Castle 3: Heat Rises - Kaltgestellt (German Edition)
ihre Handschuhe übergezogen und das Pfarrhaus selbst durchsucht. Doch sie hatten keinerlei Anzeichen für einen Kampf oder Einbruch und auch keine Blutspuren, Drohbriefe oder sonst etwas gefunden, das ihnen seltsam vorgekommen war. Die Leute von der Beweissicherung würden gründlicher vorgehen, und während sie auf ihr Eintreffen warteten, war Nikki erleichtert, dass Feller genug Diskretion besaß, um nichts zu sagen, auch wenn es ihm ins Gesicht geschrieben stand. Sie wusste, was er dachte. Montrose, der von seinen Vorgesetzten schikaniert wurde und den die Dienstaufsichtsbehörde womöglich auf dem Kieker hatte, war von der Standardvorgehensweise abgewichen und hatte allein im Haus eines Folteropfers herumgeschnüffelt, und zwar an dem Abend, an dem der Mann gestorben war. Als sie Feller an der U-Bahn-Station in der Achtunddreißigsten Straße absetzte, sagte dieser nur: „Viel Glück …
Lieutenant
Heat.“
Vor allem da sie an diesem Morgen die Erste im Hauptraum des Reviers war, hätte Nikki es vorgezogen, Captain Montrose früh zu erwischen und allein mit ihm zu sprechen. Vom Pausenraum aus rief sie ihn über Kurzwahl von ihrem Handy an, während sie Milch über ihre Frühstücksflocken goss. „Captain, hier ist Heat. Sieben Uhr neunundzwanzig“, sprach sie auf seine Mailbox. „Rufen Sie mich so bald wie möglich zurück.“ Kurz und knapp. Er wusste, dass sie nur anrief, wenn es wirklich wichtig war.
Sie trug ihre Pappschüssel voller Weizenflocken zu ihrem Schreibtisch, und während sie schweigend aß, spürte Nikki die Last der Morgen, die sie ohne Rook hatte auskommen müssen. Sie sah erneut auf ihre Uhr. Die Zeiger waren weitergewandert, aber das verdammte Datum war immer noch dasselbe.
Sie fragte sich, was er wohl in diesem Moment machte. Nikki stellte sich vor, dass Rook auf irgendeiner abgelegenen Landebahn im Dschungel im Schatten einer Wellblechhütte auf einer Munitionskiste saß. Laut dem Reiseplan, den er entworfen hatte, bevor er ihr an ihrer Wohnungstür einen Abschiedskuss gegeben hatte, musste er jetzt in Kolumbien oder Mexiko sein. Nachdem sie die Tür verschlossen hatte, war sie zu ihrem Erkerfenster gelaufen und hatte dort gewartet und beobachtet, wie die Abgase aus dem Auspuff seines wartenden Wagens strömten. Sie wollte noch einen letzten Blick auf ihn werfen, bevor er aus ihrem Leben verschwand. Bei der Erinnerung daran, wie er noch mal kurz innegehalten hatte, bevor er auf den Rücksitz des Wagens gestiegen war, verspürte sie eine innere Wärme. Rook hatte sich umgedreht, und eine Kusshand in ihre Richtung geworfen. Dieses Bild war mittlerweile zu einem Gefühl verblasst. Die Vision war von ihrer Vorstellung von Rook in einem fremden Land ersetzt worden, der nach Moskitos schlug und die Namen von zwielichtigen Waffenschmugglern in sein Moleskine-Notizbuch schrieb. Er war zweifellos ungeduscht, bärtig und verschwitzt. Sie wollte ihn.
Heats Handy vibrierte, als sie eine SMS von Captain Montrose erhielt. „Im Hauptquartier. Melde mich, wenn ich zurück bin.“ Wie üblich befand er sich in Downtown im Hauptquartier und absolvierte seine rituelle Revierleiterrechenschaftsbesprechung. Es ließ Nikki an die negativen Seiten ihrer bevorstehenden Beförderung denken. Eine Sprosse zu viel und dein Kopf schaute über den Wall und wurde ein leichtes Ziel.
Dreißig Minuten später, um kurz nach acht, waren im Hauptraum des Morddezernats nur noch Stehplätze verfügbar. Detective Heat hatte ihr Team sowie ein paar zusätzliche Leute versammelt, die sie vom Einbruchsdezernat und von der Streife angefordert hatte, und verkündete ihnen die wenigen Einzelheiten, die sie bisher zu dem Fall liefern konnte. Sie stand vor dem großen Mordfallbrett und benutzte Magnete, um die beiden Fotos von Pater Graf an der weißen Emailletafel zu befestigen. Das erste, ein Foto von seiner Leiche, das die Spurensicherung gemacht hatte, war von sehr viel besserer Qualität als der Handyschnappschuss, den sie selbst geschossen hatte. Daneben befestigte sie das Foto vom Protestmarsch, das so zugeschnitten und vergrößert worden war, dass es nur noch sein Gesicht zeigte. „Das ist unser Opfer, Pater Gerald Graf, der Pastor von Our Lady of the Innocents.“ Sie fasste die Umstände seines Todes zusammen und benutzte einen Marker, um den Zeitpunkt seines Verschwindens, den geschätzten Todeszeitpunkt, sowie den Zeitpunkt seiner Entdeckung auf der Zeitlinie einzukreisen, die sie bereits auf das Mordfallbrett
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