Casteel-Saga 05 - Dunkle Umarmung
Casteel«, sagte ich. Sie starrte mich einen Moment lang an, ehe sie etwas sagte.
»Du sagst Ma zu mir«, bestimmte sie, und ich lächelte. »Und jetzt wollen wir diesen Eintopf aufsetzen. So wie ich die beiden kenne, werden sie eher nach dem Essen schreien wie störrische Maultiere, als man es glauben sollte.«
»Ja, Ma.«
Zum ersten Mal in meinem Leben benutzte ich ein Plumpsklo, und dann setzte ich mich an den kleinen Eßtisch und aß etwas, wovon ich im Traum nicht geglaubt hatte, daß ich es herunterbringen könnte. Aber es schmeckte köstlich. Nach dem Essen spielte Pa auf seinem Banjo, und Luke und er sangen alte Lieder aus den Bergen und tranken schwarzgebrannten Whisky. Ich sah, daß sie beide schon einen kleinen Schwips hatten. Pa zog Luke auf die Füße, damit er tanzte, und dann legte er selbst auch einen Tanz hin. Nach einer Weile schimpfte Ma sie aus, sie sollten nicht so dummes Zeug machen. Luke warf mir einen schnellen Blick zu, und ich schüttelte den Kopf. Das reichte aus, um ihn sofort zu ernüchtern.
Kurz bevor wir ins Bett gingen, setzten Luke und ich uns noch auf die Veranda und lauschten den Geräuschen des Waldes – den Schreien der Eulen, dem Heulen der Kojoten und dem Quaken der Frösche aus den Sümpfen. Es gab mir wirklich ein Gefühl von Frieden und Geborgenheit, mit Luke dazusitzen, seine Hand zu halten und zu den Sternen aufzublicken, obwohl ich Meilen von der Zivilisation entfernt war, die ich kannte, und in einer Hütte lebte.
Als wir gemeinsam unter die Decke krochen, umarmte ich Luke und küßte ihn liebevoll. Er war erregt, aber er hielt sich zurück.
»Nein, Angel«, flüsterte er. »Wir werden warten, bis du das Baby bekommen hast und ich dir ein ordentliches Zuhause bieten kann, in dem wir weitab von den Ohren anderer schlafen und uns lieben können.«
Ich wußte, was er meinte. Die alten Sprungfedern quietschten schon, wenn wir uns nur umdrehten. Auf der anderen Seite des Vorhangs schnarchte Pa, und unter dem Holzfußboden schnaubten die Schweine, und die Hunde winselten, wie Ma es angekündigt hatte. Etwas kratzte am Holz. Ich hörte eine Katze fauchen, und dann war alles so still, wie es nur sein konnte, wenn der Wind durch die Bäume und die Ritzen im Boden und in den Wänden der kleinen Hütte pfiff. Pas schwarzgebrannter Whisky ließ Luke sehr schnell einschlafen. Bei mir dauerte es etwas länger, aber schließlich schloß ich die Augen und schlief.
Am Morgen stand Luke früh, aber frisch und ausgeruht auf und fuhr nach Winnerrow, um sich um eine Anstellung als Schreiner zu kümmern. Pa arbeitete mit einem Bauern zusammen, der Burl hieß. Er half ihm, einen neuen Stall zu bauen, um sich damit etwas Geld zu verdienen. Nach dem Frühstück setzte sich Ma hin, um zu häkeln. Ich entschloß mich, mir einen Putzlappen, einen Eimer und ein Scheuermittel zu suchen und mein Bestes zu tun, um die Hütte zu putzen. Ma schien über meine Bemühungen belustigt zu sein, aber als sie wieder in die Hütte kam und sah, daß ich die Fenster geputzt hatte und daß ihre Küchengeräte blinkten, nickte sie beifällig.
Anschließend führt sie mich in ihren kleinen Garten, und ich half ihr beim Unkraut jäten, während sie über ihre Vergangenheit sprach und mir erzählte, wie sie aufgewachsen war. Sie sprach auch von ihren anderen Söhnen, Lukes Brüdern, und ich erkannte, wie aufgebracht sie über die beiden war, die im Gefängnis saßen.
»Wir sind arm, und wir haben nie vornehm getan«, sagte sie, »aber wir sind immer ehrliche Leute gewesen. Abgesehen natürlich von dem schwarzgebrannten Whisky, aber das geht die Regierung eigentlich nichts an. Diese Steuereinzieher tun doch nichts anderes, als die großen Geschäftsleute zu beschützen, die Schnaps brennen und ihn zu unverschämten Preisen verkaufen. Das könnten sich die Leute hier oben niemals leisten, und wenn die Schwarzbrenner nicht wären, hätten sie gar keinen Schnaps. Aber glaub nicht, daß ich viel vom Trinken halte. Genau damit haben sich nämlich meine Söhne in Schwierigkeiten gebracht. Ich kann es nur einfach nicht mitansehen, wenn ein armer Kerl Ärger kriegt, weil er sich seinen Whisky selbst braut. Verstehst du, Angel?«
»Ja, Ma.«
»Hm«, sagte sie und sah mir bei der Arbeit zu. »Vielleicht gewöhnst du dich doch noch hier ein und wirst eine gute Ehefrau. Wenigstens macht es dir nichts aus, dir die Hände schmutzig zu machen.«
Es war komisch, wie stolz ich mich bei diesen Worten fühlte. Ich stellte
Weitere Kostenlose Bücher