Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Titel: Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
Vom Netzwerk:
an wie in meiner Heimat Oria, feucht und kalt. Auf einer der Grünflächen stand in der Mitte ein Brunnen mit einer Marmorkugel auf einem Podest. Ein Sisyphus-Brunnen , dachte ich und nahm mir vor, bis zum Frühling, wenn das Wasser wieder darüberfloss, von hier fort zu sein.
    Ich dachte an Eli. Central ist seine Heimatstadt. Ob sie für ihn dieselbe Bedeutung hat wie Oria für mich? Ob er sie trotz allem, was geschehen ist, als sein Zuhause betrachtet? Ich sah wieder vor mir, wie Eli zusammen mit Hunter auf die Berge zuwanderte, wo sie die Farmer zu finden hofften, die sich so lange vor der Gesellschaft verborgen hatten.
    Ich fragte mich, ob die Mauer schon stand, als er noch hier wohnte.
    Und ich vermisste ihn fast so sehr, wie ich Bram vermisste.
    Die Äste über mir waren trocken, abgestorben, die kleineren Zweige nackt und kahl. Ich griff nach oben und brach einen Ast ab.
    Ich lauschte. Drang irgendein Lebenszeichen aus dem stillen Mauerkreis? Nein, nichts, man hörte nur das allgegenwärtige Rauschen des Windes in den Bäumen.
    In der Gesellschaft wird niemand laut, nicht einmal in der eigenen Wohnung. Wenn wir schreien, dann nur in unseren Träumen, und ich war mir nie sicher, ob wir nicht selbst dann noch abgehört wurden.
    Ich sah mich aufmerksam um und schrieb dann in den Schnee nahe der Mauer ein E wie Eli.
    Anschließend bekam ich Lust auf mehr.
    Diese Zweige werden meine Knochen sein , dachte ich, und das Papier mein Herz und meine Haut, die empfindlichsten Stellen des Körpers . Ich brach weitere Äste entzwei: ein Schienbein, ein Oberarmknochen, Elle und Speiche, etwa in der Länge meiner Glieder. Ich schob sie in die Hosenbeine und Ärmel meiner Zivilkleider.
    Dann stand ich wieder auf und ging weiter.
    Ein komisches Gefühl, als würden sich meine Knochen außerhalb meines Körpers mit mir zusammen fortbewegen .
    Plötzlich sprach mich jemand von hinten an. »Cassia Reyes?«
    Überrascht drehte ich mich um. Eine Frau sah mich an. Ihr Gesicht war nichtssagend, und sie trug einen grauen Einheitsmantel, genau wie ich. Ihr Haar und ihre Augen waren grau oder braun, schwer zu sagen. Sie sah verfroren aus. Keine Ahnung, wie lange sie mich schon beobachtet hatte.
    »Ich habe etwas, das Ihnen gehört«, sagte sie. »Es ist aus den Äußeren Provinzen für Sie eingetroffen.«
    Ich antwortete nicht. Ky hatte mich gelehrt, dass Schweigen manchmal das Beste war.
    »Ich kann nicht für Ihre Sicherheit garantieren«, fuhr die Frau fort. »Ich garantiere Ihnen nur die Authentizität der Gegenstände. Wenn Sie mir folgen möchten, bringe ich Sie hin.«
    Sie stand von ihrer Bank auf und marschierte los. Bei dem Tempo hätte ich sie im Nu aus den Augen verloren, deswegen folgte ich ihr rasch. Als sie mich hörte, wurde sie langsamer, bis ich aufgeholt hatte. Schweigend gingen wir Straßen entlang, durchquerten Gebäude, streiften die Lichtkegel der Straßenlaternen und gelangten schließlich zu einem weitläufigen, mit Gras überwucherten Schuttgelände, das mit gerolltem Stacheldraht abgesperrt war. Weiße Plastikplanen blähten sich geisterhaft auf und schienen mit den Windböen ein-und auszuatmen.
    Sie duckte sich und kroch durch ein Loch im Zaun, und ich folgte ihr.
    »Bleiben Sie dicht bei mir!«, mahnte sie. »Das hier ist eine ehemalige RestaurationsBaustelle mit lauter tiefen Löchern.«
    Während ich ihr folgte, erkannte ich voller Aufregung, wohin wir unterwegs waren: zum wahren Versteck der Archivisten. Das Museum diente nur dazu, oberflächliche, weniger wichtige Geschäfte abzuwickeln. Ich begab mich nun also an den Ort, wo sie ihre Waren lagerten und wo sie sich trafen, um Gedichte, Dokumente, Informationen und wer weiß was sonst noch auszutauschen. Während ich den Löchern im Boden auswich und dem Rascheln des Windes in den Plastikplanen lauschte, wusste ich, dass ich mich eigentlich hätte fürchten sollen, und tief im Inneren tat ich es auch.
    »Ab hier muss ich Ihnen leider die Augen verbinden«, sagte die Frau, als wir die Mitte des Geländes erreicht hatten, und zog ein dunkles Tuch hervor.
    Ich kann nicht für Ihre Sicherheit garantieren.
    »Einverstanden«, sagte ich und drehte mich mit dem Rücken zu ihr.
    Als sie fertig war, fasste sie mich an den Schultern und sagte: »Jetzt drehe ich Sie im Kreis.«
    Unwillkürlich musste ich auflachen und sagte: »Das ist ja wie früher in der Schule!« Ich dachte daran, wie wir uns als Kinder die Augen zugehalten und in den Pausen auf den Wiesen der

Weitere Kostenlose Bücher