Castillo der Versuchung
Verdächtigungen. „Du wirst mir sicher gleich sagen, was ich angeblich als Nächstes getan habe.“
„Du hast Mrs. Moore am nächsten Morgen zu mir ins Hotel geschickt, damit …“
Sophie sah ihn wie gebannt an. „Wovon zum Teufel redest du da?“
„Und die Frau hat so lange auf die Tränendrüse gedrückt, bis dir mein Mitleid sicher war.“
„Ich wusste nichts von Norahs Besuch bei dir.“
„Natürlich wusstest du davon.“ Antonio glaubte nicht an Sophies Unschuld. „Dazu habt ihr die Sache viel zu geschickt eingefädelt. Deine gute Freundin Norah meinte, dass ich dich unmöglich von Lydia trennen könnte, weil du nach deiner Leukämiebehandlung keine Kinder mehr bekommen könntest. Ich habe ihr diese rührselige Geschichte natürlich geglaubt und war zu höflich, um dich auf so ein intimes Thema hin anzusprechen.“
Sophie kam sich vor wie ein Prügelknabe, der nun sämtliche Missverständnisse und die Fehler der anderen auszubaden hatte. Als Antonio auf ihre Unfruchtbarkeit zu sprechen kam, wurde sie ganz blass. Es war schon nicht einfach, all seine Vorwürfe zu verdauen. „Ich hatte keine Ahnung, dass sich Norah davongeschlichen hat, um dich in meiner Angelegenheit zu treffen. Sie hatte nicht das Recht, dir so etwas Intimes von mir zu erzählen.“ Sophie flüsterte nur noch, und sie war den Tränen nahe. „Es tut mir leid, dass sie dir das zugemutet hat, aber ich hätte mich lieber vergiftet, als bei dir um Mitleid zu heischen.“
Wie gebannt betrachtete Antonio ihr herzförmiges Gesicht. Sie sah richtig gequält aus, und da wusste er, dass Sophie tatsächlich keine Ahnung von Norah Moores Besuch in seinem Hotel gehabt hatte. Mrs. Moore hatte ihm also die Wahrheit gesagt. Entsetzt wurde ihm klar, wie unsensibel er Sophie mit diesem Thema konfrontiert hatte, und es tat ihm sofort leid. Immer noch mit angespannter Miene ging er auf Sophie zu. „Wenn … wenn das wahr ist …“
„Ja, das mit der Leukämie und der Unfruchtbarkeit stimmt. Aber die Verschwörungstheorie, die du dir da um Lydia zusammengesponnen hast, kannst du vergessen.“ Dabei wich sie vor ihm zurück, griff nach dem Negligé und schlüpfte zitternd hinein, um nicht mehr Antonios Blicken ausgesetzt zu sein. „Ich glaube nicht, was du da gesagt hast, aber es interessiert mich auch nicht wirklich. Lydia ist immer noch Lydia und meine Nichte, und sie braucht keinen hochnäsigen Onkel oder das Geld einer reichen Urgroßmutter … Sie hat noch nie einen von euch gebraucht, denn sie hatte immer mich. Und egal, was passiert, ich werde immer für sie da sein!“
Nachdem Sophie ihm damit indirekt zu verstehen gegeben hatte, dass sie auch ganz gut ohne ihn klarkam, verschwand sie im Badezimmer, knallte die Tür hinter sich zu und verriegelte sie sogleich von innen. Antonio klopfte an, aber Sophie reagierte nicht. Er versuchte, durch die geschlossene Tür hindurch vernünftig mit ihr zu reden; aber Sophie sagte nur, er solle den Mund halten und sie in Ruhe lassen. Als er ihr drohte, die Tür mit dem Generalschlüssel öffnen zu lassen, wenn sie nicht freiwillig herauskäme, antwortete sie, dass sie so ein Geschrei machen würde, dass die Hausangestellten noch in hundert Jahren davon sprechen würden.
10. KAPITEL
Sophie saß auf dem kalten Mosaikfußboden im Badezimmer, hielt ihre Knie umschlungen und blickte ins Leere. Ihr war so beklommen zumute, als wäre sie gerade aus einem Albtraum erwacht. In kürzester Zeit hatte Antonio ihre Liebe und ihren Stolz verunglimpft und ihr Vertrauen in ihn zerstört. Als wäre ihre ganze wunderbare Zweisamkeit der vergangenen Wochen völlig bedeutungslos – und wahrscheinlich war sie das für ihn tatsächlich.
Plötzlich glaubte Antonio, sie sei ein verlogenes, geldgieriges Miststück. Was sie für eine vertrauensvolle Beziehung gehalten hatte, war nur auf Sand gebaut gewesen. Es war alles aus: ihre verrückten, romantischen Hoffnungen, ihr sorgenfreies Leben und ihre Ehe – alles aus und vorbei. Sophie unterdrückte den Schluchzer, der sich ihrer schmerzenden Kehle entringen wollte.
Aber wie konnte sie nur so selbstsüchtig sein! Als ob es hier ausschließlich um ihre Belange ging. Wenn Lydia keine Rocha war, verlor sie so viel mehr: ihre neue Familie, ihr Zuhause und ihre vielversprechende Zukunft. Man konnte von Antonio auch nicht erwarten, dass er weiterhin die Rolle eines Vaters für sie übernahm, wenn Lydia tatsächlich nicht mit ihm verwandt war. Trotzdem konnte Sophie nicht glauben,
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