Cassia & Ky – Die Flucht
ärgerlich. »Warum hast du den anderen Lockvögeln nichts davon erzählt? Vielleicht hätten wir etwas unternehmen können!«
»Was denn?«, frage ich Eli müde. »Vick und ich haben beide vom Steuermann gehört. Aber wir wissen nicht, wer das ist. Und selbst wenn wir es wüssten: Er kann meiner Meinung nach nichts ausrichten. Er wird untergehen und zu viele Menschen mit sich in den Tod reißen.«
Vick schüttelt den Kopf, äußert sich aber nicht dazu.
»Vielleicht hätten sie daraus ein wenig Hoffnung geschöpft«, beharrt Eli.
»Und was nützt das, wenn diese Hoffnung völlig unbegründet ist?«, erwidere ich.
Dickköpfig schiebt er das Kinn nach vorn. »Du hast doch auch die Waffen für sie geladen. Das war genau dasselbe.«
Er hat recht. Ich seufze. »Ich weiß. Aber ihnen gegenüber den Steuermann zu erwähnen hätte wirklich nichts genützt. Es ist nur eine Geschichte, die mein Vater mir früher erzählt hat.« Plötzlich fällt mir ein, wie meine Mutter die Geschichten meines Vaters zu illustrieren pflegte, während er sie erzählte. Wenn er die von Sisyphus beendet hatte und ihre Bilder getrocknet waren, hatte ich jedes Mal das Gefühl, er hätte endlich etwas Frieden gefunden.
»Ich habe von jemandem bei mir zu Hause vom Steuermann gehört«, sagt Vick. Nach einem kurzen Schweigen fragt er: »Was ist mit deinen Eltern passiert?«
»Sie sind bei einem Angriff gestorben«, antworte ich. Zuerst will ich es dabei belassen, aber plötzlich sprudelt es nur so aus mir heraus. Ich muss Eli und Vick erzählen, was passiert ist, damit sie wissen, warum ich nicht an die Erhebung glaube. »Mein Vater hat regelmäßig alle Dorfbewohner zu einem Treffen versammelt«, beginne ich.
Ich denke daran, wie aufregend es war, wenn alle in die Bänke rutschten und sich miteinander unterhielten. Ihre Gesichter leuchteten auf, wenn mein Vater den Raum betrat. »Mein Vater hat herausgefunden, wie man das Dorfterminal ausschalten konnte, ohne dass die Gesellschaft es merkte. Jedenfalls glaubte er das. Ich weiß nicht, ob das Terminal noch funktionierte oder ob jemand der Gesellschaft von den Treffen berichtet hat. Jedenfalls waren sie bei dem Angriff vollständig versammelt. Fast alle kamen um.«
»Also war dein Vater der Steuermann?«, fragt Eli voller Bewunderung.
»Wenn er es war, dann ist er jetzt tot«, entgegne ich. »Und er hat unser ganzes Dorf ins Verderben gestürzt.«
»Aber er hat sie doch nicht umgebracht«, wendet Vick ein. »Du kannst ihn doch nicht dafür verantwortlich machen.«
Ich kann es, und ich tue es. Aber ich weiß auch, was Vick meint.
»Hat die Gesellschaft oder der Feind sie umgebracht?«, fragt Vick nach einer Weile.
»Die Flugschiffe sahen aus wie die des Feindes«, antworte ich. »Aber die Gesellschaft ließ sich nicht blicken, bis alles vorüber war. Das war neu. Damals haben sie normalerweise noch so getan, als würden sie uns verteidigen.«
»Wo warst du, als das passiert ist?«, fragt Vick.
»Auf einem Felsplateau«, antworte ich. »Ich wollte den Regen sehen.«
»Wie die Lockvögel, die den Schnee holen wollten«, bemerkt Vick. »Aber du hast überlebt.«
»Stimmt«, sage ich. »Die Angreifer haben mich nicht gesehen.«
»Glück gehabt«, meint Vick.
»Die Gesellschaft glaubt nicht an Glück«, erwidert Eli.
»Ich habe beschlossen, dass das das Einzige ist, woran ich glaube«, entgegnet Vick. »Glück und Pech. Wir haben bisher wohl immer Pech gehabt.«
»Stimmt nicht«, wendet Eli ein. »Wir sind der Gesellschaft entkommen und haben es in die Berge geschafft. Wie haben die Höhle mit den Landkarten gefunden und sind aus der Niederlassung geflohen, bevor uns jemand entdeckt hat.«
Ich stimme ihm nicht zu. Ich glaube weder an die Gesellschaft noch an die Erhebung, noch an irgendeinen Steuermann, noch an Glück oder Pech. Ich glaube an Cassia. Wenn ich gefragt würde, an was ich darüber hinaus glaube, würde ich antworten: Ich glaube an das, was ist und was nicht ist.
Im Moment
bin
ich, und ich will, dass das auch so bleibt.
»Lasst uns weitergehen«, sage ich zu den anderen beiden und rolle die Karte zusammen.
Als die Dämmerung hereinbricht, beschließen wir, in einer Höhle zu übernachten, die auf der Karte eingezeichnet ist. Als wir uns durch die Öffnung ducken, erleuchten unsere Taschenlampen eine Reihe von Malereien und Reliefs an den Wänden im Inneren.
Eli bleibt stocksteif stehen. Ich weiß, wie es ihm ergeht.
Ich erinnere mich noch daran, wie ich zum
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