattgefunden?«, frage ich.
    Statt mir zu antworten, klappt sie das silberne Etui auf und zu. »Es ging alles so schnell«, sagt sie. »Ich muss mir den Mikrochip zu Hause noch einmal ansehen.«
    Ich lächle sie an und sage: »So ging es mir damals auch«, und das stimmt.
    Erinnere dich!
    O nein!
    Ich fahre mit einer Hand in meinen Ärmel und ertaste einen winzigen Papierschnipsel, der zu klein ist, um ein Gedicht zu enthalten. Ich wage es nicht, ihn vor den vielen Leuten im Airtrain herauszuziehen, aber ich glaube, ich weiß, was geschehen ist.
    Damals zu Hause, als meine Eltern und mein Bruder die rote Tablette eingenommen hatten und ich nicht, erschienen sie mir alle so wie ich jetzt. Verwirrt, aber nicht vollkommen ohne Verstand. Sie wussten, wer sie waren, und konnten sich an das meiste in ihrem Leben erinnern.
    Der Airtrain bremst und hält an. Das Mädchen und ihre Verwandten steigen aus. Im letzten Moment schlüpfe ich durch die Türen. Das ist zwar noch nicht meine Haltestelle, aber ich kann nicht länger stillsitzen.
    Die Luft in Central ist feucht und kalt. Ganz dunkel ist es noch nicht, aber ich kann schon die Mondsichel am dunkelblauen Abendhimmel erkennen. Tief ein-und ausatmend gehe ich die Metalltreppe hinunter und bleibe unten etwas abseits stehen, um die anderen Passagiere vorbeizulassen. So heimlich wie möglich ziehe ich im Schatten der Treppe den Papierschnipsel aus dem Ärmel. Darauf steht: Erinnere dich!
    Ich habe die rote Tablette eingenommen. Und sie hat gewirkt.
    Ich bin nicht resistent.
    Ein Teil von mir, ein Quäntchen Hoffnung und Glaube an mich, zerrinnt und verschwindet.
    »Nein!«, flüstere ich.
    Das kann nicht wahr sein. Ich bin resistent gegen die Wirkung der Tablette! Das kann nicht anders sein!
    Tief im Inneren habe ich an meine Resistenz geglaubt. Ich dachte, ich wäre wie Ky, wie Xander und Indie. Schließlich habe ich meine Widerstandsfähigkeit gegen die anderen beiden Tabletten bereits bewiesen. Die blaue habe ich in den Canyons überlebt, auch wenn sie mich hätte töten sollen. Und die grüne habe ich trotz aller Versuchungen nie eingenommen.
    Mein nüchterner Sortiererinnenverstand sagt mir: Du hast dich geirrt. Du bist nicht resistent. Jetzt weißt du es.
    Doch wenn ich nicht resistent gegen die Wirkung bin, was habe ich dann vergessen? Was ist für immer verloren?
    Ich schmecke Tränen. Mit der Zunge fahre ich über die Zähne auf der Suche nach Überresten der Tablette. Beruhige dich. Versuche, dich an so viel wie möglich zu erinnern.
    Bevor ich den Airtrain bestiegen habe, habe ich das Sortierzentrum verlassen. Aber warum war ich so spät noch da? Als ich mich bewege, fühle ich etwas unter meinen Zivilkleidern, und es sind nicht die Gedichte. Ich trage das rote Kleid. Aber warum?
    Weil Ky heute Nacht kommt. Das weiß ich noch.
    Ich lege die Hand auf mein klopfendes Herz und fühle das Flüstern von Papier darunter.
    Ich weiß auch noch, dass ich Gedichte zu verkaufen habe und diese auf der Haut trage.
    Und ich weiß, wie ich diese Gedichte erhalten habe, kurz nachdem ich hier eingetroffen war. Ich weiß es noch ganz genau.

    Einige Tage nach meiner Ankunft in Central ging ich an der weißen Mauer rund um die Sperrzone spazieren. Für einen Moment stellte ich mir vor, wieder in den Canyons zu sein. Die Mauer glich einer Felswand, und die Reihen der Fenster in den gegenüberliegenden Wohnblocks waren die Höhlen der Äußeren Provinzen, Löcher im Gestein, in denen sich die Menschen verstecken, wo sie leben und ihre Kreativität entfalten konnten.
    Aber , das erkannte ich während ich lief, die Mauern der Wohnhäuser sind so glatt, dass nicht einmal die geschickte Indie Halt daran finden würde .
    Die Wiesen der Grünflächen waren schneebedeckt, und die Luft fühlte sich

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