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Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen

Titel: Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: V.C. Andrews
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der zur Türe hereinkam.
    »Ich bin fertig«, sagte er. Ich hatte ihn im Badezimmer gelassen, denn er sollte sich sein Haar selbst bürsten. Jetzt stand er auf der Schwelle und sah zu uns herein. Er trug ein Paar hellgraue Hosen, ein dunkelgraues Hemd mit einer dunkelblauen Krawatte und eine dunkelblaue Jacke. Ich hatte noch nie einen kleinen Jungen seines Alters erlebt, der so stolz auf seine Kleidung und sein Aussehen war.
    Drake hatte sein Haar hübsch zurückgebürstet und vorne eine kleine Welle hineingedreht.
    »Und wer sind Sie?« fragte Logan. »Wer ist dieser gutaussehende Gentleman, Heaven?«
    »Ich weiß es nicht«, sagte ich. »Vor einer Weile gab es da noch einen kleinen Schuljungen, der sich auf dem Spielplatz schmutzig gemacht hatte. Ich glaube, er hatte Sand in den Haaren, und kleine Büschel Gras wuchsen in seinen Ohren. Könnte das der gleiche Junge sein?« Ich lächelte, aber Drake, dieses ernste und nachdenkliche Kind, kniff ärgerlich die Augen zusammen.
    »Ich bin Drake«, sagte er. Ich konnte sehen, wie sich Ärger in seinen Mundwinkeln breitmachte.
    »Natürlich bist du das, Liebling«, sagte ich. »Logan und ich haben doch nur Spaß gemacht. Komm, wir gehen jetzt alle nach unten! Wir wollen doch nicht zu spät kommen.«
    Logan hielt mir den Arm entgegen. »Bereit für deinen Tag, Heaven.« Sein Lächeln war verlockend wie ein glitzernder Diamant. Der kleine Drake rannte voraus.
    Drake hatte uns geholfen, für die Kinder besondere Aktivitäten vorzubereiten. Ein Wettrennen auf drei Beinen, ein Lager aus Bohnensäcken und ein Apfelwettessen. Er konnte seine Erregung kaum zurückhalten, als wir zum Fabrikgelände fuhren.
    An zwei Seiten des Rasens hatten wir Theken aufstellen lassen, dazwischen stand ein riesiges Zelt mit Tischen und Stühlen. Als Drake es zum ersten Mal sah, dachte er, daß der Zirkus seines Vaters in Winnerow angekommen wäre. Die Bühne für die Musiker war mit roten, blauen und weißen Bändern verziert. Über dem Eingang der Fabrik hatten wir eine große, goldene Fahne aufgehängt, die die Menschen zur Eröffnung der »Willies-Spielzeugfabrik« willkommen hieß. Es war meine Idee gewesen, den Namen Tatterton wegzulassen.
    Die Menschen tanzten und tranken, lachten und unterhielten sich, als plötzlich zwischen den alten Lastern und Lieferwagen auf dem Parkplatz eine schwarze Limousine mit dunklen Rauchglasfenstern auftauchte. Mein Atem stockte. Das konnte nur einer sein. Die Türe öffnete sich, und ein glänzender Lacklederschuh kam heraus, gefolgt von einem eleganten, in einen Smoking gehüllten Tony Tatterton. Verzweifelt sah ich mich nach Logan um, aber er war nirgends zu finden. Ich holte tief Luft, um mich für das zu stärken, was kommen würde, hielt den Kopf hoch erhoben und schritt Tony Tatterton entgegen, um ihn zu begrüßen.
    »Mr. Tatterton«, sagte ich steif, während ich ihm entgegenging. »Wir dachten nicht, daß es Ihnen möglich sein würde zu kommen.«
    Seine Augen sogen mich in sich auf.
    »Heaven«, keuchte er, »dein Haar!«
    »Gefällt es Ihnen? Ich habe es selbst geflochten.«
    »Die Farbe«, stammelte er.
    »Es ist meine natürliche Haarfarbe, wie Sie wissen, Mr. Tatterton.«
    Einen Moment lang konnte er seine Augen nicht von meinen Haaren lösen, als ob er nicht auf meinen schwarzen Haarschopf starren würde, sondern in einen Abgrund verlorener Erinnerungen. Ich wußte, daß er die Symbolik meiner Geste verstanden hatte. Ich wollte nicht mehr mit den Tattertons verbunden sein. Alles, was er an mir sah, war reine Winnerow-Casteel. Dann riß er sich langsam zusammen und sah mißbilligend umher. »Ein hübsches, kleines Dorffest, das du und dein Ehemann vom Lande da angezettelt habt.« Einen winzigen Moment lang war da wieder das unsichere kleine Mädchen in mir, das gemaßregelt wurde durch das Urteil und die Verachtung, die ich in seinen Augen las. Aber ich verscheuchte sie schnell, stolz straffte ich meinen Rücken, sah ihn an und lächelte, als ob mir die Welt gehören würde.
    »Wie ich bemerke, hast du die Fabrik umbenannt«, sagte er nach einer unangenehmen Stille, die sich über Stunden zwischen uns auszudehnen schien.
    »Logan und ich haben entschieden, daß der Name Tatterton für diese spezielle Fabrik unangebracht ist. Darf ich Ihnen etwas zu trinken bringen, Mr. Tatterton?«
    »Nein, ich glaube nicht, daß ich länger bleiben werde, ich passe nicht direkt dazu«, sagte er und strich über seine Seidenkrawatte, »nicht wahr? Es sei denn,

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