Cassia & Ky – Die Ankunft: Band 3 (German Edition)
Boden in die Wand eingeritzt ist:
l
L , wie Lieferung?
Ich lächle in mich hinein. Überall erkenne ich Buchstaben! Dabei ist es vielleicht nur ein Kratzer, der durch das Schieben und Schaben der Frachtkisten entstanden ist. Doch je öfter ich mit dem Finger darüberfahre, desto überzeugter bin ich, dass er absichtlich hineingeritzt wurde. Ich versuche, noch mehr zu entdecken, aber ich kann die Arme nicht weiter ausstrecken, solange ich angeschnallt bin.
Ich löse den Gurt und schleiche weiter die Wand entlang. Ich fühle weitere Striche, alle in einer Reihe hintereinander.
llllll
Dieser Buchstabe muss etwas bedeuten, wenn er so oft hintereinander geritzt wurde , denke ich bei mir, aber dann fällt mir ein, es könnten Kerben sein. Wie die, von denen mir Ky erzählt hat. Die Lockvögel haben sie in ihre Stiefel geritzt, um ihre Überlebenszeit in den Arbeitslagern zu markieren.
Ich denke daran, was Ky mir über seinen Freund Vick erzählt hat, der an jedem Tag eine Kerbe in seinen Stiefel ritzte, den er ohne seine Liebe verbringen musste.
Ky und ich haben ebenfalls Markierungen hinterlassen, die Fähnchen auf dem Hügel, Gedichte und unsere eigenen Worte. Wer immer diese Kerben hinterlassen hat, hat Zeit gemessen und auf etwas gewartet.
Als ich mit den Fingern über jeden kleinen Kratzer im Metall fahre, zähle ich in Gedanken die Teile der Galerie ab, die in den Himmel gehoben wurden. Ob nach dem Absetzen in der Innenstadt noch ein paar von unseren Kunstwerken an den Wänden hängen?
Die Tür zum Frachtraum wird geöffnet, und Indie winkt mich zu sich.
Das Schiff fliegt auf Autopilot. Indie setzt sich wieder ans Control Panel und bedeutet mir, neben ihr Platz zu nehmen. Ich tue es mit klopfendem Herzen. Bisher konnte ich auf meinen Flügen nie etwas sehen, und mir wird etwas schwindelig, als ich auf die Landschaft unter mir blicke.
Das habe ich also verpasst?
Die Sterne scheinen hinunter zur Erde geschwebt zu sein, und schwarze Meereswogen verschmelzen mit dem Horizont, reglos, kaum sichtbar, außer dort, wo die ersten Strahlen der Morgensonne sie erhellen.
Da sind Berge! Die Meereswogen sind Berggipfel und die Sterne Lichter in Häusern entlang der Straßen. Die Erde reflektiert den Himmel, der Himmel berührt die Erde, und wenn wir Glück haben, erkennen wir für einen Moment, wie klein wir sind.
Danke! , möchte ich Indie zurufen. Danke, dass du mich beim Fliegen hinausschauen lässt. Darauf habe ich so lange gewartet!
Kapitel 21
Xander
Patient Nummer 73: unverändert schlechter Zustand
Patientin Nummer 74: unverändert schlechter Zustand
Moment, das ist ein Fehler! Patientin Nummer 74 habe ich doch noch gar nicht untersucht. Ich lösche den Eintrag und schließe Patientin Nummer 74 an die Messgeräte an. Das Display leuchtet auf, und Zahlen erscheinen. Die Milz der Frau ist vergrößert, daher drehe ich sie bei der Untersuchung besonders behutsam um. Ihr Rücken ist mit Beulen bedeckt, und als ich ihr mit der Lampe in die Pupillen leuchte, zeigen diese keine Reaktion.
Patienten Nummer 74: unverändert schlechter Zustand .
Ich gehe zum nächsten Patienten und sage beruhigend: »Ich werde Sie jetzt noch einmal untersuchen. Es passiert nichts, keine Sorge.«
Seit Wochen hat sich der Zustand keines unserer Patienten verbessert. Die roten Striemen entlang der entzündeten Nerven entwickeln sich zu Beulen, die extrem schmerzhaft wären, wenn die Kranken etwas spüren könnten. Wir glauben zwar nicht, dass sie etwas merken, sind uns aber nicht sicher.
Nur wenige von uns sind nicht erkrankt. Wegen des Personalmangels muss auch ich als Arzt mich um die Sondenernährung kümmern und die Katheter wechseln, Vitalfunktionen messen und die Patienten untersuchen. Anschließend schlafe ich ein paar Stunden, dann beginnt alles wieder von vorn.
Inzwischen werden nur noch selten neue Patienten eingeliefert, im Grunde nur die erkrankten Mitarbeiter. Wir haben keinen Platz mehr für andere, weil keine Patienten entlassen werden. Früher war ich stolz darauf, wie schnell unsere Patienten in die Rehabilitation geschickt werden konnten. Jetzt bin ich froh, wenn ich so viele wie möglich hierbehalten kann. Denn wenn ein Patient uns verlässt, ist er tot.
Wenn ich diesen Rundgang beendet habe, kann ich mich ausruhen. Bestimmt schlafe ich schnell ein. Ich bin erschöpft. Wenn ich es nicht besser wüsste, könnte ich glauben, ich sei selbst an der neuen Form der Seuche erkrankt. Doch diese starke Müdigkeit
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