Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
fort. »Aber wir waren noch nicht bereit. Wir mussten warten. Doch wir haben euch nicht vergessen.«
Ach, wirklich? , hätte ich am liebsten gerufen, und etwas von meiner alten Verbitterung gegenüber der Erhebung steigt wieder in mir auf. Ich umklammere die Armlehne meines Sitzes und starre grimmig hinaus in die Nacht.
»Als die Gesellschaft damals das Virus als Kampfmittel entwickelte«, ertönt die Stimme des Steuermannes, »gab es Einwände vonseiten der Wissenschaftler. Sie befürchteten, dass trotz aller Sicherheitsvorkehrungen das verdunstende Wasser aus den vergifteten Flüssen das Virus noch in sich tragen und diesen mit dem Regen in unser Gebiet bringen könnte. Daraus entwickelte sich ein Konflikt zwischen den Wissenschaftlern der Gesellschaft, und viele von ihnen schlossen sich heimlich der Erhebung an. Einige Wissenschaftler entwickelten ein Medikament, das resistent gegen die Wirkung der roten Tablette und gegen die Seuche macht. Anfangs hatten wir jedoch nicht die Mittel, es allen zu verabreichen, und mussten eine Auswahl treffen. Und ihr wart die Auserwählten!«
»Er hat uns auserwählt!«, flüstert Indie.
»Ihr könnt euch an alles erinnern, was euch die Gesellschaft vergessen machen wollte, und ihr seid immun gegen den Erreger der Seuche. Wir haben euch zweifach geschützt.« Der Steuermann hält inne. »Ihr habt von Anfang an gewusst, dass ihr für den wichtigsten Einsatz überhaupt ausgebildet wurdet, nämlich die Erhebung anzuführen. Doch ihr wusstet nicht genau, woraus eure Ladung bestehen würde: Ihr bringt das Heilmittel!«, verkündet er. »Eskortiert von den Kampfschiffen bringen die Frachtschiffe in diesem Moment Heilmittel in die am schlimmsten betroffenen Städte – Central, Grandia, Oria und Arcadia.«
Central gehört zu den am schlimmsten betroffenen Städten. Ob Cassia krank ist? Wir haben nie herausgefunden, ob die rote Tablette bei ihr wirkt oder nicht. Ich glaube nicht, dass sie resistent dagegen ist.
Warum ist die Seuche bloß an so vielen Orten gleichzeitig ausgebrochen? Die größten Städte sollen alle zugleich betroffen sein? Hätte die Seuche sich nicht allmählich verbreiten müssen, anstatt überall zeitgleich aufzuflammen?
Das ist eine Frage für Xander. Ich wünschte, ich könnte ihn erreichen.
Indie wirft mir einen Seitenblick zu. »Nein!«, sagt sie, denn sie kann meine Gedanken lesen. Sie weiß, dass ich um jeden Preis zu Cassia will.
Sie hat recht. Genau das will ich. Und wenn es nur um mich ginge, würde ich es riskieren und versuchen, vor der Erhebung zu fliehen.
Doch es geht nicht nur um mich.
»Viele von euch«, fährt der Steuermann fort, »fliegen im Team mit einer bekannten Person, und das nicht ohne Grund. Denen unter euch, die noch Freunde und Angehörige innerhalb der Gesellschaft haben, muss es schwerfallen, nicht zuerst ihnen das Heilmittel zu bringen. Doch wir dürfen den Erfolg unserer Mission nicht gefährden, weshalb wir jeden abschießen müssen, der vom vorgegebenen Kurs abweicht.«
Eine kluge Taktik. Man hat mich mit dem einzigen Menschen im Lager eingeteilt, an dem mir wirklich etwas liegt. Was beweist, dass Zuneigung verletzlich macht. Doch obwohl ich das seit Jahren weiß, kann ich mich nicht vollständig abschotten.
»Wir haben eine ausreichende Menge des Heilmittels, aber keine Reserven. Bitte vergeudet nichts davon – es haben sich viele dafür aufgeopfert.«
Diese perfekt ausgeklügelte Strategie – die Bildung der Teams, die Produktion einer exakt berechneten Menge des Heilmittels … »Das klingt doch verdächtig nach der Gesellschaft«, sage ich laut.
»Wir haben nichts mit der Gesellschaft zu tun«, sagt der Steuermann. »Aber bevor wir die Menschen befreien können, müssen wir sie zuerst retten.«
Indie und ich starren uns an. Hat der Steuermann mir gerade geantwortet? Indie schlägt die Hand vor den Mund, und ich muss seltsamerweise ein Lachen unterdrücken.
»Die Gesellschaft hat Barrikaden und Mauern errichtet, um die Krankheit unter Kontrolle zu halten«, fährt der Steuermann fort. »Man hat die Infizierten in Krankenhäusern und – aus Platzmangel – schließlich sogar in Regierungsgebäuden isoliert.
Die letzten paar Tage haben einen Wendepunkt gebracht. Wir haben die Bestätigung erhalten, dass die Anzahl der Kranken ein kritisches Maß erreicht hat. Heute Abend sind in der ganzen Gesellschaft die Paarungsbankette gescheitert, von Camas bis nach Central und darüber hinaus. Bis zuletzt hat die
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