Casting fuer die Liebe
euch wirklich nicht besonders ähnlich. Luis kann zum Beispiel bedeutend besser tanzen als du!« Sie krümmt sich fast vor Lachen, aber ich bin langsam echt genervt.
»Können wir vielleicht mal über etwas anderes reden als übers Tanzen?«, frage ich und verdrehe die Augen. »So wichtig wird es für das Casting schon nicht sein. In der Anzeige stand ja nicht einmal etwas davon drin!«
»Nur von Begeisterungsfreude und Leidenschaft!«, stimmt Isabel zu.
»Und von einer tollen Ausstrahlung!«, ergänze ich,
»Und die haben wir ja wohl hundertmal mehr als M&M!«, sagt Isabel bestimmt. Ich nicke wie aufgezogen.
Aber um ehrlich zu sein, weiß ich nicht, was an mir so strahlend sein soll. Die stumpfe Putzwolle auf meinem Kopf bestimmt nicht! Ich komme mir zurzeit ziemlich blass und durchsichtig vor.
Goldene Strähnchen könnten daran eventuell etwas ändern. Aber von denen bin ich im Moment weiter entfernt als vom neuseeländischen Festland. Heute der Chai-Tee, vorgestern die Bionade. Mein bescheidenes Vermögen schmilzt eher dahin, als zu wachsen.
»Wollen wir jetzt schnell die Creme in Luis’ Gel tun?«, frage ich, um mich von meinen eigenen Haarproblemen abzulenken.
Isabel kneift die Augen zusammen. »Meinst du eigentlich, da gehen Luis echt alle Haare aus?« Sie sieht mich fragend an.
»Vielleicht nicht alle. Aber bestimmt einige!«
Bei der Vorstellung muss ich grinsen. Mein eingebildeter Bruder wird aussehen wie ein gerupfter Hahn! Schade, dass die Haare bei seiner Länge so schnell nachwachsen.
»Holst du sie jetzt?«, frage ich ungeduldig.
Isabel beginnt, zwischen ihren Heften und Büchern zu kramen. Sie verschwindet beinahe ganz in ihrem Rucksack.
»Mensch, wo ist die blöde Tube denn?«, höre ich sie grummeln. Dann taucht Isabel wieder auf, ein bisschen Spitzerdreck in den Haaren.
»Mist, ich hab sie doch nicht dabei!« Sie hebt bedauernd die Schultern. »Dabei hätte ich schwören können, dass ich sie heute Morgen eingesteckt habe!«
»Schade«, sage ich. »Aber aufgeschoben ist ja nicht aufgehoben.«
»Das hätte von mir sein können!«, antwortet Isabel.
Hilfe!
A ber auch am nächsten Tag tanzt Isabel ohne Creme in der Schule an.
»Oh Mann, schon wieder vergessen«, stöhnt sie, als ich sie darauf anspreche. »Ich hab einfach zu viel im Kopf!«
»Die zwei da zum Beispiel, oder?«, sage ich und zeige auf M&M, die gerade geheimnisvoll tuschelnd um die Ecke kommen.
»Zum Beispiel«, stimmt Isabel mir zu. »Aber weißt du, auf was ich mich schon freue?«
»Auf was?«, frage ich neugierig.
»Auf Miris und Manus Gesichter, wenn wir auch beim Casting auftauchen!«, lacht Isabel. »Wir wissen zwar, dass sie dabei sind, aber die beiden haben doch keine Ahnung, dass
wir
mit von der Partie sind!«
»Stimmt! Am besten, wir stellen uns weiterhin ahnungslos«, schlage ich vor. »Dann können wir ihnen am 22. gründlich die Laune verhageln!«
Nachdem wir uns durch sechs öde Schulstunden gequält haben, würde ich eigentlich gern zu Isabel fahren. Ich habe nämlich überhaupt keine Lust, zu Hause meinem peinlichen Bruder zu begegnen und mir weitere blöde Kommentare von Isabel anzuhören. Manchmal ist sie echt unsensibel!Gestern hat sie überhaupt nicht gemerkt, wie unangenehm mir die ganze Sache mit Luis war.
Aber Isabel meint, bei ihr zu Hause hätte eine Bombe eingeschlagen. Man könnte nicht mal eine Herde Wildschweine dorthin einladen, ohne sich zu schämen.
Also verbringen wir schon wieder einen Tag bei mir am Schreibtisch.
»Wenn wir heute nicht lernen, können wir auch gleich ein leeres Blatt abgeben«, stellt Isabel nüchtern fest.
»Wenn ich eine Sechs schreibe, lässt mich meine Mutter garantiert nicht zum Casting fahren.« Verzweifelt lasse ich meinen Kopf auf das Heft sinken.
»Hast du überhaupt schon mit deinen Eltern geredet?«, will Isabel wissen.
Ich schüttle den Kopf und verknittere dabei ein paar Heftseiten.
»Paula findet es super«, erklärt Isabel.
Das war klar. Paula ist einfach spitze! Isabel könnte sich eine Ganzkörpertätowierung stechen lassen, Paula würde wahrscheinlich einen Kopfstand machen vor Begeisterung!
»Lasst euch was einfallen, Kinder! Macht was aus eurem Leben!«, sagt sie immer. Oder: »Verschwendet ihr etwa eure Jugend schon wieder mit diesen öden Hausaufgaben?«
»Deine Mutter sollte es als Seriemodell geben«, sage ich zu Isabel.
Aber Isabel meint, dass so eine ausgeflippte Mutter auch anstrengend sein kann.
»Stell dir vor, neulich
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