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Casting fuer die Liebe

Titel: Casting fuer die Liebe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Ludwig
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ich zu bedenken.
    Mir ist ziemlich mulmig bei der Vorstellung, im Dunkeln auf einem glitschigen Apfelbaum herumzuturnen.
    »Bespitzeln?« Isabel legt den Kopf schief. »Wenn, dann sind wir Spitzel im Auftrag der Liebe. Ich finde, das ist legitim.«
    »Das klingt sogar sehr nobel«, muss jetzt auch ich zugeben.

    Eine Viertelstunde später stapfen wir durch den Matsch in unserem Garten.
    »Guck mal, es fängt an zu schneien!«, freue ich mich. Der erste richtige Schnee in diesem Jahr!
    »So ein kleines Schneehäubchen auf dem Kopf ist doch eine super Tarnung!«, kichert Isabel.

    Es ist verdammt lange her, dass ich das letzte Mal auf einen Baum gestiegen bin, und die Rinde ist, wie zu erwarten war, ziemlich rutschig. Ächzend und stöhnend hangeln wir uns von einem Ast zum nächsten. Ich habe keine Handschuhe angezogen und kann mit meinen klammen, nassen Händen kaum greifen.

    »Hurra! Gleich haben wir es geschafft!«, keucht Isabel und lässt sich in etwa zwei Meter Höhe auf einem besonders dicken Ast nieder.
    »Pssst! Nicht so laut!«, flüstere ich.
    »Da sind ja die beiden!«, verkündet Isabel. »Sitzen in Miris Zimmer auf dem Boden und quatschen.«
    »Hmmm«, mache ich enttäuscht. »Die sollen doch tanzen üben!«
    »Mensch M&M!« Isabel droht mit der Faust in die Richtung von Miris Fenster. »Strengt euch mal ein bisschen an! So wird das nichts mit dem Casting!«
    »Jetzt war alles umsonst«, nörgele ich rum.
    »Und ich war sooo neugierig!«, sagt Isabel und schiebt die Unterlippe vor.

    Wir beginnen gerade mit dem Abstieg, als Isabel plötzlich einen spitzen Schrei ausstößt.
    Sie rutscht ab!, denke ich und mein Herzschlag setzt augenblicklich aus.
    »Da wird ja doch getanzt!«, ruft Isabel aufgeregt.
    Erleichtert atme ich aus. Ich hatte Isabel schon im Krankenhaus gesehen. Mit einem dicken Verband um den Kopf.Und ohne Erklärung dafür, was sie mitten im Winter auf unserem Apfelbaum verloren hat.
    Mein Blick wandert wieder zu Miris Zimmer. Doch M&M sitzen immer noch angeregt ins Gespräch vertieft auf dem Teppichboden.
    »Halluzinierst du?«, frage ich verdutzt.
    »Guck doch mal zu euch rüber!«, kichert Isabel.
    Ich traue meinen Augen kaum. Was ist denn das? In unserem Haus wird tatsächlich getanzt!

    Luis steht ganz allein mitten in seinem Zimmer. Er hat nur ein Handtuch um die Hüften gewickelt und wiegt sich im Takt zu einer Musik, die wir hier draußen natürlich nicht hören können. Seine Arme hat er um einen imaginären Tanzpartner geschlungen – oder besser gesagt: um eine imaginäre Tanzpartnerin – und die Augen hat er fest geschlossen.
    »Mensch, dein Brüderchen scheint ja auch eine weiche Seite zu haben!«, lacht Isabel.
    Luis tut gerade so, als würde er seine Tanzpartnerin im Kreis herumwirbeln.
    Ich kann gar nicht länger hinschauen. Wenn ich mich nicht so fest an meinen Ast klammern müsste, würde ich die Hände vors Gesicht schlagen.
    »Das ist keine weiche Seite!«, widerspreche ich energisch. »Das ist einfach nur peinlich!«
    Aber Isabel amüsiert sich köstlich.
    »Wer braucht schon
Modern Dance
…«, lacht sie, »… wenn er auch deinem Bruder zuschauen kann!«
    Wenn es nicht so kalt wäre, würde sie wahrscheinlich noch anfangen, Eier im Baum auszubrüten, so fasziniert ist sie von Luis’ Anblick.
    »Also, ich klettere jetzt runter«, verkünde ich und beginne mit dem Abstieg. Isabel folgt mir widerwillig.

    »Die romantische Ader habt ihr wohl beide von eurer Mama geerbt«, spekuliert meine beste Freundin, als wir wenig später heil und unversehrt (von einem mittelschweren psychischen Schock meinerseits mal abgesehen) wieder in meinem Zimmer sitzen.
    Ich schnappe mir ein Kissen von meinem Bett und schleudere es Isabel an den Kopf.
    »Luis und ich haben überhaupt nichts gemeinsam«, protestiere ich. »Und schon gar keine romantische Ader!«

    Seitdem ich denken kann, liege ich mit meinem Bruder im Clinch. 13 von den 15 Jahren, die Luis schon auf der Welt ist, hat er beinahe ausschließlich damit verbracht, sich Gemeinheiten auszudenken und mich zu ärgern.
    Und jetzt soll er plötzlich ein Romantiker und mir ähnlich sein! Dass ich nicht lache.
    Manchmal habe ich sogar den Verdacht, dass Luis gar nicht mein biologischer Bruder, sondern einfach vor unserer Haustüre abgelegt worden ist.

    »Schon gut, schon gut!« Isabel hält sich schützend die Hände vors Gesicht, für den Fall, dass ich noch mehr Wurfgeschosse in ihre Richtung abfeuern will. »Du hast ja recht!Ihr seid

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