Casteel-Saga 01 - Dunkle Wasser
geben, gegen das anzukämpfen, was nun ihr Leben beherrschte. Oft glänzten Tränen in ihren Augen. Dann wieder sahen mich die trüben, wäßrigen Augen völlig ausdruckslos an. Ich spürte, daß etwas in Kitty vorging, aber ich wußte nicht, ob es sich zum Guten oder zum Bösen wenden würde.
»Schau mich nicht so an, Mutter«, sagte ich gereizt. Ich befürchtete, daß Maisie sie besucht hatte und ihr Geschichten über kleine Zärtlichkeiten und Intimitäten zwischen Cal und mir erzählt hatte. Es ist aber nicht meine Schuld gewesen, Kitty, wirklich nicht, wollte ich ihr sagen, während ich ihr ein hübsches Nachthemd überzog und ihre Arme so hinlegte, daß sie nicht so leblos wirkte.
Kaum war ich fertig, trat ihre Mutter mit einem grimmigen, vorwurfsvollen Gesicht ein. Sie hielt die kräftigen Arme über dem künstlichen großen Busen gekreuzt und sah immer bedrohlicher drein. »Sie würd’ besser aussehen ohne das Geschmier im Gesicht«, brummte sie und warf mir einen weiteren verbiesterten Blick zu. »Hat dir all die schlechten Dinge beigebracht, was? Hat dich zu dem gemacht, was sie selber ist. Hat dir alle ihre schlechten Eigenschaften weitergegeben, oder? Dabei hab’ ich sie oft genug versohlt, um den Teufel aus ihr auszutreiben. Ist mir nie gelungen. Sie ist immer noch von ihm besessen, das zehrt an ihr und wird sie umbringen… Der Herr ist am Ende immer der Sieger, so ist’s doch?«
»Wenn Sie damit sagen wollen, daß wir alle einmal sterben müssen, dann haben Sie vollkommen recht, Mrs. Setterton. Aber eine gute Christin wie Sie sollte doch an ein Leben nach dem Tod glauben.«
»Willst du mich etwa gar verspotten, Mädchen? Tust du das?«
Ich sah in ihren Augen etwas von Kittys Boshaftigkeit leuchten. Meine Empörung wuchs. »Kitty mag es, sich hübsch zu machen, Mrs. Setterton.«
»Hübsch?« fragte sie und starrte Kitty wie einen Gegenstand des Abscheus an. »Besitzt sie eigentlich nichts anderes als diese pinkfarbenen Nachthemden?«
»Sie mag Pink.«
»Ein Beweis, daß sie keinen Geschmack hat. Rothaarige tragen nu’ mal kein Rosa. Hab’s ihr das ganze Leben lang einzubleuen versucht, und trotzdem trägt sie’s.«
»Jeder sollte die Farbe tragen, die ihm gefällt. Sie hat eben Rosa gewählt«, beharrte ich.
»Deswegen mußt du sie nicht wie ‘nen Clown herrichten, oder?«
»Tu’ ich auch nicht. Ich richte sie so her, daß sie wie ein Filmstar aussieht.«
»Eher wie ‘ne Hure!« bemerkte Reva Setterton ungerührt. Dann wandte sie ihre harten Augen zu mir. »Ich weiß schon, was du für eine bist. Maisie hat mir alles erzählt. Von ihrem Kerl wußt’ ich gleich, daß er nichts taugen tut, sonst hätt’ er sie ja nicht genommen. Sie taugt auch nichts, das war schon immer so, sogar als kleines Baby – und das gleiche gilt für dich! Ich will dich nicht mehr in meinem Haus haben! Zeig dich dort bloß nie wieder, du Hillbilly-Miststück! Verdrück dich in ein Motel in der Brown Street, wo deinesgleichen herumhängt. Hab’ schon veranlaßt, daß ihr Kerl mit deinen und seinen Sachen dorthin umgezogen ist.«
Ich war wie vor den Kopf gestoßen und riß vor Wut die Augen auf, aber dann wurde ich rot, denn ich fühlte mich schuldig und schämte mich. Als Kittys Mutter dies bemerkte, verzog sich ihr Mund zu einem grausamen Lächeln. »Will dich nie wieder sehen, hörst du mich, nie wieder! Versteck dich, wenn du mich kommen siehst!«
Zitternd hob ich die Hände. »Aber ich muß Kitty weiter besuchen. Sie braucht mich.«
»Hast du mich gehört, du Drecksstück! Du sollst mein Haus nie wieder betreten!« Sie stürmte aus dem Zimmer, nachdem sie nur einen kurzen Blick auf Kitty geworfen hatte, ohne ihr auch nur ein einziges Wort der Ermunterung oder des Mitleids zu sagen. War sie eigentlich nur gekommen, um mir ihre Meinung an den Kopf zu werfen?
Kitty starrte auf die geschlossene Tür, und ein Ausdruck tiefen Unglücks brannte in ihren Augen.
Die Tränen liefen Kitty das Gesicht hinab, als ich mich wieder zu ihr wandte, um ihr die Bettjacke zu richten und die Haare in Ordnung zu bringen. »Du siehst wunderschön aus, Kitty. Beachte nicht, was du eben gehört hast. Deine Mutter ist eine eigenartige Frau. Maisie hat mir neulich euer Familienalbum gezeigt. Deine Mutter sah dir sehr ähnlich, als sie in deinem Alter war, nur daß du hübscher bist, was sie dir gewiß nie verziehen hat.« Warum war ich so freundlich zu ihr, warum nur, wo sie doch nur grausam zu mir gewesen war? Vielleicht,
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