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Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Titel: Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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alt, und als ich ihm beruhigend die Hand tätschele, fühlt sich seine Haut dünn und pergamentartig an. In der Gesellschaft hätte er wahrscheinlich nur noch wenige Jahre zu leben gehabt, doch wer weiß? Vielleicht bleibt ihm noch viel Zeit. Doch dafür müssen wir ihn erst einmal vor der Seuche retten.
    »Versprechen Sie mir das?«, fragt er. »Geben Sie mir Ihr Wort als Arzt!«
    Ich gebe ihm mein Versprechen.
    Ich schließe ihn an den Apparat an, der seine Vitalfunktionen misst und Alarm auslöst, falls sein Herzschlag oder seine Atmung aussetzen. Dann nehme ich mir den nächsten Patienten vor. Wir können nur Schritt halten, wenn wir ununterbrochen durcharbeiten.
    Die Seuche ist früher ausgebrochen, als die Erhebung erwartet hatte. Zwar hat die Übernahme der Gesellschaft im Allgemeinen gut funktioniert, aber leider nicht völlig reibungslos. Die Leute haben die Erhebung akzeptiert, weil sie ihnen Heilung versprochen hat, und darauf beruht im Augenblick ihre Loyalität. Dennoch gibt es noch immer Sympathisanten der Gesellschaft und viele, die einfach nur zutiefst verängstigt sind von den momentanen Ereignissen. Sie trauen niemandem, und das wollen wir ändern. Je mehr Kranke wir heilen können, desto besser. Dann werden alle einsehen, dass wir gekommen sind, um ihnen zu helfen.
    »Carrow!«, ertönt die Stimme des Chefarztes über mein Miniterminal. »Im Konferenzsaal versammelt sich eine neue Gruppe und wartet auf Ihre Willkommensansprache.«
    »Bin schon unterwegs«, antworte ich. Die Willkommensansprachen zu halten, ist Teil meiner Aufgabe. Danach ist meine Schicht zu Ende, und man wird mich nur im Notfall rufen. Auf dem Weg hinaus nicke ich den diensthabenden Krankenschwestern zu. »Bis morgen.«
    Ich schließe mich den anderen an, die zum Konferenzsaal streben. Nach ein paar Schritten spricht mich jemand an. »Carrow!« Zahlreiche Gestalten in Schwarz hasten durch den Flur, und es dauert einen Moment, bis ich entdecke, wer mich gerufen hat. Dann sehe ich sie.
    »Funktionärin Lei!«, rutscht es mir heraus, obwohl es jetzt nur noch »Lei« heißt. Die Erhebung hat alle Titel abgeschafft, und wir verwenden nur noch die Nachnamen. Es ist schon zwei Monate her, seit ich sie zum letzten Mal gesehen habe, kurz nach Ausbruch der Seuche. Da steckte sie noch in einer Quarantänekabine. Doch sie musste nicht mehr lange aushalten, denn die Erhebung ließ alle gehen, sobald die Städte und Vororte gesichert waren. Dennoch: Ich bin einfach fortgegangen und habe sie dort zurückgelassen.
    Ich setze zu einer Entschuldigung an, doch sie winkt ab und sagt: »Sie haben getan, was Sie tun mussten. Schön, Sie zu sehen.«
    »Ich freue mich auch. Besonders, weil wir uns hier begegnen. Sie haben sich also auch der Erhebung angeschlossen?«
    »Ja, aber ich befürchte, ich brauche Ihre Hilfe, um hier bleiben zu können.«
    »Was kann ich für Sie tun?«
    »Ich habe gehofft, dass Sie für mich bürgen würden«, sagt sie. »Wenn nicht, kann ich nicht bleiben.«
    Jedes Mitglied der Erhebung kann nur für drei andere bürgen. Natürlich möchten wir, dass irgendwann alle dazugehören, doch im Augenblick müssen wir vorsichtig sein. Eine Bürgschaft darf man nicht auf die leichte Schulter nehmen. Ich wollte meine drei Optionen für meine Eltern aufsparen und für Cassia, falls ich mich geirrt habe und sie sich nicht der Erhebung angeschlossen hat. Wenn sich derjenige, für den man gebürgt hat, als Verräter entpuppt, wird gegen den Bürgen genauso ermittelt wie gegen den Verräter selbst. Inwieweit kann ich Lei trauen?
    Als ich Lei fragen will, ob niemand sonst für sie bürgen könnte, sehe ich am angespannten Zug um ihren Mund und ihrer Haltung – noch aufrechter als gewöhnlich –, dass es niemanden sonst gibt. Sie sieht mich unverwandt an. Ich hatte ganz vergessen, dass wir fast gleich groß sind.
    »Natürlich«, sage ich. Mir bleiben noch zwei Bürgschaften übrig. Falls ich mich wirklich in Cassias Fall geirrt haben sollte, kann mein Bruder Tannen für meinen Vater oder meine Mutter eintreten. Das hat er wahrscheinlich sowieso vor. Wieder einmal wünschte ich, ich hätte zu Hause mit ihm über die Erhebung gesprochen. Meine Eltern haben sich ihr zwar nicht angeschlossen, aber ich weiß, was sie sich für meinen Bruder und mich gewünscht hätten.
    Lei legt die Hand auf meinen Arm, ganz kurz nur. »Danke.« Ihre schöne Stimme klingt aufrichtig bewegt und ein wenig überrascht. Sie hat nicht damit gerechnet, dass ich es tun

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