Casteel-Saga 03 - Gebrochene Schwingen
mich wieder einmal die Erinnerungen an meine eigene Familie. In Gedanken spielte ich die Szene mit Tony immer wieder durch. Ich wußte immer noch nicht, ob Tony zum Fest der Firma kommen würde oder nicht, und ich fühlte mich wie ein Vogel, der in einem Käfig gefangen war, vor dem eine Katze herumstrich.
Ich beschloß, meine Nerven zu beruhigen, indem ich mich auf die Vorbereitungen für das Fest stürzte. Das würde mich so beschäftigen, daß ich nicht auf unangenehme Gedanken kommen würde. Ich half dabei, einen richtigen Willies-Rummel vorzubereiten. Zum Essen würde es gebratene Hähnchen geben, Rouladen, Maisbrot und schwarzäugige Erbsen. Ich engagierte Willies-Frauen, die berühmt waren für ihre Rezepte, die über sechs oder sieben Generationen weitergegeben worden waren. Ich kaufte Kirsch- und Rhabarbertörtchen, Äpfel und süße Kartoffeln, die in Holzöfen gebacken wurden. Ich stellte die Longchamps ein, die Fiedlergruppe, die an unserer Hochzeit gespielt hatte, und einige Jungen und Mädchen vom Gymnasium, die die Bedienung übernehmen sollten. Die einzigen Profis, die ich engagierte, waren die Barmixer aus der örtlichen Taverne. Sie wollten mir einen Mondschein-Punsch mixen, der – so versprach mir einer der Älteren – »sogar das Holzspielzeug zum Tanzen bringen würde«. Stattfinden sollte die Party auf dem großen Rasen vor der Fabrik. Ich rief die Floristin an und erklärte ihr, daß wir nur Sträuße wollten aus wilden Blumen, die in der Gegend wuchsen. Jeden Abend redeten Logan und ich bis in die späte Nacht hinein über die Fabrik, die Angestellten und die Festvorbereitungen. Ab und zu sprang ich dann aus dem Bett, um etwas aufzuschreiben, das wir vergessen hatten. Wir waren wie zwei Kinder, die ihre erste Party planten.
Das Fest fand an einem wundervollen Herbsttag statt. Keine Wolke war am Himmel, und es regte sich kaum ein Lüftchen. Ich hatte mir von der Näherin ein traditionelles Ginghamkleid bestellt, vollständig mit Spitzen und Mieder. Ich brauchte eine Spezialanfertigung, um es meinem wachsenden Bauch anzupassen. Ich trug mein schwarzes Haar in Zöpfen, in die Bänder geflochten waren, auf die gleiche Art wie damals, als ich noch ein Kind der Willies war. An diesem Tag würden die Willies gefeiert werden. An diesem Tag würden die Leute aus den Bergen die wichtigen Leute sein. Meine Schwangerschaft wurde langsam sichtbar. Wenn ich in den Spiegel blickte, kam es mir so vor, als sei sogar mein Gesicht voller geworden. Ich erinnerte mich daran, wie aufgedunsen Sara, Vaters zweite Frau, ausgesehen hatte, als sie schwanger war. Jeden Tag schien sich ihr Körper, und vor allem ihr Gesicht, ein wenig mehr aufzublähen. Ich hatte die lustige Idee, daß sich das Kind in ihr mit Luft füllte und sie aufpumpte, wie einen Fahrradreifen. Ich erinnere mich, wie Tom lachte, als ich ihm das erzählte.
Ich legte ein wenig Rouge und Lippenstift auf.
»Wie sehe ich aus?« fragte ich Logan. Logan hatte beschlossen, einen konservativen Geschäftsanzug zu tragen, band sich aber eine ländliche Knotenkrawatte um. Er hörte mit dem Binden der Krawatte auf und lächelte.
»Du siehst schöner aus als je zuvor. Das Kind in dir bringt dich zum Erblühen wie eine wunderschöne Rose.«
»O Logan. Du wärst ein prima Verkäufer«, sagte ich, um ihn zu ärgern.
Er sah gekränkt aus. »Ich lüge dich nicht an, Heaven. Ich werde dich nie wieder anlügen. Du bist schön.« Er kam durch das Zimmer auf mich zu, um mich zu küssen. Er hielt mich fest, und ich fühlte mich in seinen Armen wohl und sicher. »O Heaven«, sagte er, »erinnerst du dich daran, wie Tony uns zu unserer Hochzeit einen Rolls-Royce schenkte und ich sagte, daß ich so glücklich wäre wie nie zuvor? Also ich bin jetzt noch glücklicher.«
»Wir haben kein Farthy, kein Schloß und kein Heer von Dienern, und wir haben nichts mit den Blaublütigen zu tun. Aber wir haben dieses wundervolle Zuhause und die Möglichkeit, auf unsere eigenen Energien und Vorstellungen zu bauen; ich glaube, das macht uns reicher als je zuvor.«
»Besonders«, sagte er und hielt mich auf Armlänge von sich weg, »weil wir einander haben und den Segen eines Kindes erwarten. Wir wollen all das Unglück hinter uns lassen! Nichts als Gutes liegt vor uns.«
»O Logan. Ich hoffe, du hast recht«, sagte ich, beinahe zu Tränen gerührt durch den Ausdruck von Glück und Zufriedenheit auf seinem Gesicht. Wir küßten uns wieder und wurden dabei von Drake unterbrochen,
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