Castillo der Versuchung
viel Mühe, dir einen schönen Tag zu bereiten.“
„Nein danke“, hatte ihm Sophie also geantwortet, als Antonio sie um den nächsten Tanz bat. „Wenn ich einen Samariter brauche, lasse ich es dich wissen.“
„Wovon sprichst du?“, hatte er erstaunt entgegnet.
„Wie mir zu Ohren gekommen ist, bist du nur nett zu mir, weil ich gestern Abend dein Mitleid erregt habe.“
„O nein, so selbstlos bin ich nun wirklich nicht.“ Antonio warf ihr einen tiefen Blick aus seine glänzenden dunklen Augen zu, und Sophie vergaß prompt alles um sich herum. „Hat dir das deine Schwester gesagt? Ich habe ihre besorgten Blicke bemerkt. Es ist ganz natürlich, dass sie dich beschützen will.“
Als Antonio Sophie in jener Nacht zu ihrer Unterkunft zurückfuhr, hatte er ganz nebenbei vorgeschlagen, sie am folgenden Abend zum Essen einzuladen. In dem Bemühen sich genauso lässig zu geben wie Antonio, nahm Sophie die Einladung achselzuckend an und betrat ihr Bungalow. Dafür verbrachte sie den ganzen nächsten Tag damit, sich für Antonio hübsch zu machen. Doch ausgerechnet an jenem Abend war ihr Vater von seiner Freundin Miriam mit einer anderen Frau erwischt worden und hatte sich von ihm getrennt. Wenig später stand Miriams halbwüchsiger Sohn Terry plötzlich bei Sophie vor der Tür. Er war auf der Suche nach seiner Mutter, um sie davon abzuhalten, ihren Kummer im Alkohol zu ertränken. Da er ziemlich aufgelöst schien, wollte Sophie ihn unter keinen Umständen alleine lassen.
Es hatte ihr beinahe das Herz gebrochen, Antonio anzurufen und das Rendezvous abzusagen. Da sie ihm auf keinen Fall die Wahrheit erzählen konnte, hatte Sophie ihm vorgeschwindelt, dass sie krank geworden sei. Antonio hatte ihr jedoch keinen anderen Termin vorgeschlagen, und Sophie hatte bereits vierundzwanzig Stunden später abreisen müssen.
Die ganze Nacht lang hatten sie Miriam vergeblich in all den Bars der Stadt gesucht und sich erst in den frühen Morgenstunden erschöpft auf den Rückweg zur Ferienanlage gemacht. Da sie sich kein Taxi leisten konnten, nahmen Terry und Sophie den Weg am Strand entlang. Sophies Herz tat einen Sprung, als sie Antonio auf dem Parkplatz vor ihrer Unterkunft entdeckte. Vor lauter Freude hatte Sophie ihre Notlüge vergessen und Terry gebeten, schon einmal vorzugehen. „Antonio, ich hatte solche Angst, dich nie wiederzusehen.“
„Das wirst du auch nicht.“ Seine markanten Züge wirkten plötzlich hart, als er sie mit zusammengekniffenen Augen musterte.
Verwirrt sah sie zu ihm auf. Dabei wurde ihr plötzlich bewusst, dass sie noch weniger glamourös aussehen musste als normalerweise. „Aber wieso nicht? Du bist doch hergekommen.“
„Kannst du dir das nicht denken? Du hast mir erzählt, du seiest krank.“
„Ich kann dir alles erklären …“
„Natürlich, ich habe gesehen, wie du vorhin deinen Arm um den Jungen gelegt hast. Du warst mit ihm am Strand“, sagte Antonio leise. „Das erklärt schon alles.“
In der Tat, denn ein Betrunkener hatte sie mit nassem Sand beworfen.
„Du hast dich im Sand gewälzt … nachts.“
„Nein, du missverstehst das.“
„Ach wirklich? Ich stehe nicht auf Lügnerinnen und Tattoos.“ Antonio warf einen verächtlichen Blick auf den farbenfrohen kleinen Schmetterling auf Sophies Schulter, bevor er hinzufügte: „Und auf Schlampen auch nicht.“
Sophie war so verliebt gewesen, dass sie Antonio am nächsten Tag angerufen hatte, um ihre Unschuld zu beteuern.
„Ich habe unrecht daran getan, dein Verhalten zu kritisieren. Mach dir deswegen keine Sorgen“, riet er ihr lässig. „Du hattest eine andere Verabredung und hast mir eine kleine Lüge aufgetischt.“ Er hatte ihr noch einen guten Flug gewünscht und dann sofort das Telefonat beendet.
Dabei war Sophie klar geworden, dass gute Manieren wie eine Betonwand wirken konnten. Auch wenn es ihr verrückt erschien, aber sie hatte sich innerhalb von achtundvierzig Stunden unsterblich in Antonio verliebt. Dementsprechend dauerte es ziemlich lange, bis sie sich von der Enttäuschung erholte. Immer wieder wünschte sie sich, Antonio nie begegnet zu sein. Zum einen war es ihr absurd vorgekommen, jemanden zu vermissen, den sie eigentlich kaum kannte. Und andererseits war ihr bewusst geworden, dass sie seitdem unwillkürlich die plumpen Annäherungsversuche der anderen Männer mit seinem Werben verglich.
Als sie mit ihren Gedanken ins Hier und Jetzt zurückkehrte, gewann ihr Optimismus wieder die Oberhand. Sie
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