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Cassia & Ky – Die Flucht

Cassia & Ky – Die Flucht

Titel: Cassia & Ky – Die Flucht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ally Condie
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sagt er. »Halt an!«
    »Ich halte nicht an!«, erwidere ich.
    »Ky!«, drängt er. »Jetzt schau doch mal!«
    Ich drehe mich um, und im letzten Rest des Abendlichts sehe ich sie.
    Cassia.
    Sogar aus der Ferne weiß ich, dass sie es ist. Ich erkenne es daran, wie ihre dunklen Haare vom Wind zerzaust werden und wie sie auf dem roten Felsen der Klamm steht. Sie ist schöner als Schnee.
    Ist das ein Traum?
    Sie deutet zum Himmel.

Kapitel 22 CASSIA

    Fast sind wir ganz oben, fast können wir über die Ebene blicken.
    »Cassia, bleib stehen!«, ruft Indie, als ich einen Felsvorsprung erklettere.
    »Wir haben es fast geschafft!«, erwidere ich. »Das muss ich sehen!« Im Laufe der letzten paar Stunden habe ich wieder Kraft geschöpft und einen klaren Kopf bekommen. Ich möchte mich an den höchsten Punkt stellen, damit ich nach Ky Ausschau halten kann. Der Wind ist kalt, die Luft rein. Ich genieße die frische Brise.
    Ich erklimme den höchsten Felsen.
    »Tu das nicht!«, ruft Indie von unten. »Du fällst runter!«
    »Oh!«, stoße ich hervor. Es gibt so viel zu sehen! Orangefarbene Felsen, eine bräunliche Steppe, ein Fluss und blaue Berge. Der sich verdunkelnde Himmel, tief hängende Wolken, die rote Sonne und vereinzelte, kleine kalte Schneeflocken, die herabrieseln.
    Zwei kleine Gestalten, die hinaufblicken.
    Zu mir?
    Ist er das?
    Sie sind weit entfernt. Es gibt nur eine Möglichkeit, es herauszufinden.
    Ich zeige in den Himmel.
    Im ersten Moment passiert nichts. Die Gestalt bleibt reglos stehen, und ich stehe verfroren, lebendig und …
    Er rennt los.
    Ich laufe ihm entgegen, rutschend, schliddernd, hinunter zur Ebene.
    Ich wünschte
, denke ich, während meine Füße sich verheddern, zu schnell laufen, nicht schnell genug laufen,
ich wünschte, ich könnte rennen, ich wünschte, ich hätte ein vollständiges Gedicht geschrieben, ich wünschte, ich hätte den Kompass behalten …
    Und dann erreiche ich die Ebene und wünsche mir nichts anderes mehr als das, was gerade passiert.
    Ky.
Der auf mich zurennt.
    Ich habe ihn nie zuvor so laufen sehen, schnell, frei, stark, wild. Er sieht so wunderschön aus, sein Körper bewegt sich in perfekter Harmonie.
    Er bleibt so dicht vor mir stehen, dass ich nur noch das Blau seiner Augen sehe. Ich vergesse das Rot meiner Hände und den Traum vom grünen Kleid bei unserem Wiedersehen.
    »Du bist da!«
, stößt er hervor, keuchend, heftig und erregt.
    Sein Gesicht ist schweiß- und schmutzbedeckt, und er sieht mich an, als wäre ich das Einzige, was er sich je zu sehen gewünscht hat.
    Ich öffne die Lippen, um mit Ja zu antworten.
    Doch ich habe nur noch Zeit, einzuatmen, bis er die letzte Distanz überbrückt.
    Und dann ist da nur noch der Kuss.

Kapitel 23 KY

    »Unser Gedicht«, flüstert sie. »Sagst du es für mich auf?«
    Ich beuge mich noch näher zu ihrer, presse meine Wange an die ihre. Meine Lippen streifen ihren Hals. Ihre Haare duften nach Salbei, ihre Haut nach Heimat.
    Ich bringe kein Wort hervor.
     
    Sie denkt als Erste daran, dass wir nicht allein sind.
»Ky«
, flüstert sie.
    Wir rücken ein Stück voneinander ab. Im schwindenden Licht sehe ich, wie zerzaust ihr Haar und wie braun ihre Haut ist. Ihre Schönheit schmerzt mich jedes Mal. »Cassia«, sage ich mit heiserer Stimme, »das ist Eli.« Als sie sich zu ihm umdreht und sich ihr Gesicht aufhellt, weiß ich, dass ich mir Elis Ähnlichkeit mit Bram nicht nur eingebildet habe.
    »Das ist Indie«, sagt sie und zeigt auf ihre Weggefährtin. Indie verschränkt die Arme vor der Brust.
    Wir schweigen. Eli und ich sehen uns an. Ich weiß, dass wir beide an Vick denken. Dies sollte der Moment sein, in dem wir ihn vorstellen, aber er ist fort.
    Noch gestern Abend war Vick am Leben. Heute Morgen hat er am Fluss gestanden und den Forellen zugeschaut. Er dachte an Laney, während die Fische in allen Farben schillerten und die Sonne schien.
    Dann ist er gestorben.
    Ich deute auf Eli, der kerzengerade dasteht, und sage: »Heute Morgen waren wir noch zu dritt.«
    »Was ist passiert?«, fragt Cassia. Sie umfasst meine Hand fester, und ich erwidere sanft ihren Druck, vorsichtig, weil ich die Schnitte in ihrer Haut spüre.
Was hat sie durchgemacht, um mich zu finden?
    »Flugschiffe sind gekommen«, erzähle ich, »und haben unseren Freund Vick getötet. Und den Fluss bombardiert und vergiftet.«
    Plötzlich wird mir bewusst, wie wir von oben aussehen müssen. Wir stehen mitten auf der Ebene, wie auf dem Präsentierteller.

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