Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Steuermann fort. »Die Gesellschaft hat sie erschaffen und die Gewässer des Feindes damit kontaminiert.«
Der Steuermann streut seine Worte in die Stille aus wie sorgfältig ausgewählte Samen, legt sie in vorbereitete Löcher wie Blumenzwiebeln. Die Erhebung hat diese Hohlräume geschaffen , geht es mir durch den Kopf, und füllt sie jetzt aus. Dies ist der Moment ihrer Machtergreifung .
Auf dem Terminal ist jetzt zu sehen, wie jemand die Stufen zur zentralen Stadthalle emporsteigt. Trotz der nächtlichen Stunde kann man alles klar und deutlich erkennen, und obwohl das Gebäude nicht durch Festbeleuchtung erhellt wird, erinnern mich die Marmorstufen und die einladend geöffneten Türen an mein Paarungsbankett. Vor nicht einmal einem Jahr bin ich solche Stufen in Oria hinaufgeschritten. Doch was geht jetzt in diesen Hallen überall in der Gesellschaft vor sich?
Die Kamera folgt der Person hinein.
»Der Feind ist geschlagen«, spricht der Steuermann. »Doch die Seuche, die die Gesellschaft dem Feind geschickt hat, hat überlebt und auf uns übergegriffen. Seht euch an, was in der Hauptstadt der Gesellschaft, in Central, geschieht. Hier ist die Seuche zuerst aufgetreten. Die Krankenhäuser sind überfüllt, Patienten müssen in Verwaltungsgebäude und Wohnhäuser ausgelagert werden.«
Die Festhalle ist bis in den letzten Winkel mit Kranken gefüllt.
Dann geht unser Blick wieder hinaus, und man schaut von oben auf die weiße Begrenzungsmauer, die die Stadthalle umgibt.
»Solche Barrikaden wurden mittlerweile in allen Provinzen errichtet«, erzählt der Steuermann. »Die Gesellschaft hat versucht, die Ausbreitung der Seuche zu verhindern, doch es ist ihr nicht gelungen. Es sind so viele erkrankt, dass die Gesellschaft ihre wichtigsten Anlässe nicht mehr feiern kann. Heute Abend sind die Paarungsbankette gescheitert. Einige von euch werden das bereits erfahren haben.«
Ich trete ans Fenster und sehe Bewegung.
Die Erhebung ist hier, sie verbirgt sich nicht länger. Ihre Schiffe fliegen über uns hinweg, ihre schwarzen Uniformen sind mitten unter uns. Wie viele Kämpfer sind bereits gelandet? Wie viele verdeckte Mitglieder haben sich lediglich andere Kleidung angezogen? Wie tief und gründlich hat die Erhebung Central infiltriert? Warum weiß ich so wenig darüber, was gerade vor sich geht? Liegt es daran, dass mir die Gesellschaft meine Erinnerungen genommen hat, oder hat mich die Erhebung nicht ausreichend informiert?
»Als die Seuche entwickelt wurde«, fährt der Steuermann fort, »haben manche unter uns diesen Lauf der Dinge vorausgesehen. Daher konnten wir einige von euch rechtzeitig immunisieren. Für alle anderen haben wir ein Heilmittel.«
Die Stimme des Steuermannes wird jetzt gefühlvoller, überzeugender, intensiver. Sie ertönt voller und füllt unsere innere Leere und unsere Herzen aus. »Das Gute am System der Gesellschaft, das Positive unserer Lebensweise, möchten wir bewahren. Wir wollen nicht alles aufgeben, was ihr durch harte Arbeit erschaffen habt. Nur das, was am alten System krank war, wollen wir eliminieren.
Diese Rebellion«, spricht der Steuermann weiter, »ist anders als alle anderen im Laufe der Geschichte. Sie wird damit beginnen und damit enden, dass wir euch retten und nicht euer Blut vergießen.«
Ich weiche zur Tür zurück. Ich möchte loslaufen. Ich muss versuchen, Ky zu finden. Vielleicht ist er deswegen heute Abend nicht zum See gekommen. Weil er sich nicht absetzen konnte. Aber er könnte sich jetzt trotzdem noch irgendwo hier in Central aufhalten.
»Wir bedauern zutiefst«, fährt der Steuermann fort, »dass wir nicht einschreiten konnten, bevor es Todesfälle gab. Bisher war die Gesellschaft stärker als wir. Doch jetzt können wir euch alle retten!«
Eine Person in schwarzer Uniform kommt ins Bild. Sie öffnet eine Kiste, die mit kleinen roten Röhrchen gefüllt ist.
Wie die Röhrchen in der Höhle , denke ich wieder, nur, dass sie leuchtend blau waren .
»Das ist das Heilmittel«, sagt der Pilot. »Jetzt haben wir endlich genug für alle.«
Der Mann auf dem Terminal greift in die Kiste, holt ein Röhrchen heraus und zieht den Verschluss ab. Darunter steckt eine Nadel. Mit den geübten, ruhigen Gesten eines Medics steckt er die Nadel in einen Schlauch. Mir stockt der Atem.
»Obwohl diese Krankheit nicht dramatisch aussieht«, fährt der Steuermann fort, »ist sie gefährlich. Ohne Behandlung schreitet der körperliche Verfall rasch fort. Die Patienten
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