Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Feindesland, die die Gesellschaft vergiftet hatte.
Wer vergiftet die Gewässer der Gesellschaft?
Ich zittere ein wenig und schlage die Arme noch enger um mich. Das Papier unter meinen Kleidern raschelt.
Unter all dem Tod sind irgendwo auf dem Grund des Sees meine Gedichte vergraben. Das Wasser ist noch eiskalt, obwohl der Frühling schon begonnen hat. Wenn ich die Gedichte jetzt schon heraushole, kann ich nicht sehr lange auf Ky warten.
Was, wenn er kommt und ich schon durchgefroren nach Hause gegangen bin?
Kapitel 6
Ky
Wir nähern uns Grandia. Es wird Zeit, Indie in meine Pläne einzuweihen.
Im Cockpit und auch im Frachtraum befinden sich Mikrophone, so dass sowohl unser Flottenkommandant als auch Caleb alles mithören können. Deshalb muss ich Indie meine Botschaft schriftlich übermitteln. Ich hole ein geschwärztes Aststückchen und eine Speisesaal-Serviette aus meiner Jackentasche. Diese Dinge habe ich immer bei mir. Schließlich könnte sich jederzeit eine Gelegenheit bieten, Cassia zu schreiben.
Indie sieht mit hochgezogenen Augenbrauen zu mir herüber. Mit den Lippen formt sie stumm die Frage: »An wen schreibst du?«
Ich deute auf sie, und ihr Gesicht hellt sich auf.
Ich überlege, wie ich es am besten anstelle, sie zu überzeugen. In den Canyons habe ich gesagt, wir sollten versuchen, alles hinter uns zu lassen. Weißt du noch? Lass es uns jetzt tun!
Sollte Indie bereit sein, mich zu begleiten, finden wir vielleicht einen Weg, Cassia zu holen und mit dem Schiff zu entkommen. Doch kaum habe ich das erste Wort geschrieben – In – erfüllt eine Stimme das Cockpit.
»Hier spricht Ihr Chefpilot.«
Seine Stimme kommt mir vertraut vor, obwohl ich sie noch nie zuvor gehört habe. Indie holt tief Luft, und ich stecke rasch Stöckchen und Papier ein, als könne uns der Chefpilot beobachten. Seine Stimme klingt voll und melodisch, angenehm und kräftig. Sie dringt aus dem Control Panel, aber die Übertragungsqualität ist viel besser als sonst, so als stünde er unmittelbar neben uns.
»Ich bin zugleich der Steuermann der Erhebung.«
Indie und ich sehen einander an. Sie hat recht behalten, aber aus ihrem Gesicht spricht nicht etwa Triumph – nur tiefe Überzeugung.
»Bald werde ich zu den Bewohnern aller Provinzen sprechen«, fährt der Steuermann fort, »doch ihr als Vorreiter der Erhebung solltet als Erste von mir erfahren. Ihr seid hier, weil ihr euch für die Erhebung entschieden und euch um diese Rebellion verdient gemacht habt, doch auch wegen einer weiteren wichtigen Eigenschaft, die jedoch nicht euer Verdienst ist.«
Ich blicke hinüber zu Indie. Sie strahlt und sieht wunderschön aus. Sie glaubt an den Steuermann. Kann ich es auch, jetzt, nachdem ich seine Stimme gehört habe?
»Die rote Tablette wirkt bei euch nicht«, fährt der Steuermann fort. »Ihr besitzt Erinnerungen, die die Gesellschaft auslöschen wollte. Wie einige von euch seit langem vermuten, ist dies das Werk der Erhebung – wir haben dafür gesorgt, dass ihr gegen die Wirkung der roten Tablette resistent seid. Doch das ist nicht alles. Ihr seid außerdem immun gegen die Viren einer Krankheit, die zu diesem Zeitpunkt die Bevölkerung der Städte und Vororte aller Provinzen bedroht und heimsucht.«
Eine Krankheit? Davon höre ich zum ersten Mal! Das gefällt mir nicht. Was bedeutet das für Cassia?
»Einige von euch haben sicher schon von der Seuche gehört.«
Indie dreht sich zu mir um und sieht mich fragend an.
Ich will schon den Kopf schütteln, da fällt mir ein, dass ich vielleicht doch schon einmal davon gehört habe. Die geheimnisvolle Krankheit, an der Elis Eltern gestorben sind!
Eli , forme ich mit den Lippen, und Indie nickt.
»Die Gesellschaft hat die Seuche als Kampfmittel gegen den Feind entwickelt«, fährt der Steuermann fort. »Sie hat die Gewässer im Feindgebiet teils vergiftet, teils mit Viren verseucht. Dadurch und durch die Luftangriffe wurde der Feind vollständig vernichtet. Doch die Gesellschaft gab vor, der Feind existiere noch, um ihn für die andauernden Verluste unter den Bewohnern der Äußeren Provinzen verantwortlich zu machen.
Einige von euch sind in den Lagern gewesen. Ihr wisst, dass die Gesellschaft plante, Aberrationen und Anomalien auszurotten. Euer Sterben und die Informationen, die sie daraus bezog, nutzte sie als eine letzte Datenbank des Todes.«
Stille. Wir alle wissen, dass er die Wahrheit sagt.
»Wir hätten euch gerne eher gerettet«, setzt der Steuermann seine Rede
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