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Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)

Titel: Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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verlässt mich schon seit Tagen nicht mehr.
    Die meisten Mitarbeiter des medizinischen Zentrums haben inzwischen herausgefunden, dass diejenigen von uns, die das kleine rote Mal tragen, zu den Ausnahmen gehören, die die Erhebung als Erste immunisiert hat. Die Theorie des Virologen hat sich bestätigt. Wer das Glück hatte, in einem frühen Stadium mit dem lebenden Virus infiziert worden zu sein, trägt das rote Mal auf dem Rücken und ist gegen die Mutation geschützt. Die Erhebung hat nicht öffentlich bekanntgemacht, was es mit dem Mal auf sich hat, aus Besorgnis darüber, wie die Reaktion in der Bevölkerung ausfallen könnte. Außerdem wird mit Hochdruck an einem Heilmittel gearbeitet.
    Das alles ist zu viel für einen Steuermann alleine.
    Wieder einmal ist mir das Glück treu geblieben, und das Mindeste, was ich tun kann, ist, die Stellung zu halten. Meine Bewunderung gilt Leuten wie Lei. Sie wissen, dass sie nicht immun sind, und trotzdem bleiben sie, um den Patienten zu helfen.
    Ich gehe von Bett zu Bett bis zum letzten Patienten, Nummer 100, der rau und rasselnd atmet. Ich versuche, die Gedanken daran zu verdrängen, inwiefern das Heilmittel die Mutation verursacht haben könnte, oder wo meine Verwandten und Cassia jetzt sind. Ich habe sie bereits im Stich gelassen. Meine Patienten kann ich nicht auch noch verlassen.

    Nach der Arbeit finde ich Lei nicht auf dem Hof, daher übertrete ich die Vorschriften und suche sie im Schlafsaal. Auch dort ist sie nicht.
    Fortgegangen ist sie auch nicht. Wo kann sie also sein?
    Als ich an der dunklen Cafeteria vorbeikomme, sehe ich einen Lichtschein. Das Terminal ist eingeschaltet. Wer könnte sich dort drinnen aufhalten? Hält der Steuermann eine Ansprache? Diese verfolgen wir normalerweise gemeinsam auf einem der großen Terminals. Als ich die Tür öffne, zeichnet sich Leis Gestalt im Lichtschein ab. Beim Näherkommen stelle ich fest, dass sie sich die Hundert Bilder ansieht.
    Ich will sie schon ansprechen, bleibe jedoch noch einen Moment stehen und beobachte sie. Noch nie habe ich jemanden die Bilder so intensiv betrachten sehen wie sie. Mal beugt sie sich nach vorn, mal tritt sie ein paar Schritte zurück.
    Sie ruft ein neues Bild auf, hält den Atem an und legt eine Hand auf den Bildschirm. So bleibt sie stehen, bis ich mich schließlich räuspere. Sie wirbelt herum. Vor dem Hintergrund des erleuchteten Bildschirms kann ich ihr Gesicht kaum erkennen.
    »Kannst du immer noch nicht schlafen?«, frage ich sie.
    »Nein«, sagt sie. »Dies ist die beste Medizin, die ich gefunden habe. Wenn ich im Bett liege, versuche ich, mir die Bilder noch einmal genau vorzustellen.«
    »Du betrachtest sie ja sehr eingehend«, bemerke ich ein wenig scherzhaft. »Dabei musst du sie doch schon oft gesehen haben.«
    Sie druckst herum, als wolle sie mir etwas beichten. Dann sagt sie: »Aber nicht dieses hier«, und tritt beiseite, damit ich es sehen kann.
    »Das ist Nummer siebenundneunzig«, stelle ich fest. Das Bild zeigt ein Mädchen in einem weißen Kleid im Sonnenschein, umgeben von Wasser.
    »Bisher ist es mir wohl noch nie richtig aufgefallen«, sagt Lei und klingt, als wolle sie die Unterhaltung damit beenden. Als schließe sie eine Tür. Was habe ich nur falsch gemacht? Aus irgendeinem Grund möchte ich die Tür wieder öffnen. Ich unterhalte mich ständig mit allen hier, Patienten, Ärzten, Medics und Krankenschwestern, aber bei Lei ist es etwas anderes. Wir beide haben schon unter anderen Umständen zusammengearbeitet.
    »Was gefällt dir so besonders daran?«, frage ich, um sie wieder zum Reden zu bringen. »Ich zum Beispiel finde es spannend, dass man nicht genau feststellen kann, ob das Mädchen im Wasser oder am Ufer steht. Und was tut sie da? Das habe ich nie herausgefunden.«
    »Sie fischt«, antwortet Lei. »Sie hält ein Netz in der Hand.«
    »Hat sie etwas gefangen?«, frage ich und sehe genauer hin.
    »Schwer zu sagen.«
    »Deshalb gefällt dir das Bild also«, sage ich mit dem Gedanken an die Geschichte, die mir Lei von den Fischen erzählt hat, die den Fluss in Camas heraufschwimmen. »Wegen der Fische.«
    »Stimmt«, sagt Lei. »Und deswegen.« Sie deutet auf einen kleinen weißen Fleck am oberen Bildrand. »Ist das ein Boot? Oder spiegeln sich die Sonnenstrahlen auf dem Wasser? Und hier, sieh mal«, sagt sie und zeigt auf einige dunklere Flecken. »Wir wissen nicht, was diese Schatten wirft. Man kann nur erahnen, was sich außerhalb des Bildausschnitts befindet.

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