Castello Christo
sagen kann.«
»Dieser Bekannte, Eure Heiligkeit, wissen Sie, wo man ihn erreichen kann?«
»Oh, ja, natürlich«, sagte der Papst. »Er lebt sogar hier in Rom. Er heißt Salvatore Bertoni und ist der Sekretär der Päpstlichen Bibelkommission. Er stammt aus Messignadi, einem Nachbarort von Molochio. Nico und er haben als Kinder oft zusammen gespielt und auch während des Studiums viel Zeit miteinander verbracht.«
Matthias war überrascht. »Monsignore Bertoni? Der Mann, dem man die beiden seltsamen Briefe zugesteckt hat?«
»Ja, das ist er.« Der Papst nickte nachdenklich. »Daran habe ich noch gar nicht gedacht.«
Vatikan. Palazzo Sant’ Ufficio
38
Im Vorzimmer des Kardinals sprang der junge Geistliche in der schwarzen Soutane sofort auf, als er Matthias hereinkommen sah. Der Kardinal schien ihn zu erwarten. Matthias trat ein, ohne eine Reaktion auf sein Klopfen abzuwarten.
»Ah, da sind Sie ja. Bitte, nehmen Sie doch Platz und berichten Sie, was der Heilige Vater Ihnen erzählt hat.«
Matthias fühlte sich so aufgewühlt wie lange nicht mehr. »Der Heilige Vater hat mir erzählt, dass MonsignoreBertoni ein Bekannter von Niccolò Gatto war und noch lange Zeit mit ihm Kontakt pflegte, nachdem die beiden Brüder, oder Fast-Brüder, sich zerstritten hatten. Sie erwähnten im Vorfeld, der Papst habe Ihnen gesagt, worüber er mit mir sprechen wolle. Wussten Sie nicht, dass Bertoni und dieser Niccolò sich kannten?«
Ohne dass Matthias es beabsichtigt hätte, war seine Stimme lauter geworden, was auch dem Kardinal nicht entgangen war. Seine eben noch freundlichen Gesichtszüge verhärteten sich.
»Als Erstes bitte ich mir einen Ton aus, der meinem Amt angemessen ist.«
»Entschuldigen Sie, Eure Eminenz«, lenkte Matthias sofort ein, »diese Sache zerrt einfach sehr an meinen Nerven.«
Voigt nickte gütig. »Um Ihre Frage zu beantworten: Von einer Verbindung zwischen diesem Niccolò Gatto und Monsignore Bertoni wusste ich nichts. Hätte ich davon gewusst und außerdem noch geahnt, dass es von Belang ist, hätte ich Sie selbstverständlich darüber informiert.«
»Kann ich Monsignore Bertoni sprechen? Jetzt gleich?«, fragte Matthias.
Statt einer Antwort griff der Kardinal zum Telefon und wählte eine dreistellige Nummer.
»Kardinal Voigt hier«, sagte er nach nur zwei Sekunden in den Hörer. »Signore Matthias möchte mit Ihnen sprechen. Ich schicke ihn zu Ihnen.«
Kardinal Voigt hatte ihm den Weg zwar erklärt, aber als Matthias durch die verwinkelten Flure des Palazzo Sant’ Ufficio ging, zeigte sich, dass es gar nicht so einfach war, sich darin nicht zu verlaufen. Er konnte sich eines leichten Schauers nicht erwehren, als er sich bewusst wurde, dass erdurch das Gebäude der Kongregation ging, die die Kirche seit ihrer Gründung 1542 vor Irrlehren schützen sollte und einst als Heilige Inquisition Angst und Schrecken verbreitet hatte. Vielleicht waren es diese Gedanken, die die Gänge so düster wirken ließen, obwohl sie ausreichend beleuchtet und mit vielen wertvollen Gemälden geschmückt waren.
Bertonis Büro war ein langer schmaler Schlauch, vollgestopft mit Büchern und Akten. Überall, auf Regalen, Tischchen und sogar auf dem Boden, lagen ganze Stapel davon herum. In der Bibliothek des Klosters auf Sizilien hatte es genauso gerochen. Es war der Geruch alter Druckerschwärze auf altem Papier. Wirkte das Arbeitszimmer des Kardinals wie das Büro eines Managers, so kam Matthias sich hier wie im Studierzimmer eines altehrwürdigen Geschichtsprofessors vor.
Der zierliche, extrem blasse Monsignore empfing ihn freundlich und zeigte sich kaum überrascht, als Matthias nach einer kurzen Begrüßung als Erstes nach seiner Verbindung zu Niccolò Gatto fragte.
»Wer hat Ihnen erzählt, dass ich Niccolò kenne?«, fragte Bertoni, nachdem er einen Stuhl für Matthias freigeräumt hatte. »Kardinal Voigt?«
»Der Kardinal?«, antwortete Matthias verunsichert. »Der Kardinal wusste nicht, dass Sie und Signore Gatto sich kannten.«
Die Freundlichkeit wich augenblicklich aus Bertonis schmalem faltigem Gesicht. Er runzelte die Stirn.
»Hat er das wirklich behauptet?«, wollte er wissen und rieb sich das Kinn, wobei der Ärmel seiner Soutane ein wenig zurückrutschte und ein Bluterguss am Handgelenk sichtbar wurde.
Wieder hatte Matthias das dumpfe, schwere Gefühl im Magen. Hatte Voigt etwa nicht die Wahrheit gesagt?
»Heißt das, er hat mich angelogen?«
»Nein ... nein, das nicht«, beeilte sich
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