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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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drin sein, bevor es hell wird.«
    Sie hat recht. Ich werfe einen letzten Blick auf den Jungen, der immer kleiner wird und sich schneller fortbewegt, als ich für möglich gehalten hätte. Ich wünschte, ich hätte mich bei ihm bedanken können.
     
    Ich klettere Indie hinterher und stolpere in den Canyon hinein, in dem hoffentlich auch Ky vor zwei Tagen verschwunden ist. Ich lasse die Gesellschaft, Xander, meine Familie und mein Leben, wie ich es kannte, hinter mir. Und auch den Jungen, der uns hierhergeführt hat, und das Licht, das über dieses Land kriecht, das den Himmel blau und die Steine rot färbt, das Licht, das unseren Tod herbeiführen könnte.

Kapitel 11 KY

    Ich habe mit Patrouillen in der Schlucht gerechnet. Ich habe gedacht, wir müssten unterwegs Posten bestechen und um freies Geleit betteln – wie mein Vater, als er zum ersten Mal hier war. Aber es ist niemand da. Zuerst empfinde ich die Stille als beunruhigend. Doch dann bemerke ich, dass es in den Canyons vor Leben wimmelt. Schwarze Raben kreisen über uns und schreien hinunter in die Schluchten. Auf dem Boden liegen die Exkremente von Kojoten, Eselhasen und Hirschen, und ein winziger grauer Fuchs flüchtet, als wir hinunter an den Bach zum Trinken gehen. Ein kleiner Vogel sucht Schutz in einem Baum, in dessen Stamm eine lange dunkle Wunde klafft. Es sieht aus, als sei dieser Baum einmal vom Blitz getroffen worden, aber um das verbrannte Holz herum weitergewachsen.
    Noch immer keine Spur von Menschen.
    Was ist mit den Anomalien geschehen?
    Der Bach schwillt an, je weiter wir in die Klamm vordringen. Ich balanciere über die runden, glattgewaschenen Steine an seinem Ufer, und wir versuchen, so wenige Fußspuren wie möglich zu hinterlassen. Mein Vater erzählte mir, dass er im Sommer, gestützt auf einen Spazierstock, mitten durch den Bachlauf wanderte.
    Doch jetzt ist das Wasser zu kalt dafür. Dünnes Eis wächst von den Rändern aus zur Mitte. Ich blicke mich um und frage mich, was mein Vater im Sommer hier gesehen haben mag. Struppige kleine Bäume, die jetzt kahl sind, müssen voll belaubt gewesen sein, zumindest so, wie Pflanzen in der Wüste werden. Die Sonne musste heiß hinuntergebrannt haben und das kühle Wasser eine Wohltat für die Füße gewesen sein. Und Fische waren vor seinen Zehen davongehuscht.

    Am dritten Morgen ist der Boden mit Raureif bedeckt. Ich habe bisher keinen Feuerstein gefunden, um ein Feuer zu entfachen. Ohne unsere Mäntel wären wir erfroren.
    Als könne er meine Gedanken lesen, sagt Eli: »Wenigstens hat uns die Gesellschaft die Mäntel gegeben. Ich habe noch nie einen gehabt, der mich so warm gehalten hat.«
    Vick stimmt ihm zu. »Die haben fast Militärqualität. Warum hat die Gesellschaft sie wohl an uns vergeudet?«
    Als ich ihnen zuhöre, wird mir klar, was mich im Unterbewusstsein schon die ganze Zeit gestört hat.
Irgendetwas stimmt nicht mit diesen Mänteln!
    Ich schlüpfe aus meinem heraus und zittere im eiskalten Wind, aber meine Hände sind ruhig, als ich ein scharfkantiges Stück Achat heraushole, das ich unterwegs eingesteckt habe.
    »Was machst du da?«, fragt Vick.
    »Ich schneide meinen Mantel auf.«
    »Kannst du mir verraten warum?«
    »Ich werd’s dir zeigen.« Ich breite den Mantel aus wie den Kadaver eines Tieres und beginne mit einem Einschnitt. »Die Gesellschaft vergeudet nichts einfach so«, erkläre ich. »Also muss es einen Grund dafür geben, warum wir die hier haben.« Ich schlage den Futterstoff zurück.
    Isolierte Drähte – manche blau, manche rot – ziehen sich wie Adern durch das Innenfutter.
    Vick flucht und macht Anstalten, seinen Mantel herunterzureißen. Ich hebe die Hand, um ihn aufzuhalten. »Warte. Wir wissen noch nicht, wozu sie gut sind.«
    »Wahrscheinlich Peilsender«, meint Vick. »Damit die Gesellschaft jederzeit weiß, wo wir sind.«
    »Könnte sein, aber du kannst dich genauso gut warm halten, während ich das überprüfe.« Ich ziehe an den Drähten und denke daran, wie mein Vater das zu tun pflegte. »Die Drähte kommen mir bekannt vor«, erkläre ich. »Die Mäntel haben einen eingebauten Heizmechanismus. Deswegen halten sie so warm.«
    »Und was sonst noch?«, fragt Vick. »Warum will die Gesellschaft uns wärmen?«
    »Damit wir die Mäntel anbehalten«, antworte ich und betrachte das Netz von blauen Drähten, das sich fein säuberlich an dem Netz der roten Verdrahtung entlangzieht. Die blauen verlaufen vom Kragen aus an den Ärmeln entlang bis zu den

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