Castillo der Versuchung
zweite Haut. Sophie war überaus zierlich, strahlte aber dennoch so viel weibliche Sinnlichkeit aus, die er als überwältigend und erregend zugleich empfand. Er wünschte seine Erregung zum Teufel und atmete tief durch. Trotzdem konnte er sich des Gedankens nicht erwehren, dass er Sophie nur zu gern in seine Arme geschlossen und ihr seine Verführungskünste unter Beweis gestellt hätte. Er war sich sicher, dass er dem Jungen, mit dem sie damals die Nacht am Strand verbracht hatte, um Klassen überlegen war. Plötzlich begriff er, dass er einfach nicht länger verleugnen konnte, dass Sophie ihn ungemein anzog, obwohl sie ganz anders war als die Frauen, die ihm normalerweise gefielen.
3. KAPITEL
Antonio hat vor, mir Lydia wegzunehmen und sie in Spanien aufwachsen zu lassen, dachte Sophie panisch. Wie konnte er es überhaupt wagen, einfach so zu bestimmen, wie und wo das Kind, das sie so liebte, erzogen werden sollte?
Um nicht weiter darüber nachzudenken, stürzte Sophie sich in die Arbeit und putzte erst einmal gründlich ihren Wohnwagen. Dann fütterte sie Lydia und brachte sie zu Bett. Nachdem die Kleine eingeschlafen war, öffnete sie den Pappkarton mit den Strickjacken vom Versandhaus, die sie besticken sollte.
Sofort waren die Gedanken wieder da. Wie sollte sie bloß gegen Antonio ankommen? Lebte sie wirklich in erschreckender Armut? Immerhin hatten sie ein Dach über dem Kopf und genug zu essen. Zugegebenermaßen konnte es allerdings im Winter in ihrem Wohnwagen ziemlich kalt werden, und sie hatten fast nie Geld für neue Kleidung übrig. Aber Lydia war ein glückliches Kind, das gut gedieh. Doch stehen mir wirklich die gleichen Rechte zu wie Antonio, überlegte Sophie. Schließlich hatte er Lydia in materieller Hinsicht so viel mehr zu bieten.
Später am Abend schaute Norah Moore noch einmal bei ihr vorbei. Sobald sie erfuhr, dass Antonio am nächsten Tag wiederkommen wollte, bot sie an, sich währenddessen um Lydia zu kümmern. „Dann könnt ihr euch in Ruhe unterhalten. Wo, hast du gesagt, übernachtet er?“
„Das habe ich noch gar nicht …“, murmelte Sophie. „Die Karte vom Hotel liegt auf dem Tisch“, erklärte sie dann. Die Frage, weshalb sich Norah dafür interessierte, war für sie nur nebensächlich.
„Ganz schön weit weg … Das Hotel sieht ziemlich schick aus“, bemerkte Norah. „Warum gehst du nicht ein bisschen am Strand spazieren. Das beruhigt dich doch immer. Ich kümmere mich um Lydia.“
„Wie kann ich mich denn jetzt beruhigen?“, schimpfte Sophie sofort los. Doch dann fügte sie leise hinzu: „Antonio wird mir Lydia wegnehmen. Sein Entschluss steht fest.“
„Warte erst einmal ab. Vielleicht hast du dich in ihm getäuscht.“
„Das glaube ich nicht. Er hat sich ziemlich deutlich geäußert.“
Norah Moore drückte tröstend Sophies Arm und verließ den Wohnwagen. Wenig später ging Sophie auf die Schafweide, um ein bisschen frische Luft zu schnappen. Dabei zerzauste ihr der Wind das Haar.
Antonio hegte ihr gegenüber immer noch genauso viele Vorurteile wie bei ihrem letzten Zusammentreffen in Spanien, das fast drei Jahre zurücklag. Aber Sophie konnte sich noch erstaunlich gut an jeden einzelnen Moment erinnern. Auch sie hatte den Hochzeitstag ihrer Schwester als traumhaft empfunden, was zum größten Teil Antonios Verdienst gewesen war. Er machte ihr Komplimente für ihr rosa Kleid, das sie persönlich abscheulich fand. Während der Fotoaufnahmen plauderte er mit ihr, sorgte dafür, dass sie beim Essen neben ihm saß, und betätigte sich als Dolmetscher, sodass sie sich auch mit den anderen Gästen unterhalten konnte. Er stellte sie zahlreichen Leuten vor, tanzte mit ihr und verhielt sich so, als wäre sein einziges Anliegen, dass sie sich amüsierte.
Diese ganze Aufmerksamkeit war Sophie ein wenig zu Kopf gestiegen. Ohne Antonios Beistand wäre sie sich bei all den feinen Leuten ziemlich fehl am Platz vorgekommen. Aber so hatte sie im siebten Himmel geschwebt. Darüber war Belinda dermaßen besorgt gewesen, dass sie Sophie zur Seite genommen und gewarnt hatte. „Bilde dir bloß nicht ein, dass sich Antonio zu dir hingezogen fühlt. Pablo sagt, die Ansprüche seines Bruders seien so hoch, dass sich selbst ein Heiliger nicht mit ihm messen könnte. Aber Antonio gehen tadellose Manieren und Höflichkeit über alles. Offensichtlich hast du ihm leidgetan, als er dich gestern Abend so ganz allein im Billardzimmer entdeckt hat. Bestimmt macht er sich nur deshalb so
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