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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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Sorgen in Luft auf – nein, ich habe sie hinuntergeschluckt – und ich schäme mich. Sie hat diesen weiten Weg zurückgelegt, um mich zu finden!
    »Dieser Junge in der anderen Schlucht«, sagt Indie. »Als du gesagt hast, er hätte zu lange gewartet, dachte ich, du meintest, er hätte zu lange damit gewartet, sich umzubringen.«
    Erschrocken schlägt Cassia die Hand vor den Mund.
»Nein!«
, flüstert sie. »Ich wollte damit sagen, dass er zu lange damit gewartet hat, die Tablette zu nehmen und sie ihn deswegen nicht mehr retten konnte.« Ganz leise fügt sie hinzu: »Ich habe es doch nicht gewusst.« Entsetzt sieht sie Indie an. »Meinst du, er hat es gewusst? Wollte er sterben?«
    »Welcher Junge?«, frage ich Cassia. In der Zeit unserer Trennung ist so viel geschehen!
    »Ein Junge ist mit uns zusammen geflüchtet und zu den Canyons gerannt«, erklärt Cassia. »Er war derjenige, der uns gezeigt hat, wohin du gegangen warst.«
    »Woher wusste er das?«, frage ich.
    »Weil er einer von denen war, die du im Stich gelassen hast«, wirft Indie mir unverblümt an den Kopf. Sie rückt von dem heruntergebrannten Feuer ab. Der Schein erleuchtet kaum ihr Gesicht. Sie deutet auf die uns umgebende Felslandschaft. »Das ist das Motiv des Gemäldes, oder?«, fragt sie. »Nummer  19 ?«
    Es dauert einen Moment, bis ich erfasse, was sie meint. »Nein«, erwidere ich. »Die Gegend sieht ähnlich aus, aber die Felsformation, die auf dem Gemälde abgebildet ist, ist noch gewaltiger als diese hier. Sie liegt weiter südlich. Ich habe sie nie gesehen, aber mein Vater kannte Leute, die dort gewesen waren.«
    Ich warte darauf, dass sie etwas erwidert, aber sie schweigt.
    »Dieser Junge …«, beginnt Cassia noch einmal.
    Indie rollt sich zum Schlafen zusammen und sagt zu Cassia: »Wir müssen ihn vergessen. Er lebt nicht mehr.«
     
    »Wie geht es dir?«, flüstere ich Cassia zu. Ich habe den Rücken an den Felsen gelehnt, ihr Kopf ruht auf meiner Schulter. Ich kann nicht schlafen. Was Indie über den nachlassenden Effekt der Tablette gesagt hat, könnte stimmen, und Cassia wirkt gesund, aber ich werde sie die ganze Nacht lang beobachten müssen, um sicherzugehen, dass nichts passiert.
    Eli bewegt sich im Schlaf, Indie liegt still da. Ich kann nicht erkennen, ob sie schläft oder zuhört, deshalb rede ich leise.
    Cassia antwortet mir nicht. »Cassia?«
    »Ich wollte dich unbedingt finden«, sagt sie leise. »Als ich den Kompass eingetauscht habe, habe ich einen Weg gesucht, um zu dir zu kommen.«
    »Ich weiß«, sage ich. »Und du hast es geschafft. Obwohl man dich übers Ohr gehauen hat.«
    »Das stimmt so nicht«, erwidert sie. »Jedenfalls nicht ganz. Ich habe im Austausch eine Geschichte bekommen, die mehr war als nur ein Märchen.«
    »Was für eine Geschichte?«, frage ich.
    »Sie war so ähnlich wie die, die du mir von Sisyphus erzählt hast. Aber in der Geschichte war die Rede von einem Steuermann, und sie handelte von einer Rebellion.« Sie lehnt sich dicht an mich. »Wir sind nicht die Einzigen. Hier draußen gibt es eine Bewegung, die sich ›die Erhebung‹ nennt. Hast du schon mal davon gehört?«
    »Ja«, antworte ich, mehr nicht. Ich will nicht über die Erhebung reden. Sie hat gesagt:
Wir sind nicht die Einzigen
, als sei das eine gute Sache, dabei will ich mich gerade so fühlen, als seien wir die Einzigen in unserem Lager. In den Bergen. Auf der Welt.
    Ich lege meine Hand auf ihr Gesicht, auf die Rundung ihrer Wange, die ich versucht habe in Stein zu gravieren. »Mach dir keine Sorgen um den Kompass. Die grüne Seide habe ich auch nicht mehr.«
    »Haben sie sie dir abgenommen?«
    »Nein«, antworte ich. »Sie ist oben auf dem Hügel geblieben.«
    »Du hast sie dort gelassen?«, fragt sie überrascht.
    »Ja«, antworte ich. »Ich habe sie an einen Ast gebunden, weil ich verhindern wollte, dass irgendjemand sie mir wegnimmt.«
    »Der Hügel«, sagt Cassia und für eine Weile schweigen wir beide, verloren in Erinnerungen. Dann sagt sie, ein wenig neckend: »Du hast immer noch nicht unser Gedicht für mich aufgesagt!«
    Ich schmiege mich eng an sie, und diesmal kann ich sprechen. Ich flüstere, obwohl ich es lieber laut herausgeschrien hätte: »Geh nicht gelassen.«
    »Nein«, stimmt sie mir zu, mit sanfter Stimme, sanfter Haut in dieser guten Nacht. Und dann küsst sie mich leidenschaftlich.

Kapitel 24 CASSIA

    Ky erwachen zu sehen ist schöner als ein Sonnenaufgang. Erst liegt er noch ganz still im Tiefschlaf,

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